Icemen everywhere

Kimi Räikkönen enttäuschte in Melbourne eigentlich auf ganzer Linie
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In der Formel-1-Saison 2014 kommt es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer an. Wie gewohnt bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 1: Der Australien-GP in Melbourne.

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Platz 1, Kevin Magnussen: Was für ein Debüt! Erster Auftritt in der Formel 1 nach ein paar mickrigen Testtagen und schon fährt der 21-Jährige aufs Treppchen. Durch die Disqualifikation von Daniel Ricciardo war sein erstes Ergebnis in der Königsklasse sogar ein zweiter Platz. Nur acht Fahrern war es vor Magnussen überhaupt vergönnt, ihren ersten Grand Prix unter den ersten Drei zu beenden.

Klar, er profitierte vom starken Mercedes-Motor. Dass der McLaren-Debütant aber Teamkollege Jenson Button derart deutlich hinter sich ließ, war kaum zu erwarten. Magnussen packte es locker in Q3 und holte den vierten Platz heraus. Am Start war er etwas zu ungestüm mit dem Gas und schoss quer über die Gerade, danach kühlte er ab.

Die anschließende Leistung: Fabelhaft. Keine Spur von Unsicherheit, kein Sekundenbruchteil Gefahr des Kontrollverlusts. Für mich war Magnussen eindeutig der beste Fahrer des Wochenendes. Schon jetzt hat der amtierende Renault-World-Series-Champion seine Fähigkeiten bewiesen. Er muss sie nur noch konstant abrufen.

Platz 2, Daniel Ricciardo: In der Fahrer-WM reist der Australier ohne einen einzigen Punkt nach Malaysia, im Driver-Ranking sind es ganze 18. Schon bei Toro Rosso bewies Ricciardo seine Qualifying-Qualitäten, beim Heimspiel in Melbourne beeindruckte er mit seiner schnellen Runde in Q3.

Ricciardo hatte den RB10 besonders im nassen Mittelsektor bestens unter Kontrolle, obwohl er im Gegensatz zu Polesetter Hamilton mit Intermediates unterwegs war. Am Sonntag fuhr der Australier konstant schnell und wehrte den späten Angriff von Magnussen unbekümmert ab. Dass sein Auto nicht regelkonform war, ist nicht seine Schuld. Den Tagessieg verpasst Ricciardo nur, weil Magnussen wesentlich weniger Erfahrung hat.

Platz 3, Nico Rosberg: Der Sieger des Australien-GP ist nur Dritter. Den Punktabzug verdiente sich Rosberg in der Schlussphase des Qualifyings. Während Lewis Hamilton in allerletzter Sekunde die neue Bestzeit herausfuhr, schaute der Deutsche zu. Der Grund: Rosberg leistete sich einen kleinen Fehler. Sonst wäre er direkt vor Ablauf der Uhr über die Linie gekommen und hätte beste Karten gehabt.

Dafür sammelte der gebürtige Wiesbadener im Rennen massig Pluspunkte. Nach dem perfekten Start, bei dem er neben dem gehandicapten Hamilton auch Ricciardo stehen ließ, kontrollierte Rosberg das Feld, sein Auto und die Technik souverän. Der Vorteil des Silberpfeils war extrem, dennoch musste der 28-Jährige ihn erstmal umsetzen - und das tat er ohne Makel.

Platz 4, Daniil Kvyat: Was für Magnussen gilt, trifft auch auf den Russen zu. Kvyat fuhr bei seinem Debüt im Toro Rosso als jüngster F1-Fahrer aller Zeiten in die Punkte und nahm damit Sebastian Vettel seine Bestmarke ab. Trotz der fehlenden Erfahrung setzte Kvyat Teamkollege Jean-Eric Vergne mächtig unter Druck.

Der 19-Jährige bewies während des Regen-Qualifyings und dem Rennen die mentale Stärke, die ihm nach Aussage von Helmut Marko seinen frühen Aufstieg in die Formel 1 ermöglichte. Kvyat erinnert mit seiner kühlen Zurückhaltung in der Öffentlichkeit an Kimi Räikkönen und zeigte das ganze Wochenende Iceman-Gene: Er leistete sich nur in Q3 einen Fehler, fuhr sonst makellos. Ein ganz starkes Debüt für einen Teenager, dem die Erfahrung aus den höchsten Nachwuchsklassen fehlt!

Platz 5, Nico Hülkenberg: Der Emmericher zeigt einmal mehr, warum er als Topfahrer gilt. Dass Fernando Alonso ihm dauerhaft mit der Ferrari-Staubsaugernase im Diffusor saß, kümmerte Hülkenberg einen feuchten Kehricht. Er blieb ruhig und spielte Reisebus à la Olivier Panis. Hinter ihm stauten sich zwischenzeitlich vier Piloten ohne Chance auf ein Überholmanöver. Erst beim Boxenstopp kamen die Fahrer der Top-Teams vorbei.

Schon im Qualifying hatte Hülkenberg alles aus seinem Force India herausgepresst. Mercedes, Red Bull, McLaren, Williams, Ferrari - zehn Fahrer hatten ein potenziell schnelleres Auto. Trotzdem startete der 26-Jährige von Platz sieben. Schon am ersten GP-Wochenende hat er Teamkollege Perez deutlich gezeigt, wo der Hammer hängt.

