Schlägerei und Verkehrsrisiko

Alexander Maack
28. November 201316:17
Sebastian Vettel (r.) machte mit dem Multi-21-Eklat Schlagzeilen, Kimi Räikkönen drohte mit Prügelgetty
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Die Formel-1-Saison 2013 hielt neben der Dominanz von Weltmeister Sebastian Vettel einige lustige und brisante Episoden bereit. Selbst die Hinterbänkler von Marussia können in dieser Kategorie mit den Stars um Kimi Räikkönen, Fernando Alonso und Mark Webber mithalten. SPOX erinnert an die besten Szenen des Jahres und stellt dabei fest, dass ausgerechnet der Australier die zentrale Person war.

Platz 7, Deutschland-GP: Marussia spielt Herbie

Jules Bianchi muss sich in Deutschland gefühlt haben wie Jim Douglas. Während der Rennfahrer im Disney-Film jedoch durch sein zum Leben erwachtes Auto sämtliche Rennen gewinnt, wurde der Marussia des Franzosen auf dem Nürburgring plötzlich zur Gefahr.

Als in der 24. Runde der Cosworth-Motor spektakulär seinen Geist aufgab, stellte Bianchi seinen Dienstwagen vor der NGK-Schikane auf dem Gras ab. Was er nicht bedacht hatte: Die Gerade steigt dort deutlich an. Der MR02 erwachte zum Leben und setzte sich in Bewegung.

Rückwärts ging es wieder auf die Strecke. Ein Marussia und ein Red Bull rauschten gerade noch vorbei, dann war das Auto auf der gegenüberliegenden Wiese neben der Strecke angekommen und blieb an einer Werbebande hängen.

"Es war kein einfaches Wochenende, vielleicht sollte es einfach nicht sein", gab sich Bianchi kleinlaut, der von Magen-Darm-Problemen geplagt war. Glück im Beinaheunglück hatte Webber. Er arbeitete sich durch die darauffolgende Safety-Car-Phase von Rang 21 wieder bis auf Platz sieben vor.

Platz 6, Singapur-GP: Gefährlichste Mitfahrgelegenheit

Der Australier erregte auch beim Nachtrennen im September Aufmerksamkeit. Während Vettel das Rennen mit einer Machtdemonstration gewann, musste der Australier aber bis nach dem Rennen warten. In der letzten Runde war er mit brennendem Motor ausgeschieden. Dann kam Alonso, hielt direkt nach der Kurve mitten auf der Strecke an und nahm Webber mit zurück an die Box.

Für beide Fahrer setzte es eine Verwarnung. Bei Webber war es die dritte, er wurde in Korea automatisch zehn Plätze strafversetzt. "So werden heutzutage solche Fälle behandelt", drückte Webber seinen Unmut verhalten aus. Alonso sprang ihm zur Seite: "Er wurde für etwas bestraft, was in den letzten 30 Jahren schon oft und ohne Konsequenzen passiert ist."

Doch der Automobilweltverband FIA lag mit seiner Entscheidung richtig. Schon in der Fahrschule lernt jeder Autofahrer, dass man sein Auto nicht in einer unübersichtlichen Kurve abstellt. "Ich bin rechts am Auto von Fernando vorbeigefahren. Wenn Mark gerade dort langgelaufen wäre, hätte ich ihn überfahren", sagte Lewis Hamilton. Nico Rosberg hatte im anderen Mercedes den Australier wesentlich knapper verfehlt.

Platz 5, Monaco-GP: Schläge für den Mexikaner

Es gibt nur wenige Situationen, in denen Räikkönen auftaut. In Monaco kochte das Eiswasser. "Dieser Idiot wollte mich abschießen", regte sich der Finne auf. Der Mann, der immer weiß, was er tut und sich durch geschlossene Streckentore nicht aufhalten lässt, war auf 180.

