Endlich wieder ein spannendes Jahr, endlich ein echter Gegner für Mercedes - dieser Wunsch ist kurz vor dem Saisonstart allgegenwärtig in der Formel 1. Und auch die Anweisung von ganz oben ist deutlich. "Im Grunde ist es total einfach", sagt Bernie Ecclestone: "Ferrari muss dahin, wo Ferrari hingehört: in den Titelkampf. Wenn sie das nicht schaffen, dann ist Mercedes wieder auf und davon."
Der Große Preis von Australien bildet am kommenden Sonntag in Melbourne den Auftakt zur Rekordsaison, erstmals stehen in diesem Jahr 21 Rennen auf dem Programm. Und selbst bei den Weltmeistern in Silber wünscht sich niemand den längsten Alleingang in der Geschichte der Königsklasse. Alles blickt auf die Scuderia und Sebastian Vettel.
"Ich hoffe, dass es jetzt heißt: Wir gegen Ferrari. Ich hoffe auf einen Titelkampf mit mehr Gegnern, ich will einfach echte Rennen fahren", sagt Weltmeister Lewis Hamilton im Gespräch mit dem SID, "dafür schalten die Leute den Fernseher an. Wenn du vorne allein unterwegs bist, dann ist das langweilig."
Zwei Fahrertitel, zwei Herstellertitel, 32 Siege in 38 Rennen, dabei 36-mal die Pole Position - seit dem Start in die neue Turbo-Hybrid-Ära 2014 ist die Formel 1 eine Mercedes-Show, das hat der ohnehin kriselnden Königsklasse nicht gut getan. Schon zuvor hatten Red Bull und Vettel die Formel 1 mit vier WM-Titeln in Folge in den Schlaf gesiegt.
Mercedes-Team-Duell nutzt sich ab
Nur ein Comeback des Heppenheimers im WM-Kampf kann der Königsklasse nun wohl das geben, wonach sie sich verzehrt: Einen echten Kampf zweier großer Rennställe. Denn auch das "ewige" Team-Duell zwischen Hamilton und Vizeweltmeister Nico Rosberg nutzt sich langsam ab, zumal der Brite es bislang stets für sich entschied.
Und vor der Reise nach Melbourne scheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass Ferrari in diesem Jahr deutlich näher an die Silbernen heranrückt. Bei den Testfahrten in Barcelona war Mercedes zwar erneut eindrucksvoll und schnell unterwegs, drehte die mit Abstand meisten Runden fast ohne technische Probleme. Doch auch Ferrari überzeugte, und Vettel selbst klingt zuversichtlich.
"Am Anfang auf dem Boden bleiben"
"Das Auto ist viel schneller, es hat mehr Grip", sagte der 28-Jährige bei RTL über seinen neuen SF-16: "Ich denke, das ist ein Schritt nach vorne in jeglicher Hinsicht." Dass es zu Saisonbeginn aus eigener Kraft für Siege reicht, glaubt allerdings kaum jemand, "gerade am Anfang müssen wir auf dem Boden bleiben", sagt auch Vettel. Aber im Verlaufe der ersten Rennen sei eine weitere Verbesserung möglich.
Dabei könnte Ferrari von seiner Rolle als Verfolger profitieren, das sei ganz normal, findet Mercedes-Sportchef Toto Wolff. "An der Spitze wird die Entwicklungskurve flacher, wenn jemand hinterherhinkt, dann ist sie steiler", sagt der Österreicher: "Es ist immer leichter aufzuholen, als vorne den Standard zu setzen."
Erst das Qualifying im Albert Park am Samstag wird ersten Aufschluss über die wahren Kräfteverhältnisse geben. Gegen eine konkurrenzfähige Scuderia hätte auch Rosberg nichts einzuwenden. "Das wäre gut", sagt der Deutsche lächelnd, "so lange sie hinter uns bleiben."
Sebastian Vettel im Steckbrief