Aus deutscher Sicht gab es wenig zu feiern. Mick Schumacher (Haas) verpasste nach zuletzt zwei Top-Ten-Ergebnissen in Folge als 15. die nächsten WM-Zähler, auch Sebastian Vettel kam im Aston Martin nicht über Rang elf hinaus.
Ebenfalls keine Punkte gab es für Verstappen-Rivale Leclerc. Nach dem Rennen nahm der Monegasse den Unfall auf seine Kappe, nachdem er unmittelbar nach dem Aufprall noch über ein technisches Problem geschimpft hatte. "Es war einfach ein Fehler", sagte er im Interview mit Sky. "Es bringt nichts, auf einem hohen Level zu performen, wenn ich solche Fehler mache. Das ist inakzeptabel. In der zweiten Hälfte der Meisterschaft muss ich diese Dinge in den Griff bekommen, wenn ich Weltmeister werden will."
"Das war unglücklich für Charles, ich hoffe, es geht ihm gut", sagte Verstappen, der durch den Patzer seines Konkurrenten nun 63 Punkte Vorsprung in der WM-Wertung hat: "Ich bin dann einfach mein Rennen gefahren. Es liegt noch einige Arbeit vor uns, wir werden einfach so weitermachen." Auch Helmut Marko, Motorsportchef bei Red Bull, meinte: "Das reicht noch nicht, wir wollen weiter punkten."
Hamilton und Russell bestätigten hingegen die ansteigende Form der Silberpfeile. Für den achtmaligen Weltmeister war es bereits das vierte Treppchen in Folge. "Das war ein hartes Rennen, und es ist ein großartiges Ergebnis", sagte Hamilton: "Die Zuverlässigkeit ist eine unserer großen Stärken."
Frankreich-GP: Die Analyse
Am Start behauptete Leclerc seine Spitzenposition vor Verstappen, welcher leicht schlechter vom Fleck kam als der Monegasse. Hinter dem Duo kassierte Hamilton noch vor der ersten Kurve Sergio Perez im zweiten Red Bull und eroberte zwischenzeitlich Platz drei.
Den besten Start aller 20 Piloten erwischte Schumacher-Teamkollege Kevin Magnussen. Während der Deutsche "nur" zwei Plätze nach vorne kletterte (von 17 auf 15), katapultierte sich der an 20 gestartete Däne nach der ersten Runde bis auf Rang zwölf nach vorne.
Bis zu den ersten Boxenstopps sollte sich im Feld nicht viel tun. Verstappen setzte Leclerc zwar vor allem in den ersten Umläufen gehörig unter Druck, der Ferrari-Pilot blieb jedoch cool und bot dem Niederländer keine Möglichkeit für einen Überholversuch an.
RB reagierte darauf und beorderte Verstappen zum Reifenwechsel an die Box. Auswirkungen hatte des aber keine, da sich Leclerc nur eine Runde später selbst aus dem Rennen um den Rennsieg verabschiedete. In Kurve elf kam der Monegasse etwas zu weit nach außen, verlor die Kontrolle über sein Heck und schlug im Reifenstapel ein.
Die folgende Safety-Car-Phase nutzten die restlichen Fahrer der Spitzengruppe für ihren ersten Reifenwechsel, Verstappen blieb Boxenstopp-bereinigt jedoch hauchdünn vor Hamilton, als dieser auf die Strecke zurückkehrte.
In Führung liegend kontrollierte der Niederländer schließlich das Rennen nach Belieben. Jegliche Annäherungsversuche Hamiltons konterte Verstappen mit eigenen schnellen Sektor- und Rundenzeiten, einen echten Angriff gab es von Mercedes-Seite ohnehin nicht.
Aus Ferrari-Sicht konnte immerhin Carlos Sainz im zweiten Scuderia-Boliden vom Leclerc-Ausfall profitieren. Der Spanier, der aufgrund von einigen getauschten Teilen vom Ende des Feldes losgefahren war, pflügte mit seinem F1-75 durch das Feld und wurde am Ende noch Fünfter.
Den letzten Podestplatz schnappte sich Hamilton-Teamkollege Russell, der drei Runden vor Rennende von einer Schläfrigkeit Perez' profitierte und vorbeischlüpfte.
Die Top Ten komplettierten Fernando Alonso (6./Alpine), Lando Norris (7./McLaren), Esteban Ocon (8./Alpine), Daniel Ricciardo (9./McLaren) und Lance Stroll (10./Aston Martin).
Frankreich-GP: Die Reifenstrategie
Da der Asphalt im Vergleich zu den beiden Tagen zuvor nochmal deutlich heißer war (57 Grad Celsius zum Rennstart), waren Softreifen von vornherein kein Thema. Bis auf Valtteri Bottas (Alfa Romeo), Pierre Gasly (Alpha Tauri) und Sainz wählten alle Piloten den Medium-Reifen für den Start.
Einen zuvor beschworenen Reifenpoker sollte es jedoch nicht geben. Zum einen verabschiedete sich mit Leclerc der Top-Favorit früh selbstverschuldet aus dem Rennen, zum anderen hatte Mercedes nie die Longrun-Pace, um den Red Bulls ernsthaft gefährlich zu werden.
Highlight des Rennens: Sainz-Perez-Duell
Wirklich viele tolle Duelle gab es für die Fans und Zuschauer auf dem Circuit Paul Ricard nicht zu bestaunen, nur der spanisch-mexikanische Zweikampf gegen Rennende bleibt im Kopf. Mehrere Kurven lang duellierten sich Sainz und Perez Rad an Rad - letztlich mit dem besseren Ende für den Ferrari-Piloten, der spektakulär in der Kurve vor Start- und Ziel vorbeiging.
Top des Rennens: Fernando Alonso
Im Schatten der großen drei Teams fuhr der spanische Oldie vielleicht nicht sein spektakulärstes, dafür aber ein sehr starkes Rennen. Die direkte Konkurrenz um die beiden McLaren-Piloten Norris und Ricciardo kochte er mit seiner Erfahrung locker ab ("Ich will, dass er rankommt und seine Reifen ruiniert.")
Flop des Rennens: Haas
Nach den zuletzt starken Ergebnissen fuhr der US-Rennstall mit einigem Rückenwind nach Frankreich, letztlich gab es aber nur wenig Grund zum Jubeln. Die Pace war schlichtweg nicht gut genug, um um die Top-Ten-Plätze zu kämpfen, hinzu kam extremes Rennpech (Schumacher-Dreher, SC-Phase). Ebenfalls schwach: Alfa Romeo.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 12 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 233 |
2 | Charles Leclerc | Ferrari | 170 |
3 | Sergio Perez | Red Bull | 163 |
4 | Carlos Sainz | Ferrari | 144 |
5 | George Russell | Mercedes | 143 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 127 |
7 | Lando Norris | McLaren | 70 |
8 | Esteban Ocon | Alpine | 56 |
9 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 46 |
10 | Fernando Alonso | Alpine | 37 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 396 |
2 | Ferrari | 314 |
3 | Mercedes | 270 |
4 | Alpine | 93 |
5 | McLaren | 89 |
6 | Alfa Romeo | 51 |
7 | Haas | 34 |
8 | AlphaTauri | 27 |
9 | Aston Martin | 19 |
10 | Williams | 3 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.