Formel 1- Mercedes-Debakel in Österreich: Schlimmer als der Krieg der Sterne

Valtteri Bottas musste den Österreich-GP frühzeitig aufgeben.
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Während Max Verstappen sensationell den Großen Preis von Österreich gewann, erlebte Mercedes ein Debakel: Erst ging der Bolide von Valtteri Bottas kaputt, dann patzte die Strategie-Abteilung und am Ende kassierte auch noch Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton eine herbe Niederlage. Für die Verantwortlichen ein historischer Tag zum Vergessen.

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Als sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim Spanien-GP 2016 gegenseitig ins Auto fuhren, war der Höhepunkt des viel zitierten "Krieg der Sterne" erreicht. Statt Doppel-Sieg gab es den Doppel-Ausfall. Statt Jubel und Champagner, Frust und Enttäuschung. "Absolut inakzeptabel", schimpfte Mercedes-Vorstandsvorsitzender Niki Lauda nach dem Crash und Toto Wolff fügte nicht weniger verärgert hinzu: "Das Manöver war Harakiri."

Der Motorsportchef hatte mit den Erzfeinden Rosberg und Hamilton grundsätzlich alle Hände voll zu tun. Immer wieder gab es Zankereien, gegenseitige Angriffe und im schlimmsten Fall eben Kollisionen, deren Konsequenzen Wolff immer wieder aufs Neue handeln musste.

Im Vergleich zu dem, was an diesem Sonntag in der sonst so beschaulichen Steiermark passierte, waren das jedoch Kinkerlitzchen. "Es könnte nicht grausamer sein. Für mich der schmerzvollste Tag in meiner Mercedes-Zeit, viel schwerer als Barcelona", fasste Wolff seine wie durch ein Beben erschütterte Gefühlswelt gegenüber RTL zusammen. Man hätte von der Geschwindigkeit ausgehend locker "Platz eins und zwei" erreichen können, doch dann "lief alles schief, was schief laufen kann".

Tatsächlich waren Hamilton und sein heutiger Teamkollege Valtteri Bottas der Konkurrenz nach den ersten Umläufen schon um mehrere Sekunden enteilt. Red Bull? Ferrari? Sie spürten wohl nicht einmal mehr die Luftverwirbelungen, die ein moderner Formel-1-Wagen im Vorausfahren verursacht. Zu weit weg war das Silber-Duo.

"Du bist komfortabel Erster und Zweiter", schilderte Wolff die Szenen, "dann rollt plötzlich dein eines Auto aus". Es war Bottas, dessen Hydraulik den Geist aufgab - und der damit indirekt der Konkurrenz den Sieg schenkte.

Mercedes verschläft Boxenstopp für Hamilton

Denn während Ferrari und Red Bull sofort auf die folgende Virtual-Safety-Car-Phase reagierten und ihre vier Piloten zum Reifenwechsel beorderten, blieb Hamilton überraschenderweise draußen.

Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Als der amtierende Weltmeister nämlich endlich die eigene Box angesteuert hatte, war er auf den vierten Rang zurückgereicht worden. "Ein völliger Blackout von Mercedes. Ich habe keine Ahnung, warum man da nicht reagiert hat", kritisierte RTL-Experte Timo Glock den silbernen Winterschlaf mitten im österreichischen Sommer.

Es stellt sich die Frage, warum Mercedes nicht genauso schnell reagiert hat wie Red Bull und Ferrari. Zum einen, mutmaßte Glock, war man durch Bottas' Ausfall abgelenkt. Zum anderen hat man sich schlicht und einfach verspekuliert, wie Wolff später bestätigte: "Wir dachten, die (VSC-)Phase geht länger und man könnte in der darauffolgenden Runde noch reagieren."

Der Schock im Mercedes-Lager dürfte sich zu diesem Zeitpunkt trotzdem noch in einem überschaubaren Rahmen bewegt haben. Immerhin wusste man mit Hamilton einen der besten Fahrer im Feld in seinen Reihen, der zudem noch zehn Runden frischere Reifen aufgeschnallt hatte. Doch eine Attacke blieb aus. Vielmehr rauschte WM-Widersacher Sebastian Vettel von hinten heran und überholte den Silberpfeil-Pilot in einem engen Rad-an-Rad-Duell.

"Wir haben den Sieg weggeschmissen", motzte Hamilton mit gewohnt ruhiger Stimmlage in Richtung Team. "Ich habe den Sieg weggeschmissen", entschuldigte sich Strategie-Chef James Vowles daraufhin und versuchte seinen Schützling zu motivieren: "Du hast immer noch Chancen, Plätze gutzumachen. Wir glauben an dich!"

Historisches Desaster für Mercedes in Österreich

Von Plätze gut machen war in den Runden danach aber keine Spur. Im Gegenteil: Was folgte, war die Krönung des Fiaskos. "Das ist mit Sicherheit das schlimmste Wochenende, an das ich mich seit einer langen Zeit erinnern kann. Heute spürt jeder im Team den Schmerz", so ein geknickter Hamilton nach dem Rennen: "Ein Tag zum Vergessen."

Anstatt zu attackieren und Vettels Position zurückzugewinnen - geschweige denn um den Sieg mitzufahren -, fuhr Hamilton plötzlich hinterher. Seine Reifen machten schlapp, ein zweiter Stopp war unausweichlich.

Als dann acht Runden vor Schluss auch noch der Benzindruck nachließ, Hamilton aufgeben musste und die WM-Führung wieder an Vettel verlor, war das historische Drama perfekt.

Historisch, weil es für Hamilton der erste Ausfall nach 33 Rennen in Folge mit Zielankunft war. Historisch, weil Mercedes' letzter technisch bedingte Doppel-Ausfall vom Italien-GP 1955 datiert (auch wenn damals vier Fahrer für die Silberpfeile ins Lenkrad griffen und Juan Manuel Fangio Piero Taruffi einen Doppelsieg feierten). Und weil das letzte allgemeine Zweifach-Aus zwar nicht ganz so lange her, mit dem besagten Großen Preis von Spanien vor zwei Jahren aber auch nicht gerade gestern war. Dieses Rennen gewann übrigens, wie es der Zufall so will, auch ein gewisser Max Verstappen.

Das Positive an diesem Tag für die Stuttgarter: Das nächste Rennen steht schon kommende Woche an. Und in Großbritannien war Hamilton zuletzt immer stark. "Jetzt bleiben uns ein paar Tage, um uns neu zu sortieren und diese Schwierigkeiten vor Silverstone zu lösen", blickt Chefingenieur Andrew Shovlin voraus: "Dort wollen wir dann jene Leistung abrufen, von der wir wissen, dass wir dazu in der Lage sind."

Lewis Hamiltons Ausfälle bei Mercedes

SaisonGrand Prix
2018Österreich
2016Malaysia
2016Spanien
2015Singapur
2014Belgien
2014Kanada
2014Australien
2013Japan
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