Formel 1 - Ungarn-GP: Warum war Hamilton langsamer und trotzdem schneller als Vettel?

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel standen zusammen mit Kimi Räikkönen auf dem Podest.
© getty

Lewis Hamilton hat den Großen Preis von Ungarn mit deutlichem Abstand vor Sebastian Vettel gewonnen und seine komfortable WM-Führung weiter ausgebaut. Ist der Mercedes dem Ferrari also überlegen? Nein, kurioserweise war Vettel auf dem Hungaroring eigentlich der schnellste Fahrer. Pech und unnötige Fehler machten einen möglichen Scuderia-Sieg aber zunichte - mal wieder.

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Eigentlich hat Lewis Hamilton jetzt kaum noch Chancen auf den WM-Titel. Schließlich liegt auf dem Hungaroring ein Fluch, der besagt, dass der Ungarn-Sieger im selben Jahr nicht Weltmeister wird. Seit 2004, also seit Michael Schumachers letztem Coup, trat dieses Szenario immer ein und erwischte unter anderem Hamilton selbst schon ganze fünf Mal.

"Ich mache mir keine Sorgen", zeigte sich Sebastian Vettel trotz der erneuten Pleite entsprechend optimistisch. Natürlich bezog sich der sonst so abergläubische Heppenheimer damit nicht auf besagten Fluch, sondern auf die Gewissheit, über ein sehr gutes Auto zu verfügen: "Wenn das so bleibt, kommt auch der Erfolg."

Obwohl Vettel nun mit 24 Punkten Rückstand in die Sommerpause geht, ist man sich im Formel-1-Zirkus sicher: Der Ferrari hat das schnellste Pferd in der Manege. Dass die Scuderia die Weltmeisterschaft nicht anführt, sei da schon eine mittelgroße Überraschung. Ungefähr eine so große, wie die Tatsache, dass Vettel und Räikkönen abermals Platz eins im Rennen verpasst haben.

Schließlich zeigte Ferrari mit Ausnahme der nicht ganz unwichtigen Samstagnachmittag-Session stets die beste Pace. Die engen Kurven, die heißen Temperaturen - all das spielte dem roten Renner in die Karten. Warum also jubelte am Ende trotzdem Hamilton in der Mitte des Siegerpodests?

Regen bringt Mercedes in Ungarn nach vorne

Zunächst einmal sorgte Petrus mit seinem Regen im Qualifying dafür, dass Mercedes plötzlich obenauf war. Der Silberpfeil hat im Gegensatz zu seinen Konkurrenten eine höhere Bodenfreiheit und bringt die Regenreifen besser zum Arbeiten. Der Grip-Verlust ist geringer, die Zeiten somit schneller.

Dass ein Rennen dann von Platz vier schwieriger zu gewinnen ist als von der Pole, ist selbsterklärend. Dennoch unterstellte man Vettel vor dem Start beste Siegchancen. Wieder hieß es: Zu stark ist dieser Ferrari SF71H, um hier nicht zu triumphieren.

Dann aber spielte Mercedes-Pilot Valtteri Bottas den "sensationellen Wingman für Lewis" (O-Ton Toto Wolff) und hielt Vettel so gewissenhaft auf, dass sich Hamilton bis zu Bottas' Boxenstopp in der 15. Runde ein 8,6 Sekunden dickes Polster herausfuhr. Erst als Vettel freie Fahrt hatte, holte er auf den Engländer auf. Innerhalb der nächsten neun Umläufe verkürzte der Blondschopf den Rückstand um 1,7 Sekunden.

Als Hamilton schließlich zum Reifenwechsel abbog, ging Vettel in Führung. Obwohl er jetzt auf älteren Pneus als sein Widersacher unterwegs war, vergrößerte er die Lücke - bis er in den Überrundungsverkehr hineinplatzte und teilweise 1,6 Sekunden pro Runde verlor.

