Auf den ganz großen Auftritt verzichtete der Angeklagte Bernard Charles Ecclestone - und doch blieb der kleine große Boss der Formel 1 seiner Rolle treu. Alles oder nichts, Freispruch oder Untergang: Gleich zum Auftakt des Schmiergeld-Prozesses gegen den 83 Jahre alten Promoter am Donnerstag vor dem Landgericht in München setzte Ecclestone, für den nicht weniger als sein Lebenswerk auf dem Spiel steht, alles auf eine Karte.
Der frühere BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky, Kronzeuge der Anklage, habe "in den entscheidenden Punkten die Unwahrheit gesagt", ließ der Brite von einem seiner Anwälte erklären. Dies würden seine zunächst von der Verteidigung vorgetragenen Ausführungen beweisen.
Außerdem will Ecclestone neue, dem Gericht bisher nicht vorliegende Dokumente gesammelt haben, die die Vorwürfe der Bestechung und Anstiftung zur Untreue in jeweils besonders schwerem Fall entkräften und seine Unschuld beweisen würden. Er sei von Gribkowsky erpresst worden, ließ er wiederholen.
Um 9.35 Uhr betrat der Formel-1-Boss mit leichter Verspätung im Blitzlichtgewitter der Fotografen äußerlich ungerührt Saal A 101 des Gerichtsgebäudes an der Nymphenburger Straße 16. Danach verfolgte er mit konzentrierter Miene, wie unter dem Vorsitz von Richter Peter Noll eine Stunde lang die Anklage verlesen wurde. Wort für Wort las der Milliardär die ihm in englischer Sprache vorliegende 24 Seiten starke Schrift mit. Seine Brille hatte er dafür abgelegt.
No deal! Ecclestone geht aufs Ganze
Dann, gegen 11 Uhr, wurde es "spannend", wie der gut aufgelegte Richter versprach. Eine "Erörterung mit dem Ziel einer Verständigung", also ein "Deal" zwischen Kläger und Angeklagtem, habe es bisher nicht gegeben. Ecclestone würde also aufs Ganze gehen. Mit einem dürren Sätzchen übergab der aber das Wort seinen Anwälten. Seine Brille hatte er inzwischen zwar wieder aufgesetzt, doch wegen eines angeborenen Sehfehlers mussten die Verteidiger für ihn sprechen, wie diese erklärten. Deren Aussagen sollten "mehrere Stunden" in Anspruch nehmen, hieß es.
Zunächst ließ Ecclestone die Darstellung zurückweisen, er habe Gribkowsky im Zuge des Verkaufs von Formel-1-Anteilen der BayernLB an den britischen Investor CVC 44 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld gezahlt. Auf diese Weise soll er sich laut Anklage seine "bestimmende und maßgebliche Stellung" innerhalb der Formel 1 gesichert haben. Ecclestone stellte sich jedoch als selbstlosen Diener der Formel 1 dar. Wenn deren Anteilseigner es gewünscht hätten, wäre er als Geschäftsführer "ohne jede Trauer gegangen", ließ der Pate, der stets alle Fäden in der Hand hält, erklären. Und dies sei bis zum heutigen Tag der Fall.
Fragen wollte Ecclestone zunächst nicht beantworten. Er kündigte an, sich erst nach der Befragung Gribkowskys persönlich äußern zu wollen. Dessen Vernehmung soll am 9. Mai beginnen, dann kommt es zum Showdown. Für den Donnerstag waren keine Zeugen geladen. Bis Mitte September sind zunächst 26 Verhandlungstage angesetzt, der nächste am 2. Mai.
Bestechung oder Erpressung? Der Fall Ecclestone
Für Ecclestone geht es in München um seine Zukunft, um seine Macht, um sein Lebenswerk. Im Falle einer Verurteilung wäre der Brite an der Spitze der Formel 1 wohl nicht mehr zu halten, er müsste dann zwischen zwölf Monaten und bis zu zehn Jahren in Haft.
Gribkowsky ist wegen der Annahme der Millionen mittlerweile zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden und hatte Ecclestone in seinem Prozess schwer belastet. Ecclestone wiederholte indes seine Behauptung, er sei von Gribkowsky erpresst worden. Gribkowsky soll Anspielungen gemacht haben, Ecclestones undurchsichtiges Geschäftsmodell den britischen Steuerbehörden melden zu wollen.
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