Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 12 der Saison 2018: der Große Preis von Ungarn. Lewis Hamilton beweist seine Killer-Mentalität, wird aber noch von einem Youngster übertroffen. Sebastian Vettel fährt gut, aber glücklos, während Daniel Ricciardo als Aufholjäger überzeugt. Bei Valtteri Bottas ist man sich nicht sicher: perfekter Wingman oder Rambo?
Platz 10, Romain Grosjean:
"Er hat mir da echt die Butter vom Brot genommen und es einfach besser gemacht" - solch ein Lob verteilt ein Fernando Alonso nicht alle Tage. Umso höher muss man Romain Grosjeans Manöver beim Restart einschätzen. Als das Virtual Safety Car endete, drückte er genau im richtigen Moment auf die Tube und schnappte sich zumindest vorübergehend die Position des spanischen Doppel-Weltmeisters. Pfiffig!
Zuvor hatte Grosjean härter zu kämpfen. Immerhin schob er 40 Runden lang Carlos Sainz Jr. vor sich her, ohne eine Attacke setzen zu können. Das kostete so viel Zeit, dass am Ende nur ein Pünktchen heraussprang.
Platz 9, Carlos Sainz Junior:
Im ungarischen Regen brillierte der Renault-Pilot und holte mit Platz fünf hinter den beiden Mercedes und Ferraris das absolute Maximum heraus. Problem: Sainz gelang es nicht, die gute Startposition in entsprechenden Erfolg umzumünzen. Schon am Start ließ er sich von Max Verstappen abkochen, ehe Pierre Gasly und Kevin Magnussen am Spanier vorbeigingen. Weil dann auch noch Renaults Strategie nicht in voller Gänze aufging, sprang nicht das erhoffte Top-Ergebnis heraus. Immerhin: Teamkollege Nico Hülkenberg hatte er diesmal im Griff.
Platz 8, Valtteri Bottas:
"Das tut weh", gewährte Valtteri Bottas einen Blick in sein Seelenleben, nachdem er hörte, dass ihn Motorsportchef Toto Wolff als "sensationellen Wingman für Lewis" betitelte und damit gleichbedeutend zum Wasserträger degradierte. Ob man Mercedes' Aufgabenverteilung befürwortet oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Fakt ist: Bottas hat seinen Job als Vettel-Schranke nahezu perfekt ausgeführt und Hamilton eine 23-Sekunden-Lücke verschafft.
Dass er Vettel am Ende nicht mehr halten konnte, war den alten Reifen geschuldet. 50 Runden hatten die Pirellis schon auf dem Buckel, als er sich dem Ferrari geschlagen geben musste.
Neben der Quali-Niederlage gegen Hamilton muss man Bottas jedoch sein Abwehrverhalten gegen Vettel und später gegen Daniel Ricciardo ankreiden. Natürlich ließ ihm Vettel wenig Raum, doch war der Kampf um Platz zwei schon entschieden. Bottas spätes Bremsmanöver auf dem Dreck war also unnötig und hätte Vettel fast den linken Hinterreifen gekostet.
Noch ärger war die Aktion gegen Ricciardo: Bottas wusste eigentlich, dass er durch seinen ramponierten Frontflügel kaum Anpressdruck auf der Vorderachse hat. Der Verbremser, der mitten im rechten Seitenkästen des Red Bulls endete, war also wenig vorausschauend. Und hätte Ricciardo um ein Haar aus dem Rennen gekegelt.
gettyPlatz 7, Fernando Alonso:
Das Geburtstagskind beschenkte sich mit vier WM-Punkten und profitierte dabei von einer perfekten Strategie. 39 Runden ließ er seine Softs rollen und war somit rund 15 Umläufe länger als die direkte Konkurrenz unterwegs. Das Ergebnis: Von Platz zwölf schleuste ihn der McLaren-Kommandostand bis auf den achten Rang vor. Alonsos gute Rennpace war für das taktische Meisterstückchen natürlich ausschlaggebend.
Platz 6, Kevin Magnussen:
Abermals ein solides Wochenende des Haas-Fahrers, der Grosjean langsam aber sicher den Rang abläuft. Während Magnussen im Vorjahr laut Hülkenberg noch seinen Ruf als "unsportlichsten Fahrer des Tages" unterstrich, war es diesmal ruhig um den Teilzeit-Rambo. Ohne sich in wilde Zweikämpfe zu verwickeln, fuhr er seinen Stiefel runter. Nach zwei gewonnen Plätzen in der Startphase blieb er dauerhaft im vorderen Mittelfeld - ohne Chance auf Platz sechs und ohne Gefahr zu laufen, weiter zurückzufallen.
Platz 5, Kimi Räikkönen:
Weil Ferrari seine Trinkflasche vor dem Rennen nicht anschloss, musste der Iceman bei 34 Grad Celsius und deutlich höheren Temperaturen im Cockpit ohne Wasser auskommen. Eine zusätzliche Herausforderung, die er aber ohne zu Murren meisterte (wie übrigens Marcus Ericsson, der schon seit über zwei Jahren auf eine Trinkflasche verzichtet, um die 1,5 Kilogramm Gewicht einzusparen) und somit wohl nicht rennentscheidend war.
Da war der schwache Start schon bedeutsamer. Nachdem er zum erst zweiten Mal in dieser Saison Vettel im Qualifying schlug - und wer weiß, vielleicht hätte er ohne Verkehr in Q3 auch noch einen der beiden Mercedes geknackt -, fiel er schon in der zweiten Kurve hinter den Stallgefährten zurück. Damit war klar: Ferrari würde ihn wieder als taktisches Druckmittel benutzen und durch einen frühen Stopp Bottas von Vettels Nase entfernen.