Ein taktischer Fehler des Ferrari-Kommandostands. Man hätte sehen müssen, dass Vettel auf Romain Grosjean, Carlos Sainz Jr. und Esteban Ocon auflaufen und massiv Zeit verlieren würde. Allein die Tatsache, dass Grosjean einige Zeit problemlos hinter Vettel mitfahren konnte, zeigt, wie viel Tempo der viermalige Weltmeister herausnehmen musste. "Es war schwierig, den richtigen Zeitpunkt für den Stopp zu finden", erklärte Vettel die Situation, ohne zu erwähnen, dass allein ein etwas früherer Reifenwechsel die richtige Alternative gewesen wäre.

Ferrari patzt bei Sebastian Vettels Boxenstopp

Doch dem nicht genug, passierte der Ferrari-Crew beim Stopp dann das nächste Malheur. Weil der Schlagschrauber vorne links hakte, verlor Vettel weitere anderthalb Sekunden. Statt direkt hinter Hamilton auf die Strecke zurückzukehren, schob sich wieder Wingman Bottas dazwischen.

Die Siegchance war jetzt endgültig passe, immerhin wusste Vettel, dass er Bottas auf dem engen Kurs erst in den Schlussrunden attackieren wird. Dann, wenn die Reifen des Mercedes-Fahrers langsam auseinanderfallen. Vettel blieb somit nichts anderes übrig, als abermals im gefühlten Schleichtempo hinterher zu fahren und Sekunde um Sekunde auf Hamilton zu verlieren.

Erst fünf Umläufe vor Schluss wagte er den erwarteten Angriff - mit Erfolg: Zwar versuchte sich Bottas noch mit Biegen und Brechen - inklusive Berührung und Teilchenflug - zu verteidigen, am Ende aber war der Ferrari vorbei.

Hamilton allerdings war zu diesem Zeitpunkt schon um die berühmten Lichtjahre enteilt. Da machte es auch keinen Unterschied mehr, dass Vettel nochmal sechs Sekunden vom riesigen Rückstand abknabberte.

RundeVettels Differenz zu Hamilton
15+8,6 Sekunden
25+6,9 Sekunden
26-12,8 Sekunden
31-14,7 Sekunden
36-12,4 Sekunden
37-10,8 Sekunden
39-10,0 Sekunden
40+11,0 Sekunden
65+23,5 Sekunden
70+17,1 Sekunden

Sebastian Vettel und Ferrari lassen zu viel liegen

Was also bleibt von diesem Wochenende? Zum einen, klar, die Erkenntnis, dass Ferrari das stärkste Paket in Sachen Geschwindigkeit hat. Zum anderen aber auch das - aus Sicht der Italiener - bittere Gefühl, eine Chance nach der anderen liegen zu lassen. Immerhin war das Rennen in Ungarn nicht das erste, in dem Vettel und Räikkönen nicht das Maximum herausholten.

In der Vorwoche erst sorgte der Hesse mit einem kapitalen Fahrfehler selbst für den Super-GAU und zerstörte sich den Traum von seinem ersten Sieg auf dem Hockenheimring. In Frankreich verspielte er mit einem Rammstoß gegen Bottas in der ersten Kurve ein besseres Ergebnis und in Aserbaidschan machte er sich mit einem unglücklichen Manöver einen möglichen Triumph kaputt. Dazu patzte Ferrari das ein oder andere Mal am Kommandostand und brachte Vettel so ins Hintertreffen.

Natürlich ist die Weltmeisterschaft noch lange nicht verloren. Nach den Sommerferien stehen weitere neun Grands Prix an, in denen noch genug Punkte verteilt werden. Dennoch: Ewig wird das älteste Team der Formel 1 derartige Rückschläge nicht verkraften. Vettel und Ferrari müssen die Pause nutzen, um sich selbst zu hinterfragen und anschließend Fehler vermeiden. Sonst bricht Hamilton die ungarische Tradition und wird trotz seines Sieges vor den Toren Budapests Weltmeister.

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