Formel 1 - Erkenntnisse zum Bahrain-GP: Vettel im Debakel-Modus, Schumacher schleicht, Sandwichpapier stoppt Alonso

Christian Guinin
29. März 202109:02
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Während Red Bull beim Großen Preis von Bahrain den sicher geglaubten Sieg wegwirft, feiert Mick Schumacher ein den Umständen entsprechend gelungenes Formel-1-Debüt. Sebastian Vettel erlebt hingegen ein weiters persönliches Debakel. Die Erkenntnisse zum F1-Saisonauftakt.

1. Red Bull wirft sicher geglaubten Sieg weg

Max Verstappen war nach dem Bahrain-GP nicht zu beneiden. In allen Sessions des Wochenendes (Freie Trainings & Qualifying) war der Niederländer mit Abstand schnellster Pilot und stets an der Spitze des Feldes wiederzufinden. Doch genau im Rennen, als es am meisten darauf ankam, blieb dem 23-Jährigen nur der bittere zweite Platz auf dem Podest - ausgerechnet hinter Dauerkonkurrent Lewis Hamilton.

Doch was war passiert? In der 54. von 56 Runden schloss Verstappen dank deutlich frischerer Reifen auf seinen Vordermann Hamilton im Mercedes auf. Beim Überholvorgang in Kurve vier trug es den Red-Bull-Fahrer so weit nach außen, dass er die dort geltenden "Track-Limits" überfuhr. Um nicht eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe zu kassieren, wurde er von seinem Team angewiesen, Hamilton wieder überholen zu lassen und es danach noch einmal zu versuchen.

Verstappen, der zuvor auf den um elf Runden frischeren Mediums innerhalb von 14 Runden 8,4 Sekunden Rückstand aufgeholt hatte und gegenüber Hamilton auch die deutlich besseren Rundenzeiten fuhr, fiel durch den Positionstausch allerdings aus dem DRS-Fenster. Das verschaffte Hamilton die nötige Luft, um sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,7 Sekunden über die Ziellinie zu retten.

"Ich glaube, Max hat durchs Rausfahren ein bisschen Staub auf die Reifen bekommen", analysierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Situation nach dem Rennen bei Sky. "Dadurch fehlte ihm kurzzeitig ein bisschen Grip und Lewis konnte sich genau die Luft verschaffen, die er brauchte, um bis zum Ende durchzukommen."

Verstappen: "Immer schwierig, jemandem zu folgen"

Dass Hamilton jedoch überhaupt in die Position kam, um den Sieg kämpfen zu können, liegt an einer letztlich misslungenen Strategie des österreichischen Rennstalls. Vom reinen Rennspeed wäre die Kombination aus Verstappen und Red Bull nämlich nur sehr schwer zu schlagen gewesen. Um dem entgegenzuwirken setzte Mercedes daher auf eine alternative Strategie.

Bei Hamilton versuchte man es mit einem Undercut und holte ihn vier Runden vor Verstappen zum ersten Boxenstopp herein. Aus einem Rückstand von etwas mehr als zwei Sekunden wurden so mehr als fünf Sekunden Vorsprung. Das führte allerdings auch dazu, dass Hamilton, um einen Undercut-Konter von Verstappen zu covern, auch zur zweiten Abfertigung deutlich früher als der Niederländer kam. Für den Schlussspurt hatte Verstappen so die im Vergleich zu Hamilton um elf Runden frischeren Pirellis. Eigentlich ein Riesenvorteil.

Diesen konnte er auf dem rauen und reifenfressenden Asphalt des Sakhir International Circuit jedoch nicht mehr ausspielen, auch weil ihm der Grip fehlte: "Danach hatte ich keinen Grip mehr auf den Reifen. Es ist natürlich immer schwierig, jemandem zu folgen. Auch mit dem Wind war das nicht einfach. Meine Reifen waren etwas frischer als die von Lewis. Am Ende war der Unterschied bei der Rundenzeit nicht mehr so groß", sagte Verstappen gegenüber Sky.