Als die Scuderia Räikkönen später zum zweiten Reifenwechsel beordert hatte, zeigte er ein ordentliches Tempo. Im Galopp schloss er auf Bottas und Vettel auf, ehe er vom Zweikampf der beiden profitierte und auf den letzten Podiumsplatz durchschlüpfte.
Platz 4, Sebastian Vettel:
Das schnellste Auto gehabt, trotzdem wieder einen Sieg verpasst. Was kann man dem viermaligen Champion also vorwerfen? Im Grunde nicht viel. Einzig die verpatzte Qualifikation geht auf seine Kappe. Die Mercedes waren im Regen zwar unschlagbar, gegen Räikkönen hätte er sich aber durchsetzen müssen.
Den Fehlschuss machte Vettel jedoch schon am Start wieder wett. Trotz härterer Reifen fand er sofort einen Weg am Teamkollegen vorbei. Anschließend litt er unter dem Layout des Hungarorings, das ein Überholmanöver fast unmöglich macht. Somit biss er sich gefühlte Ewigkeiten die Zähne an Bremsklotz Bottas aus.
Dass sich Vettel mit seiner Attacke bis in die 65. Runde hinein Zeit ließ, unterstrich seine Rennintelligenz. Er wartete bis zum richtigen Moment und stach dann mit der nötigen Durchschlagskraft zu. Insgesamt ein guter Auftritt des Heppenheimers, der aber weniger glänzen konnte als drei andere Fahrer.
Platz 3, Daniel Ricciardo:
Der "Honey Badger" ist zurück! In seiner typischen Art, die so wohl kein zweiter Fahrer im Feld beherrscht, sammelte der Honigdachs einen Gegner nach dem anderen ein. Spät bremsen, spät herausstechen - diese Konsequenz beim Überholen ist einmalig und brachte Ricciardo auf einer überholfeindlichen Strecke insgesamt 14 Plätze nach vorne.
Dass er sich überhaupt so durch den Betrieb pflügen musste, lag an einem mehr als unglücklichen Qualifying. Oder genauer gesagt: an Lance Stroll. Der Williams-Pilot drehte sich in Q2 vor Ricciardo, löste eine Gelbphase aus - und runierte so die schnelle Runde des Australiers. Weil der Regen im Anschluss stärker wurde, waren die Tickets für die Top 10 vergeben. Auf Fullwets sprang Ricciardo nur noch auf den zwölften Rang vor.
Von dort aus ging es im Start-Wirrwarr zwischen Ericsson, Grosjean und den Force Indias weitere vier Positionen nach hinten, bis sich der Red-Bull-Mann wie beschrieben nach vorne kämpfte. Eine wilde Fahrt, die Ricciardo verdientermaßen ein Podestplatz im Driver-Ranking einbringt.
Platz 2, Lewis Hamilton:
Am Donnerstag erwartete der Mercedes-Pilot das schwerste Rennen der Saison. Drei Tage später jubelt Hamilton als Sieger vom obersten Podestplatz, hat ein gemütliches 24-Punkte-Polster im Gepäck und darf sich über seinen erneut fehlerfreien Auftritt freuen. Ja, der amtierende Weltmeister hat seine weltmeisterlicher Form endgültig wiedergefunden.
Zugegeben, Hamilton profitierte in Ungarn von mehreren Faktoren, die ihm in die Karten spielten (Regen, Bottas, Ferrari-Fehler). Die verteilten Geschenke aber in dieser Killer-Konsequenz anzunehmen, gehört dennoch gewürdigt. So erarbeitete er sich mit der Regen-Pole selbst die beste Voraussetzung für ein erfolgreiches Rennen, er gewann den Start und zeigte sich auf den Ultrasofts konkurrenzfähiger als gedacht. Ohne Vettel direkt im Kreuz zu haben, musste er an der Spitze nicht mal dauerhaft ans Limit gehen und konnte stattdessen seine Gummis schonen.
Platz 1, Pierre Gasly:
Mit Beginn der Sommerpause nimmt auch die Silly Season richtig Fahrt auf. Erst fünf Cockpits (Vettel, Hamilton, Bottas, Verstappen, Hülkenberg) sind fest vergeben, die Zukunft der anderen Piloten ist also ungewiss. Einen, den wir 2019 aber wohl weiterhin in der Königsklasse begrüßen dürfen, ist Pierre Gasly. Und das nach der Leistung an diesem Wochenende auch völlig zurecht!
Der Franzose war aufgrund des silber-roten Duells kaum im TV zu sehen, glänzte aber abseits des Rampenlichts mit einer fehlerfreien Fahrt. Schon im regennassen Qualifying überzeugte er mit Platz sechs, der ihn sogar vor Max Verstappen im eigentlich schnelleren Schwester-Auto brachte.
Und im Rennen? Überholte Gasly zunächst Sainz am Start, ehe er seinen Toro Rosso lange Zeit auf einem starken fünften Rang chauffierte. Nervosität, Hektik - davon war beim 22-Jährigen nichts zu sehen. Vielmehr hielt er die mittelfeld'sche Konkurrenz in Schach und schaffte es, als einziger Fahrer der B-Klasse nicht überrundet zu werden. Besser geht's nicht.
So stimmten die User ab:
Bei den Usern erklimmt Sebastian Vettel mit 191 Stimmen die Spitze. Dahinter folgt Lewis Hamilton mit 162 Aufrufen vor Ricciardo (146), der mit seiner Aufholjagd ebenfalls zu überzeugen wusste.