Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 17 der Saison 2018: der Große Preis von Japan. In Suzuka verdient sich Lewis Hamilton seinen ersten Matchball, weil Sebastian Vettel zu ungeduldig ist. Red Bull überzeugt mit Ferrari-Feind Max Verstappen und Daniel Ricciardo. Valtteri Bottas erfüllt eine ungewollte Mission.
Platz 10, Pierre Gasly:
Seit der Rückkehr in die Formel 1 vor bald vier Jahren war Hondas Heimspiel eigentlich immer ein Debakel. Diesmal jedoch lief es besser und die Japaner dürfen den Auftritt auf der hauseigenen Strecke durchaus als Erfolg werten. Das Motoren-Update funktionierte und Pierre Gasly verfehlte die Punkteränge mit Platz elf nur denkbar knapp.
Der Franzose komplettierte zuvor mit P7 ein für Toro Rosso ausgezeichnetes Qualifying und schaffte es noch im ersten Stint, an Teamkollege Brendon Hartley vorbeizuziehen.
So weit, so gut. Dann griff der Jungbullen-Stall bei der Strategie allerdings daneben und ließ Gasly zu lange draußen. Der 22-Jährige sollte mit einem späten Reifenwechsel dem Verkehr entgehen, tatsächlich aber fiel er durch die Undercuts der Konkurrenz zurück. Stark, wie er bis zur karierten Flagge immerhin noch vier Positionen gewann.
Platz 9, Esteban Ocon:
Im dritten Freien Training fuhr er unter Roter Flagge genau 1,68 Sekunden zu schnell und fing sich damit eine Rückversetzung um drei Startplätze ein. Esteban Ocon schob das Vergehen auf ein Tonsignal, das ihn vor zu langsamer Fahrt warnte. Von Unachtsamkeit zu sprechen, wäre hier also falsch.
Im Rennen litt er dann unter dem abtriebsintensiven Suzuka International Racing Course, der Überholen schwierig macht. Platz neun war am Ende wohl das Maximum.
Platz 8, Carlos Sainz Junior:
Von allen Mittelfeldteams ist Renault aktuell das mittelprächtigste. Statt Fortschritt gibt es beim ambitionierten Werksteam Rückschritt und ein zehnter Platz von Carlos Sainz Junior darf demzufolge als zumindest solide Leistung anerkannt werden. Ausschlaggebend war ein guter Start, der ihn vom 13. Rang direkt zwei Positionen nach vorne brachte. Gegen Rennende gelang es ihm noch, Gasly das letzte WM-Pünktchen zu stehlen. Im Vergleich zu Unglücksrabe Nico Hülkenberg hinterließ Sainz an diesem Wochenende den besseren Gesamteindruck.
gettyPlatz 7, Valtteri Bottas:
Mission accomplished. Der Finne gab mal wieder den perfekten Nummer-2-Fahrer ab, schützte Lewis Hamilton vor möglichen Angriffen und brachte Platz zwei ins Ziel. Mehr hat Mercedes an diesem Wochenende nicht verlangt.
Abzüge gibt es für Valtteri Bottas, weil er - anders als noch beim Russland-GP vor einer Woche - durchgängig deutlich langsamer als Hamilton war. Und weil er immer wieder kleinere Fehler einstreute, die Max Verstappen auf den letzten Runden zumindest in Lauerstellung brachten.
Einer Attacke musste sich Bottas nicht erwehren, dafür ist sein Mercedes zu stark. Trotzdem hatte er mit den Überrundungen und Blasenbildung am Hinterreifen zu kämpfen, sodass ihm bei Zieleinfahrt 13 Sekunden auf Hamilton fehlten.
Platz 6, Romain Grosjean:
Die entscheidende Phase am Wochenende begann für Romain Grosjean optimal. In einem haarigen Q3 überzeugte er mit einem fünften Startplatz. Dass er diese Position mit einem Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo im Rücken nicht halten würde, war abzusehen. Doch hat er mit Platz acht das Maximum herausgeholt? Eher nicht.
Als das Virtual Safety Car (VSC) aktiviert wurde, lag Grosjeans Vorsprung auf Verfolger Sergio Perez bei 2,4 Sekunden. Als das Rennen wieder freigegeben wurde, lag der Mexikaner plötzlich gleichauf. Grosjean war laut eigener Aussage genau im vorgebenden Delta, also spielte ihm die Technik offenbar einen Streich. Schuldlos am Positionsverlust war er trotzdem nicht, denn ein bisschen mehr Konsequenz beim Verteidigen darf man erwarten.
Platz 5, Sergio Perez:
Der Zweikampf mit Grosjean beschäftigte Perez mehr oder weniger das ganze Rennen. Während der Undercut nur um wenige Meter misslang, rückte er wie beschrieben in der VSC-Phase an seinen Haas-Gegner heran und kassierte ihn dann zwölf Runden vor Schluss außen in der Schikane. Den Titel "Best of the Rest" verdiente sich der Racing-Point-Fahrer dank einiger guter Überholmanöver.
Platz 4, Kimi Räikkönen:
Ferrari hat das Qualifying mit seiner Reifenwahl vergeigt, der Iceman machte mit Platz vier noch das Beste daraus. Am Ende des Rennens stand trotzdem ein enttäuschender fünfter Rang, selbst Ricciardo fand seinen Weg an Kimi Räikkönen vorbei.
