"Das Boxenluder hat sich erledigt"

SPOX
14. März 201214:32
Tanja Bauer (r.) im Interview mit Schauspieler Michael Douglas beim GP in KanadaGetty
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Tanja Bauer ist eines der Fernsehgesichter der Formel 1. Für "Sky" führt sie seit mehr als zehn Jahren die Interviews in der Boxengasse und im Fahrerlager. Egal, ob Sebastian Vettel, Michael Schumacher oder Kimi Räikkönen - an ihrem Mikrophon kommt niemand vorbei. Vor dem Saisonstart am Sonntag in Melbourne spricht Tanja Bauer im Interview über ihre Lieblingsfahrer und peinliche Momente vor laufender Kamera.

Frage: Frau Bauer, Sie führen seit 2001 Interviews für "Sky" in der Boxengasse und moderieren in der Formel 1. Sind Sie eigentlich noch nervös vor Ihren Interviews?

Tanja Bauer: Nicht mehr so wie am Anfang. Damals habe ich wirklich vor Nervosität fast das Mikro fallen lassen und musste meine Fragen vom Zettel ablesen. Heute habe ich eine große Anspannung. Aber ich mag Live-Sendungen, ich mag diesen Adrenalinschub, den man bei Live-Sendungen bekommt.

Frage: Haben Sie einen Lieblingsgesprächspartner?

Bauer: Da gibt es nicht nur einen. Aber mit dem Sebastian Vettel sprechen wohl alle sehr gerne. Er ist ein sehr dankbarer und ausführlicher Gesprächspartner, der kann auch manchmal drei Minuten durchreden ohne Punkt und Komma. Der Michael Schumacher in alten Zeiten dagegen hat einem zum Beispiel nichts durchgehen lassen. Das war manchmal auch für einen Journalisten eine große Herausforderung. Heute lässt Michael Schumacher viel mehr an sich ran. Wohl auch allein deswegen, weil der Rummel um ihn nicht mehr so groß ist. Er hat jetzt die Zeit, mal stehen zu bleiben und zu reden. Ich glaube, er genießt es mehr. Auch da merkt man das Alter und die Reife. Also bis auf Kimi Räikkönen sind eigentlich alle Fahrer gesprächig und gern gesehene Interviewpartner.

Frage: Gab es nie Machosprüche?

Bauer: Jede Menge. Sogar welche, die ich nicht zitieren darf. Das war in der Zeit von Gerhard Berger, Flavio Briatore oder David Coulthard. Das ging von Komplimenten bis hin zu eindeutigen Angeboten. Aber als Frau muss man in der Formel 1 die Grenze beachten, dass man Journalist bleibt und trotzdem eine Art freundschaftliche Kommunikation eingeht, die die Weiblichkeit nicht vergisst. Sonst wird es schwierig, irgendwann mit den Fahrern zu arbeiten, weil man nicht mehr ernst genommen wird. Aber es hat sich sehr geändert. Der moderne Fahrer ist heute nicht mehr so. Heute sind alle in festen Händen oder verheiratet. Auch das Boxenluder hat sich erledigt. Die weiblichen Rundungen haben sich leider ein bisschen reduziert in vergangenen Jahren in der Formel 1.

Frage: Leider?

Bauer: Ja, das hat irgendwie dazugehört. Es gibt viele, die von guten, alten Zeiten sprechen in der Formel 1 und da ist das definitiv mit eingeschlossen. Frauen und Motorsport gehören einfach zusammen. Aber es ist sportlicher geworden und auf die Technik reduzierter. Mit Flavio Briatore ist auch der letzte Glamourfaktor verschwunden. Lewis Hamilton hat das mit seiner Nicole Scherzinger ein bisschen zurückgebracht. Aber es wird heute nicht mehr so gern gesehen. Die Fahrer haben auch keine Zeit mehr, ein privates Wort zu wechseln. Der Zeitplan ist so eng gesetzt, dass der Kontakt zwischen Fahrern und Außenwelt minimal ist. Selbst wenn es einen Flirtversuch geben könnte, würde der gar nicht stattfinden können.

Frage: Aber es wäre schon Zeit für eine Frau als Pilotin in der Formel 1, oder?

Bauer: Ja, natürlich. Man ist ja schon lange auf der Suche. Aber bis jetzt ist es meiner Meinung nach immer am Talent gescheitert. Nicht daran, dass die keine Frau haben wollten. Es war eben noch keine dabei, die wirklich das Talent gehabt hätte. Aber ich glaube schon, dass sich eine Frau durchsetzen könnte. Natürlich müsste man mit dummen Sprüchen leben. Aber wenn sie in den ersten Rennen gut fährt und sich Respekt verschafft, würde sie gut reinkommen. Und uns würde es natürlich gute Geschichten bieten. Also her damit.

Frage: Wer wird in diesem Jahr Weltmeister?

Bauer: Ich glaube nicht, dass man viel Geld gewinnen kann, wenn man auf Sebastian Vettel setzt. Red Bull wird es wieder machen. Es hat sich zu wenig geändert am Reglement, als das Konstrukteur Adrian Newey groß in der Zauberkiste hätte rühren müssen. Aber es wird enger werden.

Der Formel-1-Rennkalender 2012