Platz 6, Fernando Alonso: Der zweimalige Weltmeister absolvierte in Australien einen relativ unauffälligen Auftritt. Wie in den letzten Jahren üblich ist das Gesamtpaket von Ferrari nicht spitze. Gegen die besser angetriebenen Mercedes hatte Alonso keine Chance zu überholen, sonst wäre das Podium drin gewesen.

Dass er 32 Runden lang hinter Nico Hülkenberg festhing, erklärt somit auch den Rückstand von 35 Sekunden auf Sieger Nico Rosberg. Immerhin bewies Alonso, zu was er fähig ist, als er freie Fahrt hatte. Der Spanier setzte die drittschnellste Rennrunde. Ein fehlerfreies Wochenende, leider ohne große Höhepunkte.

Platz 7, Jenson Button: Der Weltmeister von 2009 fuhr im Schatten von Magnussen. Schlecht war er trotzdem nicht. Lediglich den verpassten Sprung in die Top 10 des Qualifyings muss sich der Engländer selbst ankreiden. Er war über eine Sekunde langsamer als Magnussen. Selbst unter Gelb war mehr drin.

Dafür zeigte Button im Rennen seine Klasse. Er fuhr vom zehnten Startplatz auf das Podium und reagierte vor der Safety-Car-Phase blitzschnell. Als er die Info über die Entscheidung der Rennleitung bekam, lenkte er sein Auto abrupt in die Box. Das sparte ihm Zeit und brachte drei Positionen.

Platz 8, Valtteri Bottas: Der Finne hatte Recht, als er nach dem Rennen unzufrieden war. Dass er seinen ersten Podiumsplatz in der Formel 1 verpasste, hat Bottas sich selbst zuzuschreiben. Er überholte knapp zehn Autos auf der Stecke, allerdings alle doppelt.

Weil er die Mauer touchierte, brach die Felge. Bottas musste auf drei Reifen in die Box zurückrollen und startete seine Aufholjagd von neuem. Wie er seine Konkurrenten hinter sich ließ, war aber klasse. Nur kostete sein kleiner Fehler viel zu viel. Eine bessere Platzierung ist deshalb in meiner Rangliste nicht drin.

Platz 9, Jean-Eric Vergne: Der Franzose startete zwei Plätze vor seinem Teamkollegen und blieb auch im Rennen knapp vor ihm. Trotzdem hat mich Kvyat deutlich mehr beeindruckt. Vergne hat drei Jahre Erfahrung in der Königsklasse, fuhr auch in der Renault-World-Series. Trotzdem war der Russe schon beim ersten Auftritt auf seinem Niveau.

Einen Punktabzug bekommt Vergne zudem, weil er seine Position gegen Räikkönen viel zu leicht herschenkte. Dass er das Gras touchierte und deshalb querstand, war eine Unkonzentriertheit. So einfach hätte der Ferrari-Pilot nicht vorbeiziehen dürfen.

Platz 10, Romain Grosjean: Der Franzose ist vielleicht der größte Streitpunkt an diesem Wochenende. Hat er einen Punkt verdient, obwohl er dauerhaft hinterherfuhr? Für mich ja. Grosjean hatte bei den Wintertests keine Chance, den Lotus zu testen, in zwei der drei Sessions konnte er nur Installation Laps absolvieren. Er machte das Maximale aus seinen Möglichkeiten.

Grosjean war für mich deutlich sicherer als Pastor Maldonado. Im Gegensatz zum Venezolaner betätigte er sich nicht dauerhaft neben der Strecke als Rasenmäher oder Kiesbettharker. Zudem machte er seinen Rückstand durch den Start aus der Boxengasse schnell wett und zog am Teamkollegen vorbei - bis auch ihn ein Problem mit dem Renault-Antrieb stoppte.

Fragezeichen, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel: Für mich war Lewis Hamilton bis zum Rennen der Topfavorit auf den Sieg im Driver-Ranking. Allerdings kann ich ihn nicht mit den anderen Piloten vergleichen, weil ihn seine Powerunit schon vor dem Start im Stich ließ. Auch den aktuellen Weltmeister kann ich deshalb nicht mit gutem Gewissen einordnen.

Härtefall, Kimi Räikkönen: Nicht nur die Doppelgänger Kvyat und Magnussen, auch der echte Iceman war in Australien dabei. Allerdings erfüllte er die hohen Erwartungen zu keinem Zeitpunkt. Während Fernando Alonso keine Probleme mit der neuen Technik hatte, zeigte Räikkönen deutliche Schwächen. Die neue Technik liegt ihm offenbar nicht.

Schon im Qualifying war der Finne mehr als eine Sekunde langsamer als sein Teamkollege und setzte seinen F14T zudem in die Mauer. Im Rennen trennte die Ferrari-Piloten derselbe Abstand. Räikkönen hat größere Probleme mit der Setup-Arbeit, durch seine Verbremser verspielte er zudem wichtige Zeit.

Der Iceman muss sich schnell steigern, will er das teaminterne Duell so spannend machen, wie es sich alle erhofft haben. Aktuell scheint er meilenweit im Rückstand!

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