Wäre der Sieg also so oder so nicht mehr drin gewesen? Doch, auf jeden Fall. Hätte Red Bull statt stur auf die eigene Strategie zu beharren adaptiert und auf die Boxenstopps von Hamilton mit eigenen Reifenwechseln reagiert, Verstappen wäre wohl nicht zu schlagen gewesen. So schmissen die Österreicher einen sicher geglaubten Sieg noch weg - trotz des an diesem Wochenende deutlich besseren Gesamtpaketes.

2. Mick Schumacher sammelt wichtige F1-Kilometer

Wenn man von 16 Autos, die die Zielflagge sehen, das 16. und damit letzte ist, gibt es zunächst einmal nur wenig Positives daran. Dass für Mick Schumacher bei seinem ersten Rennen in der Königsklasse des Motorsports jedoch einfach nicht mehr möglich war, war schon im Vorfeld abzusehen.

Zu schwach präsentierte sich sein Dienstwagen, der Haas VF-21 während der Tests, Trainings und des Qualifyings. Das änderte sich auch im Rennen nicht, als Schumacher das mit Abstand langsamste Auto des gesamten Feldes hatte (sein Teamkollege Nikita Mazepin war nach einem Unfall bereits in der ersten Runde ausgeschieden) und Rundenzeiten fuhr, die teilweise über eine Sekunde langsamer waren als die der nächstschlechteren Konkurrenz um Williams-Pilot Nicholas Latifi.

Erschwerend hinzu kam ein eher schwacher Start des 22-Jährigen, sowie ein früher Dreher. "Ich hatte leider nicht den besten Start und habe recht viel Wheelspin gehabt am Anfang. Dadurch dass in Kurve eins alle wieder zusammen sind, war ich gleich wieder dabei und konnte dann in Kurve 2 außen wieder an meinem Teamkollegen vorbei fahren, der sich dann leider gedreht hat. Dann hatte ich auch gleich den Dreher, der hat uns ein bisschen weggebracht von den anderen Fahrern", analysierte Schumacher sein Rennen.

Dennoch betonte er, "viel Positives" mitgenommen zu haben. Er habe "viel gelernt und viel Spaß gehabt. Ich freue mich schon auf das nächste Wochenende." Man wolle bei Haas nun "das Auto dahin entwickeln, dass wir mehr Wettbewerb haben. Wir wollen mit den Williams kämpfen und natürlich auch vor ihnen landen."

Denn das muss letztendlich auch das Ziel Schumachers sein. Möglichst viel aus jedem Wochenende lernen, um sich kontinuierlich als Fahrer weiterzuentwickeln und in der Formel 1 zu etablieren. Den ersten Schritt dazu, in allen relevanten Sessions seinen Teamkollegen in Schach zu halten, hat er, zumindest an diesem Wochenende, gemacht.

3. Sebastian Vettel erlebt nächstes Debakel

Die gute Nachricht: Sebastian Vettel hat bei seinem Debüt für Aston Martin fünf Punkte geholt. Die schlechte Nachricht: Es waren fünf Strafpunkte. Nach seiner Strafversetzung auf den letzten Startplatz verlief auch das Rennen in Bahrain für den Deutschen wenig zufriedenstellend. Im Ziel landete er weit hinter den Punkten auf Platz 15.

"Es war ein schwieriges Rennen", fasste der Heppenheimer zusammen. Nach seiner Grid-Strafe ging sein Rennstall Aston Martin Risiko ein und schickte ihn auf einer Einstopp-Strategie ins Rennen. Das schien zunächst auch zu funktionieren. Vettel erwischte eine starke erste Runde und fand sich schnell auf dem 14. Platz wieder.

