"Sebastian hatte wohl mehr Profil"

Von SPOX
Mark Webber (r.) hatte bei Red Bull gegenüber Sebastian Vettel das Nachsehen
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Als Teamkollege bei Red Bull ist Mark Webber mehrmals mit Sebastian Vettel aneinandergeraten. Nach dem Abschied aus der Formel 1 hat der 39-jährige Australier die Konflikte in seinem Buch "Aussie Grit" aufgearbeitet und spricht im exklusiven Omnisport-Interview offen über den Konflikt mit Vettel, die aktuellen Probleme seines früheren Teams und Konsequenzen aus den letzten Todesfällen im Motorsport.

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Frage: Herr Webber, warum haben Sie sich entschieden, ein Buch zu schreiben?

Mark Webber: Ich weiß es eigentlich gar nicht genau. (lacht) Am Ende meiner langen Karriere ist es fast eine Art erzieherisches Buch. Ich erkläre den Leuten den Weg, den ein Sportler gehen kann. Natürlich geht es um die Formel 1 und die involvierten Menschen - auf und abseits der Strecke. Es ist ein ziemlich gutes Gefühl, das niederzuschreiben und den Leuten zu erklären, wie es im Cockpit ist. Ich bin sehr glücklich, mit den ganzen unglaublichen Leuten zusammengearbeitet und sie kennengelernt zu haben. Ich bin stolz darauf.

Frage: Einer der Hauptaspekte ist Ihre Beziehung zu Sebastian Vettel. Warum sind Sie mit ihm während Ihrer Zeit bei Red Bull aneinandergeraten?

Webber: Wenn es den Lesern nur darum ginge, würden sie vom Buch enttäuscht werden. Es ist aber verständlich, dass die Leute an der Rivalität mit Sebastian interessiert sind. Wir wollten dasselbe Territorium. Kleine Funken sind in aggressive Duelle auf der Strecke ausgeartet. Dann kann die Beziehung sehr schnell zerbrechen. Das ist nichts Neues in der Formel 1. Wenn man versucht Fünfter, Sechster oder Siebter zu werden, ist das kein Problem. Es ist aber etwas anderes, wenn dein Teamkollege in dein Territorium eindringen möchte. Sebastian hat es geschafft. Seine Titelsammlung ist sensationell. Meine ist auch nicht so schlecht, aber seine gehört in den Geschichtsbüchern zu den besten der Welt. Es war für mich schwer zu der Zeit, aber wir beide haben viel über unsere Persönlichkeiten gelernt.

Frage: Sie haben Vettels Verhalten bei Red Bull in Ihrem Buch als das einer "verwöhnten Göre" bezeichnet. Stehen Sie zu der Aussage?

Webber: Zu der Zeit war das so. Sonst hätte ich es nicht geschrieben. Ich hätte mit der Situation besser umgehen müssen. Sechs bis sieben Jahre später haben sich die Dinge entwickelt und wir sind alle ein bisschen klüger. Habe ich Dinge falsch gemacht? Ja, natürlich. Wir hätten alle Dinge anders machen können. Das ist ein Teil der Reise. Aus der Sicht der Öffentlichkeit hatte Sebastian wohl mehr Profil, weil die Formel 1 in seinem Land größer ist. Seine Resultate waren am Ende auch besser, daraus haben viele Leute Rückschlüsse auf seine Person gezogen. Das hat unsere Beziehung auch negativ beeinflusst.

Frage: Ihr Landsmann Daniel Ricciardo hatte diese Probleme nicht. Wie beurteilen Sie ihn?

Webber: Er ist ohne Frage eines der spannendsten Talente der Formel 1. Keine Frage. Er hat alle Voraussetzungen, aber es gibt einen Punkt, an dem er sie ausnutzen muss. Er muss irgendwann anfangen, auf die Meisterschaft zu drängen. Es sieht nur nicht so aus, als könnte Red Bull in kurzer Zeit so gut beieinander sein. Ende des Jahres 2016 könnten für ihn einige Entscheidungen anstehen. Ich habe aber keine Ahnung, wie seine Verträge aussehen. Trotzdem: Er will ein konkurrenzfähiges Auto, das er im Moment nicht hat. Red Bull arbeitet daran - auch durch den geplanten Wechsel des Motors wollen sie den Rückstand auf Mercedes schnell schließen.