Sergio Perez hatte den Circuit de Monaco mit einer überholfreundlichen Tilke-Strecke verwechselt und Jenson Button, Alonso und zweimal Räikkönen überholt. Das Problem war das Wie. Der junge Mexikaner packte mehrmals die Brechstange aus, was Niki Lauda als "Grosjean-artig" einstufte.

Die Reaktion von Räikkönen fiel deftig aus. "Der Idiot wird mich rammen", ließ er über Funk verlauten. Nach dem Rennen bezeichnete er den McLaren-Piloten als dumm und suchte öffentlich nach Lösungen: "Vielleicht sollte man ihm eine runterhauen, dann versteht er es."

Platz 4, Großbritannien-GP: PR-Desaster auf dem Höhepunkt

Dass Pirelli der große Verlierer des Saisonstarts war, steht außer Frage. Die Marketingabteilung des italienischen Reifenherstellers dürfte mehr als einmal die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Das Gummi flog von den Pneus, von allen Seiten hagelte es Kritik. Immer wieder betonte Motorsportdirektor Paul Hembery, seine Ingenieure hätten nur versucht, die Vorgabe von zwei bis drei Boxenstopps umzusetzen.

In Barcelona lief dann alles aus dem Ruder. 79 Boxenstopps absolvierten die 22 Fahrer - 3,6 Mal kam jeder durchschnittlich zum Reifenwechsel. Mercedes erbarmte sich, testete drei Tage lang die Slicks und fuhr danach zum ersten Saisonsieg in Monaco. Das hatte allerdings zur Folge, dass die anderen Teams keine neuen Reifen wollten, um zu verhindern, dass die Silberpfeile einen Erfahrungsvorteil haben.

Der Höhepunkt folgte im altehrwürdigen Silverstone. Vier Reifen platzten am Sonntag, einer sauste in Einzelteilen knapp an Alonsos Kopf vorbei. Falsch montierte Hinterräder und Luftdrücke unter der Vorgabe von Pirelli sollen zu den herumfliegenden Gummiteilen geführt haben, die glücklicherweise niemanden trafen. Trotzdem führten die Mailänder Sicherheitsbedenken an, änderten die Konstruktion und schränkten die Teams ein.

Empfehlungen wurden zu Regeln, linke Reifen mussten auch auf der linken Fahrzeugseite montiert werden, extreme Radstürze gehörten der Vergangenheit an. Der positive Aspekt: Beim neunten Saisonrennen waren die Diskussionen um die Reifen endlich beendet. Es wurden wieder Rennen gefahren.

Platz 4-7: Autopilot, Taxigate, Schläge und böse Überraschungen

Platz 1-3: Comeback, Feueralarm und Sebs Desaster

Platz 3, Malaysia-GP: Ich bin wieder da!

Schreien und kreischen kann Nicole Scherzinger von Berufswegen. In Sepang versuchte die frühere Pussycat Doll aber nicht zu singen, sie war von ihrem damaligen Lebensgefährten irritiert. Lewis Hamilton hatte sich beim zweiten Saisonrennen noch nicht ganz auf seinen neuen Arbeitgeber eingestellt. Statt an der Box von Mercedes zu halten, rollte er den Platz seines alten Teams an.

"Das war die Macht der Gewohnheit. Ich bin so viele Jahre in die McLaren-Box gefahren", sagte Hamilton später lachend: "Ich muss mich bei meinem Team entschuldigen. Das war nicht persönlich gemeint." Die McLaren-Crew winkte ihn hektisch weg. Hamilton verlor rund drei Sekunden. "Komm vorbei und sag Hallo wann immer du willst, Lewis", twitterte McLaren gutgelaunt.

Hamilton hatte dabei Glück: Die Silberpfeile lagen 2012 in der Konstrukteurswertung hinter dem Team aus Woking. Sonst hätte der Engländer nicht nur die Lotus-Mechaniker umrunden müssen um richtig anzuhalten, sondern den ganzen Kurs. So blieb der falsche Stopp nur eine lustige Episode, die die Menschlichkeit der Topfahrer beweist und wurde nicht zum Bumerang.