Dann allerdings musste er Tempo rausnehmen, um Reifen zu schonen und die Strategie zum Funktionieren zu bringen. Die Strategie hat uns in sehr viele Zweikämpfe verwickelt, die letzten Endes viel Zeit gekostet haben." Zudem fing sich Vettel in der ersten Runde noch einen Bremsplatten ein. "Das hat natürlich auch nicht geholfen", haderte er. Nach seinem einzigen Boxenstopp in Runde 24 schien es für ihn laut eigener Aussage "gar nicht schlecht" auszusehen, "aber dann hinten raus ist uns wieder die Luft ausgegangen, was die Reifen angeht", erklärt er. "Aber das Risiko mussten wir nehmen."

Der negative Höhepunkt sollte aber noch wenige Runden vor dem Ende folgen, als Vettel in Kurve ins mit Esteban Ocon (Alpine) kollidierte. Der Franzose setzte sich auf der Start-Ziel-Geraden am Aston Martin vorbei, doch beim Anbremsen knallte ihm dieser plötzlich ins Heck.

"Da gibt es nicht viel zu sagen. Ich dachte, er bleibt rechts, kam dann aber wieder links zurück", schilderte Vettel die Szene. "Und als ich direkt hinter ihm war, hatte ich natürlich keinen Abtrieb mehr und habe ihn dann gerade getroffen. Das war nicht toll für unser beider Rennen." Für den Fehler, den er später auch eingestand und für den er sich bei Ocon entschuldigte, bekam der Deutsche eine Zeitstrafe von zehn Sekunden und zwei Strafpunkte aufgebrummt.

Am Ende wurde er als 15. gewertet, doch auch ohne den Zwischenfall wäre es wohl nicht viel besser gewesen: "Ich denke nicht, dass Punkte realistisch waren", meinte Vettel nach dem Rennen. Immerhin Teamkollege Lance Stroll rettete Aston Martin mit einem WM-Punkt vor dem völligen Fehlstart. Dass das den hohen Zielen der Briten nicht gerecht wird, ist klar. Vettels übrigens auch nicht.

Sebastian Vettel und Esteban Ocon kollidierten in Kurve eins.imago images /HochZwei

4. Fernando Alonso kann es immer noch

Neben dem Debüt von Mick Schumacher war die Performance eines weiteren diesjährigen Neulings im Vorfeld mit großer Spannung erwartet worden. Die von Fernando Alonso. Zugegeben: Der Spanier ist nicht ganz mit Schumacher zu vergleichen, schließlich besitzt der 39-Jährige neben zwei Weltmeistertiteln auch die Erfahrung von 313 Grand-Prix-Starts.

Und dennoch fragten sich viele, wie sich der Alpine-Pilot nach zweieinhalb Jahren Abstinenz bei seinem Comeback so schlagen würde. Die Antwort? Erstaunlich gut. Obwohl Alonso zugab, nach wie vor ein paar Probleme mit der Abstimmung seines Boliden zu haben, konnten sich die Zeiten, die er auf dem Sakhir International Circuit ablieferte, sehen lassen.

"Mir fehlt noch immer Zeit im Auto", so Alonso, Das gehe allen Fahrern so, die das Team gewechselt haben. "Multipliziert das mit zweieinhalb Jahren bei mir", schmunzelte er und erklärte, dass sich das in "fünf oder sechs Rennen" aber erledigt haben wird.

Im Rennen war der Spanier lange im Kampf um die Top-10-Plätze mit von der Partie, nach 33 Runden zwangen ihn allerdings Trümmerteile in der Bremsbelüftung zur Aufgabe. "Ein Sandwichpapier hat sich in der hinteren Bremsbelüftung von Fernandos Auto verfangen. Dadurch sind die Temperaturen hochgegangen und haben einen Schaden am Bremssystem verursacht. Daher musste er aus Sicherheitsgründen aufgeben", gab Alpine nach dem Rennen den genauen Ausfallgrund bekannt.

Dennoch kann Alsonso mit der Leistung im ersten Saisonrennen mehr als zufrieden sein, vor allem unter dem Aspekt, dass Teamkollege Esteban Ocon zu keiner Zeit seine Pace mitgehen konnte und abgeschlagen auf dem 13 Rang landete.