Vorwerfen kann man das dem 38-Jährigen nicht. Sein Auto war nach dem Feindkontakt mit Verstappen - bei dem er entgegen der Annahme des Red-Bull-Piloten übrigens unschuldig war - am linken Seitenkasten ramponiert. Die gewünschte Balance, die gerade in den schnellen Esses im ersten Sektor so wichtig ist, war nicht mehr vorhanden und die geforderte Pace unmöglich zu erreichen.
Platz 3, Daniel Ricciardo:
Daniel Ricciardo hat den Ruf eines Strahlemanns, der auch nach Niederlagen noch ein Lächeln für die Welt übrig hat. Nicht so am Samstag.
Nachdem ihm sein Renault-Motor mitten im Qualifying zum wiederholten Male im Stich ließ, hatte der Australier beim Gang durch die Boxengasse einen regelrechten Wutanfall und brüllte sich seinen Frust geradewegs mit dem allseits bewährten F-Wort aus der Seele.
Doch der Honigdachs wäre kein Honigdachs, wenn er das Schicksal nicht zu seinen Gunsten gedreht und Startplatz 15 als Ausgangslage für eine Überhol-Show genutzt hätte. Das Schöne dabei: Ricciardos Überholmanöver waren echte Manöver und kein schlichtes Vorbeifahren mit DRS-Hilfe. Am Ende fehlten ihm lediglich 5,2 Sekunden auf Verstappen - eine Aufholjagd, die ihn selbst überrascht hat.
gettyPlatz 2, Max Verstappen:
Als Max Verstappen sollte man die nächsten Tage vielleicht nicht unbedingt nach Italien reisen. Der 21-Jährige nahm es nicht nur mit Räikkönen, sondern auch noch mit Vettel auf. Die Folgen sind bekannt.
Während das Manöver gegen Vettel vertretbar war, ging der Niederländer gegen Räikkönen zu hart zu Werke. Sicherlich, man kann ihm zugutehalten, dass er die Schikane nach seinem Verbremser nicht einfach abgekürzt hat, sondern möglichst schnell wieder auf die Strecke zurückkehrte. Wie er den Ferrari aber von der Piste gedrängt hat, war regelwidrig. Die Strafe in der Konsequenz korrekt.
Trotz dieser Überhärte, für die übrigens selbst Opfer Räikkönen Verständnis hatte, war es abers ein ganz starker Auftritt von Verstappen. Nicht nur, dass er im Qualifying erster Mercedes-Verfolger war, auch im Rennen ging er das Tempo der Silberpfeile und vor allem das von Bottas mit.
Platz 1, Lewis Hamilton:
Schon in den USA kann Hamilton Weltmeister werden. Ein Fakt, der das Spannungsfass für den neutralen Beobachter nicht gerade zum Überlaufen bringt, in seiner Art und Weise jedoch hoch verdient ist. Das bewies der amtierende Champion in Japan aufs Neue.
Nur weil sich Vettel kurz vor der Zielflagge noch die schnellste Rennrunde sicherte, verpasste Hamilton den Grand Slam, bestehend aus Pole Position, einem Start-Ziel-Sieg und eben der schnellsten Rennrunde. Der Brite war in jeder Session unantastbar und kontrollierte den Grand Prix an der Spitze nach Belieben. Später sprach er davon, wie sehr er jede Sekunde auf der Strecke genossen hätte. Druck? Fehlanzeige!
Natürlich hat Hamilton mit dem Mercedes das beste Auto unterm Hintern, doch wie konsequent er dessen Potenzial ausschöpft, verdient Anerkennung. Und: So fehlerlos wie er war an diesem Wochenende kein anderer Fahrer unterwegs.
Härtefall, Sebastian Vettel:
Fangen wir mit dem Positiven an. Vettel erwischte einen guten Start, überholte sofort die beiden Toro-Rosso-Piloten und wenig später auch Grosjean und Räikkönen. Vettel kämpfte sich nach seinem Dreher gut zurück und brachte insgesamt 16 Überholmanöver auf die Strichliste. Außerdem sparte er sich nach der desaströsen Qualifying-Entscheidung Kritik am eigenen Team und betonte, weiter Teil der Ferrari-Familie sein zu wollen.
Aber: Vettel zeigte in den eklig-feuchten Bedingungen am Samstagnachmittag Nerven und rutschte mehr herum als Kompagnon Räikkönen. Und viel schlimmer noch: Er verlor im Duell mit Verstappen zu früh die Geduld.
Natürlich war in der Löffelkurve eine Lücke und natürlich wusste Vettel, dass er besser gleich als spät am Red Bull vorbei musste, würde er die Mercedes noch irgendwie abfangen wollen. Doch die Attacke war am Ende des Tages zu übermotiviert. Als erfahrener Pilot sollte er wissen, dass sich eine so schnelle Kurve nur bedingt für Überholmanöver eignet. Dass Verstappen keine Gefangenen macht und lieber einmal zu viel als zu wenig dagegen hält, ist darüber hinaus auch bekannt.
Gewiss, Vettel musste mit einem WM-Rückstand von 50 Punkten angreifen und mehr ans Limit gehen als ein Hamilton. Übereifriges Fahren entschuldigt das bei einem Piloten seiner Klasse jedoch nicht.
So stimmten die User ab:
Die User sehen Lewis Hamilton deutlich an der Spitze. Im Zweierpack folgen dann Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel, gefolgt von Max Verstappen.