Der Gegner scheint übermächtig, der WM-Titel längst außer Reichweite, und der Ferrari lässt seinen Piloten immer wieder im Stich: Sebastian Vettels Ehe mit der Scuderia erinnert in diesen Tagen stark an Michael Schumachers Anfangszeit in Rot - vor dem Großen Preis von Spanien lassen genau diese Parallelen den viermaligen Weltmeister allerdings hoffen.
Vor fast genau 20 Jahren reiste auch Schumacher als Außenseiter zum Circuit de Catalunya in Barcelona, wie derzeit die Mercedes-Silberpfeile dominierte damals Williams die Formel 1. Doch am Rennsonntag hingen dunkle Wolken über der Strecke, es regnete unaufhörlich, der Rest ist Rennsportgeschichte: Schumacher feierte seinen ersten Sieg für Ferrari, er wurde zum "Regengott" und entwickelte die Italiener in der Folge wieder zum Branchenführer.
"Es stimmt", sagt Vettel vor dem Rennen am Sonntag (14 Uhr im LIVETICKER): "Ferrari war noch nicht das beste Team, als Michael dazugestoßen ist. Im Laufe der Jahre haben sie dann aber dominiert. Und auch wir sind auf dem richtigen Weg."
Vettel zu ehrgeizig?
Vettel wiederholt dies momentan immer wieder. Er weiß, dass man schon genau hinschauen muss, um die Ferrari-Fortschritte zu erkennen. Nur zweimal kam der Heppenheimer bei den bisherigen vier Saisonrennen ins Ziel, auch die Anfälligkeit des SF16-H spielte dabei eine Rolle. Der neue Ferrari ist schnell, aber er ist auch unzuverlässig, denn das Team muss im Entwicklungsrennen mit den Silberpfeilen hohes Risiko gehen.
"Wir geben alles, manchmal vielleicht sogar etwas zu viel", räumte Vettel im Gespräch mit Sport Bild ein: "Aber wir müssen eben alles probieren. Aufholen ist immer eine Gratwanderung. Vielleicht sind gewisse Weiterentwicklungen etwas zu früh gekommen, aber man will den Vorteil halt so schnell wie möglich auf der Strecke haben."
Gerade in Katalonien richten sich nun alle Augen auf Vettels Boliden, denn zum Europa-Auftakt wird traditionell noch einmal vieles am Auto überarbeitet. Durch eine optimierte Aerodynamik sollen die Roten endlich auf Augenhöhe mit Mercedes antreten, "wir haben ein paar neue Teile, die uns schneller machen sollten", sagt Vettel.
Regen könnte entscheidend sein
Und Barcelona könnte genau die richtige Strecke dafür sein. Die schnellen Kurven sollten Vettels "Margherita" liegen, insgesamt fordert der vielseitige Kurs das Gesamtpaket eher als die Motorenpower. "China und Russland waren zuletzt Mercedes-Strecken, hier ist das ganz anders", sagt er. Ferrari könnte die Silberpfeil-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton wieder nerven. "Sie machen auch Fehler, wenn jemand in ihrer Nähe ist", stellt Vettel fest.
Wie im Jahr 1996 könnte zudem auch der Regen die Entscheidungen am Wochenende beeinflussen, vor allem für das Qualifying am Samstag sind Schauer angesagt. Schumacher benötigte nach seinem spektakulären Sieg übrigens noch vier Jahre, um den Rennstall aus Maranello wieder an die Spitze zu führen. Vettel will über so etwas nicht öffentlich nachdenken. "Ich habe da keine Zahl", sagt er, "die hatte Michael bestimmt auch nicht. Das Ziel ist, Ferrari nach vorne zu bringen. Am liebsten natürlich eher heute als morgen."