Platz 2, Korea-GP: Schnell wie die Feuerwehr

Und schon wieder: Webber ist der Auslöser für eine kuriose Randnotiz. Der 37-Jährige stellte seinen Red Bull beim Korea-GP brennend in Turn 3 ab, dann musste das Safety Car raus. Allerdings kam alles etwas anders als geplant. Das Fahrzeug, das den führenden Vettel in Runde 38 einfing, löste an den Kommandoständen verwunderte Blicke aus.

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Auch die Fahrer wussten nicht, wie ihnen geschieht. "Ich dachte erst, es sei ein BMW, aber es war wohl ein Hyundai oder KIA", lächelte Vettel über das Feuerwehrauto, das übereilig auf den Kurs geprescht war. "Zumindest waren da ein paar Feuerlöscher drin, um unser brennendes Auto zu löschen", gewann Teamchef Christian Horner dem Zwischenfall etwas Positives ab.

Die skurrile Geschichte wurde aber erst richtig rund, als Rennleiter Charlie Whiting darauf aufmerksam machte, dass in Turn 3 ein weiteres Feuerwehrfahrzeug stand: "Das hätte nicht mal auf die Strecke gehen müssen, sondern gleich durch die Auslaufzone abkürzen können." Die Verantwortlichen mussten zum Rapport, eine Strafe gab es aber nicht. "Hier findet pro Jahr nur ein Rennen statt. Da fehlt wohl etwas die Erfahrung", witzelte Ferraris Stefano Domenicali.

Platz 1, Malaysia-GP: Das Ende des liebenswerten Seb

Mit der wohl ruhigsten Siegerehrung der Formel-1-Geschichte ging der Malaysia-GP in die Annalen ein. Als das Rennen schon entschieden schien, tauchte im Rückspiegel des Führenden Webbers plötzlich sein Teamkollege auf. "Kein Problem", dürfte sich der Australier gedacht haben, schließlich hatte Red Bull doch im Briefing besprochen, dass der Leader nach dem zweiten Boxenstopp bis zum Ende vorne bleibt - Multi-21 war das Bonmot der Stunde. SPOX

Es folgte der bitterste Triumph der jungen Red-Bull-Historie. Vettel und Webber duellierten sich wie einst Alain Prost und Ayrton Senna. Der Weltmeister wollte seine Vormachtstellung untermauern und überholte seinen Teamkollegen, der ihn dafür fast in die Boxenmauer drängte. "Sei nicht dumm, Sebastian", hatte Horner per Funk gewarnt. "Ich weiß, dass es Gesprächsbedarf gibt", sagte Vettel später: "Wir werden das intern klären."

Das Image des lieben Buben aus Hessen gehörte der Vergangenheit an. "Ich glaube, ich habe heute einen großen Fehler gemacht. Wir hätten auf den Plätzen bleiben sollen, die wir hatten. Ich habe es nicht absichtlich ignoriert, aber ich habe es in der Situation falsch gemacht. Ich habe Mark die Führung weggeschnappt und sehe, wie sauer er ist. Ich möchte ehrlich sein und bei der Wahrheit bleiben und mich entschuldigen. Ich bin das schwarze Schaf."

Drei Wochen später ruderte der Heppenheimer wieder zurück. "Mark hätte es nicht verdient gehabt, dass ich wegen ihm auf einen Sieg verzichte", polterte Vettel in Shanghai: "Er hat schon mehrfach gezeigt, dass er nicht ans Team denkt." Die harte Aktion gegen das Teaminteresse hallte noch lange nach. Die Fans pfiffen den deutschen Seriensieger regelmäßig aus. Wahrscheinlich wird das Überholmanöver auch in 20 Jahren noch im Gedächtnis der Zuschauer kleben - so wie die harten Manöver von Michael Schumacher gegen Damon Hill oder Jacques Villeneuve.

Platz 4-7: Autopilot, Taxigate, Schläge und böse Überraschungen

Platz 1-3: Comeback, Feueralarm und Sebs Desaster

Der Endstand in der Fahrer-WM