Ein Seitenhieb gegen Mick Schumacher, keine klare Aussage zur Putin-Nähe seines Vaters und ein eigenwilliger Blick auf den Krieg in der Ukraine: Der Russe Nikita Mazepin hat nach seinem Rauswurf beim Haas-Rennstall Stellung bezogen und sieht sich als Opfer einer großen Ungerechtigkeit. "Ich habe meinen Traum verloren, für den ich 18 Jahre meines Lebens gekämpft habe", sagte Mazepin am Mittwoch: "Ich denke nicht, dass das fair ist."
Einen Tag vor Beginn der abschließenden Testfahrten in Bahrain saß der 23-Jährige in Moskau und legte in einem einstündigen Video-Meeting seine Sicht der Dinge dar. "Wollen wir, dass der Sport bloß eine weitere Bühne für Proteste und politische Debatten wird?", fragte Mazepin zu Beginn und wagte den Vergleich mit den Olympia-Boykotten der 80er-Jahre: "Oder ist der Sport eine Chance, Menschen in schwierigsten Zeiten zu verbinden?"
Mit dem Miteinander war es dann schnell vorbei. Es folgte ein Rundumschlag gegen seine Ex-Gefährten. Auch seinen früheren Teamkollegen Schumacher traf es. Einige Fahrer wie George Russell, Valtteri Bottas oder Charles Leclerc hätten ihm aufmunternde Nachrichten geschickt. Von Schumacher habe er dagegen nichts gehört. "In Situationen wie diesen zeigt sich dein wahres Ich", sagte Mazepin, der zum Deutschen in der gemeinsamen Saison 2021 ein gespaltenes Verhältnis gepflegt hatte.
Noch größer ist der Ärger über Günther Steiner. Dem Teamchef warf Mazepin Unaufrichtigkeit vor. Auf Steiners Wort habe man sich stets "zu 110 Prozent verlassen können", sagte Mazepin. Von seiner Kündigung habe er dann aber ohne Vorwarnung mit Veröffentlichung der Entscheidung am vergangenen Samstag erfahren. Kontakt zu Steiner habe seitdem nicht mehr bestanden.
Mazepin schließt rechtliche Schritte gegen Entlassung nicht aus
Eine Grundlage für seine Entlassung sieht Mazepin nicht - und schloss rechtliche Schritte nicht aus: "Wir halten uns alle Optionen offen." Wiederholt nahm das Schlusslicht der Vorsaison Bezug auf eine Entscheidung des Weltverbandes FIA, der russischen und belarussischen Fahrern einen Start unter neutraler FIA-Flagge ermöglicht. "Ist im Sport kein Platz für Neutralität?", fragte er.
An dieser gibt es bei Mazepin aber eben Zweifel. Sein milliardenschwerer Vater Dmitri ist Mehrheitsaktionär bei Uralkali - das russische Bergbauunternehmen war Hauptsponsor bei Haas - und besitzt beste Verbindungen zum Kreml. Für den US-Rennstall war die Nähe zu Präsident Wladimir Putin nach der russischen Invasion in die Ukraine nicht mehr vertretbar.
Mazepin ignorierte Fragen zur Kreml-Connection seines Vaters. Zum Krieg äußerte er sich nur kurz - und sprach dem Westen dabei die Deutungshoheit ab. "Jene, die nicht in diesem Teil der Welt leben oder hier geboren wurden", würden nur einen Teil des Konflikts sehen. Menschen aus Russland und der Ukraine würden ihn auf viel mehr Ebenen verstehen.
Zu seiner Zukunft hat er klare Vorstellungen. "Das Kapitel Formel 1 ist für mich noch nicht beendet", sagte Mazepin, der nur eine Rückkehr zu Haas ausschloss. Zudem kündigte er die Gründung einer Stiftung an. Diese soll Athleten unterstützen, die "aus politischen Gründen und ohne ihre Kontrolle die Chance verloren haben, auf dem höchsten Level Wettkämpfe zu bestreiten."