Frage: Welche Auswirkungen hätte der Wechsel zu Ferrari oder Mercedes aus Ihrer Sicht?

Webber: Es wird wohl Ferrari werden. Mercedes hat wohl abgelehnt, was nicht untypisch ist. Red Bull könnte eine Gefahr sein. Es geht aber um viele kleine Dinge wie das Packaging - wie der Motor ins Auto passt. Das größte Problem für Red Bull ist wohl das Zeitfenster, um das bei dem Auto funktionstüchtig hinzubekommen. Ich glaube, dass es die Performance von Red Bull im nächsten Jahr sehr stark erhöhen wird. Ob es genug ist, damit sie um die WM kämpfen? Unterschätzt sie nie!

Frage: Unter dem aktuellen Formel-1-Reglement erinnert die Dominanz von Mercedes an ihre Zeit bei Red Bull. Haben Sie Mitleid mit Nico Rosberg und seinen Problemen, mit Lewis Hamilton mitzuhalten?

Webber: Nicht wirklich. Lewis macht einen großartigen Job. Klar, meine Schwäche gegenüber Seb war wohl das Jahr nach dem verlorenen WM-Titel und das macht Nico derzeit auch durch. Lewis bewegt sich in einem gefährlichen Gebiet. Es ist halt so, dass derzeit Nico Rosberg in dem Wagen sitzt. Es könnte auch Nico Hülkenberg oder ein anderer Fahrer drinsitzen. Zur Seit ist Nico in der Situation, er will erfolgreicher sein und sich im Qualifying weiter vorne positionieren. Aber Lewis hat das gesamte Momentum auf seiner Seite und ist deshalb in einer dominanten Position. In diesem Jahr ist die Sache gegessen. Weil sich die Regeln nächstes Jahr nicht großartig ändern, könnte das noch länger andauern. Aber es braucht nicht viel, das zu ändern. Die Grenze ist fließend.

Frage: Glauben Sie, dass Änderungen nötig sind, um die Formel 1 wieder attraktiver zu machen?

Webber: Die Platte springt schon. Jeder redet seit Jahren darüber, was er tun würde. Aber es tut sich nichts. Das ist die Schattenseite. Man kann eine Meinung haben und für sich die Frage beantworten, um wieder zu dem Punkt zurückkehren, als die Tribünen voll waren. (lacht) Wenn die Leute damit unzufrieden sind, was sie jetzt sehen, und die Fahrer frustriert werden, sollte man mit dem Weitermachen, was funktioniert hat.

Frage: Gleichzeitig zu den Diskussionen um schnellere Autos wird jedoch die Verbesserung der Sicherheit diskutiert. Jules Bianchi starb an den Folgen seines Unfalls beim Japan-GP 2014. Kürzlich verunglückte auch Justin Wilson in der IndyCar-Serie tödlich, Sie trugen seinen Sarg.

Webber: Ich glaube, im Bezug auf die Sicherheit hat sich in den letzten zehn Jahren in der Formel 1 durch die Zusammenarbeit der Regelmacher, Streckenbetreiber und der Fahrer bemerkenswert viel verändert. Jedes Jahr findet man zwei bis drei Prozent mehr Sicherheit. Es gab aber einige Todesopfer in den letzten Jahren, was absolut tragisch ist und große Lücken hinterlässt. Müssen wir aus den Kopfverletzungen lernen, die sich als konsistent herausgestellt haben? Absolut. Sind geschlossene Cokpits die Lösung? Vielleicht. Sie werden in der Zukunft ein Thema werden. Eine Menge cleverer Leute werden erforschen, was der beste Weg ist, das Puzzle zu lösen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir mit 350 km/h Rennen fahren. Das ist gefährlich. Es wird in diesem Sport immer Verletzungen geben. Auch deshalb gucken die Leute uns zu: Weil der Großteil der Bevölkerung nicht das tun kann, was wir machen.

Stand in der Fahrer- und Kontrukteurs-WM der Saison 2015/16

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