Sebastian Vettel kommt aus der Sommerpause, gewinnt zum ersten Mal in seiner Karriere in Spa und kann sich danach mit 92 Punkten Vorsprung fast schon als Weltmeister feiern lassen.
Gegen den Vettel von 2010 wäre er jetzt schon Champion, denn mit 259 Punkten hat er schon sieben Rennen vor Schluss drei Zähler mehr auf dem Konto als nach seiner WM-Fahrt in Abu Dhabi. Eine unglaubliche Bilanz.
Natürlich spricht der notorisch zweckpessimistische Vettel wie üblich noch nicht vom Titel, aber immerhin ließ er sich zu der Aussage hinreißen: "Dieser Sieg hat uns unserem Ziel näher gebracht."
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Vettel-Gegner strecken langsam die Waffen
Seine Gegner fangen langsam an, sich gedanklich von einer wundersamen Aufholjagd zu verabschieden. Kein Wunder, denn außer Mark Webber haben alle anderen schon mehr als 100 Punkte, also mehr als vier Siege Rückstand. Bei sieben ausstehenden Rennen eine ziemlich verheerende Aussicht.
"Es wird immer schwieriger", sagten Fernando Alonso und McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh unisono. Lewis Hamilton meinte nach seinem Ausfall: "Die WM war auch vorher schon gelaufen."
Hamiltons Ausfall war auch abseits des Titelkampfes einer der Aufreger des Rennens. Es hagelte nämlich mal wieder Kritik am Briten. Aber auch Doppelsieger Red Bull zog Unmut auf sich - und zwar von Reifenhersteller Pirelli. Bei Mercedes machte das Wort Stallorder die Runde.
Die drei Aufreger des Rennens:
Pirelli ärgert sich über Red Bull: "Große Sorgen", "Risiko": Das waren die Worte, mit denen Vettel beschrieb, wie dünn der Faden war, an dem sein Sieg hing. Kein Team hatte so große Probleme mit Blasenbildung an den Vorderreifen wie Red Bull. Es war sogar so kritisch, dass das Team überlegte, Vettel und Webber aus der Box starten zu lassen.
Selbst schuld, lautete die Antwort von Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery auf die indirekte Kritik der Bullen an der Haltbarkeit der Reifen.
Hembery erklärte: "Wir hatten vor dem Rennen in Spa einen maximalen Radsturz von vier Grad angegeben. Aber besonders ein Team hat die Grenzen unserer Empfehlung sehr weit ausgedehnt und dadurch Probleme mit der Blasenbildung bekommen."
Die Vorderreifen am Red Bull neigten sich vergleichweise sehr stark von oben nach unten. Durch diesen negativen Sturz hatten die Autos zwar mehr Grip in den schnellen Kurven, aber der Reifenverschleiß war trotz der niedrigen Temperaturen enorm. Deshalb wollte Red Bull die Ausnahmeregelung durchsetzen, dass die Top Ten des Qualifyings mit neuen Reifen starten dürfen.
Das wurde abgelehnt. "Was sollst du da machen? Die Reifen wechseln und einen Präzedenzfall schaffen? Oder den Eindruck erwecken, dass du ein Team bevorzugt behandelst? Es war unfair, uns in diese Situation zu bringen", schimpfte Hembery.
Erneute Kritik an reuigem Hamilton: Die Zielscheibe der Saison hat es mal wieder erwischt - und diesmal sogar gleich doppelt. Hamilton wurde sowohl für sein Scharmützel vom Samstag mit Pastor Maldonado als auch für seinen Unfall mit Kamui Kobayashi im Rennen deutlich kritisiert.
"Lewis ist einer der besten Fahrer der Formel 1, wenn er nicht so dumme Fehler machen würde", sagte Ex-Weltmeister Niki Lauda mit Blick auf den Kobayashi-Crash der "BBC". "Wenn er auf seiner Linie geblieben wäre, nachdem er ihn überholt hat, wäre er am Ende mindestens Dritter geworden. Wieso ist er nach links gezogen? Es gab keinen Grund dafür. Das verstehe ich nicht."
Kobayashi fragte sich verwundert: "Was hätte ich machen sollen? Ich war doch schon an der weißen Linie." Nach Ansicht der TV-Bilder kroch Hamilton zu Kreuze und nahm die Schuld für den Crash "zu 100 Prozent" auf sich. In Richtung Team schrieb er sogar: "Es verdient Besseres von mir."
Damit aber nicht genug. Noch heftiger war die Kritik an Hamilton mit Blick auf den Crash mit Maldonado am Samstag. "Er muss sich besser konzentrieren", musste sich Hamilton von Rookie Maldonado sagen lassen. Der Williams-Pilot wunderte sich vor allem, dass Hamilton in zwei Kollision an zwei Tagen involviert war.
Den härtesten Tobak äußerte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko: "Normalerweise müsste Hamilton eine drastische Strafe kriegen", erklärte der Österreicher gegenüber "Motorsport-Total.com" und unterstellte dem McLaren-Piloten beim Scharmützel mit Maldonado am Samstag glatte Absicht: "So etwas habe ich nur zwischen Senna und Prost gesehen, aber das war damals in einer Schikane. Aber auf der Geraden den zuerst anzuschauen und ihm dann so ins Auto zu fahren, so etwas kann man nicht machen."
Die Mär von der Mercedes-Teamorder: Michael Schumacher fuhr ein außergewöhnliches Jubiläumsrennen. Von Startplatz 24 auf Position 5 - das wurde dem legendären Verhältnis zwischen Schumacher und Spa vollauf gerecht.
Aber irgendetwas Negatives musste sich doch finden lassen! Stallorder lautete der Vorwurf, den sich Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug nach dem Rennen anhören musste. Das Team hatte Nico Rosberg angewiesen, in den letzten Runden Benzin zu sparen - ausgerechnet in dieser Zeit griff Schumacher seinen Teamkollegen an.
Hat Mercedes Rosberg zurückgepfiffen, um Schumacher die Krönung seines Rennens zu ermöglichen? "Wer uns das zutraut, dem ist nicht zu helfen. Wer uns kennt, weiß, dass wir so was nie machen würden. Wer so denken will, soll so denken. Wir machen's nicht", wehrte sich Haug im "Sky"-Interview energisch.
Schumacher erklärte: "Es kann gut sein, dass Nico unterm Strich einen höheren Spritverbrauch hatte als ich. Das ist schon die ganzen eineinhalb Jahre über so, seit wir zusammen fahren. Vielleicht musste er etwas sparen, doch in dem Moment war er ziemlich sicher voll auf dem Gas. Fakt ist: Ich war auf weicheren Reifen und dementsprechend schneller. Das konnte ich für mich nutzen."
Auch Rosberg wirkte auf Nachfrage nicht wie ein zerknirschter Teamkollege, der gerade der Nummer eins Platz machen musste. Er war aufgeräumt und gab zu Protokoll: "Ich habe ihm ganz bestimmt kein Geschenk gemacht."
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM