Die gesundheitliche Verfassung seines 25-jährigen Sohnes sei weiterhin äußerst kritisch, aber stabil. Das ging am Dienstagabend aus der ersten offiziellen Mitteilung zum Zustand des Franzosen seit einer Woche hervor, den der Marussia-Rennstall gemeinsam mit der Familie und dem Mie General Krankenhaus im japanischen Yokkaichi veröffentlichte.
"Einen Tag scheint die Lage besser, am nächsten Tag schlechter. Die Ärzte äußern sich nicht. Der Schaden beim Unfall war riesig. Man weiß nicht, wie sich die Dinge entwickeln werden", sagte Bianchi. Die Hoffnung auf eine mögliche Genesung verliere er jedoch nicht. "Jules ist stark, er wird seine wichtigste Qualifikationsrunde gewinnen. Er gibt nicht auf, davon bin ich überzeugt", sagte Bianchi senior.
"Situation bleibt herausfordernd"
Jules Bianchi war am 5. Oktober beim Großen Preis von Japan in Suzuka auf regennasser Piste von der Strecke abgekommen und mit seinem Auto unter ein Abschleppfahrzeug gerast. Dabei hatte der Marussia-Pilot aus Frankreich schwerste Kopfverletzungen erlitten und musste anschließend operiert werden. Familie und engste Freunde eilten in das Mie General Krankenhaus nach Yokkaichi und stehen ihm seitdem auf der Intensivstation in Japan bei.
"Die vergangenen neun Tage waren extrem schwierig für Jules und seine Familie. Als Konsequenz aus dem Unfall in Suzuka mussten einige medizinische Herausforderungen überwunden werden", hieß es in der Marussia-Mitteilung: "Die Situation bleibt aufgrund der diffus axonalen Kopf-Verletzungen, die Jules erlitten hat, herausfordernd."
Seit dem Unfall macht die Familie eine schreckliche Zeit durch, ein Ende ist nicht in Sicht. "Seit einer Woche ist das Leben unserer Familie zerstört. Was tun wir hier in Japan? Wir erleben einen Albtraum", sagte Bianchi: "Wir haben keine Sicherheiten, wir können nur warten."
Fall Schumacher macht Hoffnung
In dieser scheinbar aussichtslosen Situation gibt den Bianchis ausgerechnet das schlimme Schicksal eines anderen Formel-1-Fahrers Hoffnung. "Auch bei Michael Schumacher hat es Monate gedauert, bis er aus dem Koma erwacht ist. Ich hoffe, dass ich in Jules' Fall eines Tages dasselbe sagen kann", sagte Bianchi. Schumacher hatte bei einem Skiunfall im vergangenen Dezember ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und fast sechs Monate lang im künstlichen Koma gelegen.
Bianchis Aufprall mit geschätzten mehr als 100 km/h auf das Bergungsfahrzeug sei für den Körper derartig heftig gewesen, dass die Ärzte es als ein Wunder bezeichnen, "dass Jules die ersten 24 Stunden überlebt hat", sagte Vater Bianchi: "Ich sehe ihn, ich spreche zu ihm, und ich weiß, dass er mich hören kann. Die Ärzte behaupten, dass schon dies ein Wunder ist, weil niemand jemals einen so schweren Unfall überlebt hat."
Den Unfall selbst hat sich Philippe Bianchi auf Video noch nicht angesehen. "Ich würde verrückt werden, und jetzt brauche ich all meine Energien für Jules, damit er spürt, dass wir hier sind und ihn nach Hause bringen wollen. Jetzt zählt nur er", sagte der Franzose.
Anteilnahme im Fahrerlager
Bianchis Schicksal hat in der vergangenen Woche die gesamte Formel-1-Welt erschüttert. Beim Großen Preis von Russland zeigten die Fahrer kurz vor der Start mit einer gemeinsamen Aktion ihre Anteilnahme am Schicksal des Kollegen. Zudem gingen Weltmeister Sebastian Vettel und Co. mit Grußbotschaften an Helmen und Fahrzeugen auf die Strecke und brachten immer wieder ihr Mitgefühl zum Ausdruck.
"Ich widme Jules diesen Sieg", sagte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton in Sotschi: "Ich möchte ihm ein bisschen positive Energie senden, vielleicht hilft das etwas." Laut Vater Bianchi tut es das: "Wir sind sehr berührt von der Anteilnahme, ich habe so etwas noch nie erlebt. Viele Fahrer sind in Kontakt mit uns. Wir möchten uns bei jedem dafür bedanken."
Die aktuelle Formel-1-Fahrerwertung