Max Verstappen hat den Großen Preis von Ungarn gewonnen. Von Startplatz zehn aus kommend lieferte der Niederländer auf dem Hungaroring eine überragende Vorstellung ab und machte einen weiteren Schritt in Richtung Titelverteidigung. Die Plätze zwei und drei gingen an die beiden Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und George Russell.
Einen katastrophalen Nachmittag erlebten die beiden Ferrari-Piloten. Als große Favoriten waren die Roten ins Rennen gegangen, nach Strategie-Fehlern und Problemen mit den Reifen wurden Carlos Sainz und Charles Leclerc aber nur Vierter und Sechster. Sebastian Vettel (Aston Martin) holte als Zehnter noch einen WM-Punkt, Mick Schumacher (Haas) beendete das Rennen auf Rang 14.
"Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, hier zu gewinnen, ich wollte nur so nah wie möglich ans Podium heran", sagte Verstappen mit einem breiten Grinsen: "Es war ein verrücktes Rennen, das wir glücklicherweise gewonnen haben." Seine Pläne in der Sommerpause wollte er noch nicht verraten, aber: "Jeder normale Holländer wird jetzt Urlaub mit dem Camper machen, ich sollte vielleicht auch mal darüber nachdenken."
Der erneut geschlagen Leclerc gab sich nach Rennende erschüttert. Vor allem die Strategie der Roten sei ein Griff ins Klo gewesen. "Mit dem Medium hatte ich alles unter Kontrolle. Ich habe am Funk gesagt, dass ich mich mit dem Medium sehr wohl fühle und dass ich so lang wie möglich damit fahren möchte, weil das Gefühl gut war. Ich weiß nicht, warum wir uns dann anders entschieden haben. Das Tempo war eigentlich gut. Aber der Stint auf dem Hard war eine Katastrophe. Und dann auch noch 20 Sekunden durch den Boxenstopp. Da haben wir das Rennen verloren", kritisierte er.
Teamkollege Sainz blies in ein ähnliches Horn. "Ich konnte nicht pushen, weil ich den Vorderreifen öffnete. Ich hatte wirklich große Probleme mit dem Auto", meinte der Spanier in seinem Post-Race-Interview: "Ich bin nicht überrascht, dass ich auf P4 gelandet bin, denn das Gefühl im Auto war ziemlich schlecht. Nach der Pace am Freitag hätte es ein lockerer Doppelsieg werden sollen. Aber ich hatte keine Balance im Auto."
Verstappen geht mit einem satten Polster von 80 Punkten Vorsprung auf Leclerc in die Sommerpause, aus eigener Kraft kann der Ferrari-Pilot den Rückstand bei noch neun verbleibenden Rennen nicht mehr aufholen. Leclerc ist darauf angewiesen, dass Verstappen Punkte liegen lässt oder sich gar einen Ausfall leistet.
Ungarn-GP: Die Analyse
Russell behauptete seine Spitzenposition am Start und wehrte den Angriff der beiden Ferrari-Piloten souverän ab. Dahinter gab es vergleichsweise wenige Positionswechsel. Verstappen und Perez gewannen je einen Platz, auch Schumacher kletterte einige Ränge nach vorne.
Zweikämpfe an der Spitze blieben zunächst aus. Russell nutzte den Vorteil seiner Softs und fuhr sich ein Polster von knapp zwei Sekunden auf Sainz heraus, eine weitere Sekunde dahinter folgte Leclerc. Lediglich die beiden Red Bulls sorgten im ersten Stint für etwas Action. Im Doppelpack kassierten Verstappen und Sergio Perez Fahrer um Fahrer - nach zehn Runden war man bereits auf den Plätzen fünf und sechs angelangt.
Nach 17 Runden bog schließlich Russell als Erster der Spitzengruppe an die Box ab. Ferrari blieb zunächst draußen, konnte in der Folge aber Pace-technisch nicht genügend zulegen. Zwar schlüpfte Leclerc aufgrund des etwas besseren Stopps an Sainz vorbei, beide Scuderia-Piloten blieben Boxenstopp-bereinigt jedoch zunächst hinter Russell.
Dementsprechend angriffslustig präsentierte sich Leclerc in der Folge auf der Strecke. Innerhalb weniger Runden schloss er die Lücke zum Engländer, die zweite Attacke sollte dann sitzen. In Kurve eins stach der Monegasse innen am Mercedes-Piloten vorbei und übernahm die zwischenzeitliche Führung.
Unterdessen machte auch Verstappen auf dem gelben Reifen Sekunde um Sekunde auf die Spitze gut. Nach Leclercs Überholmanöver fehlten ihm an Position vier liegend nur noch knapp sieben Sekunden auf den Kontrahenten.
Dem Dreikampf mit Russell und Sainz ging Verstappen dennoch aus dem Weg. Stattdessen entschied man sich bei Red Bull für einen Undercut, welcher auch gelingen sollte. Während Sainz nicht coverte, reichte Verstappen die eine Runde auf frischeren Reifen, um Russell zu knacken.
Doch damit nicht genug. Da sich Ferrari mit einem Wechsel auf Hart bei Leclerc völlig verspekulierte, war Verstappen plötzlich in Schlagdistanz zum Monegassen. Das erste Überholmanöver schmiss der Red-Bull-Pilot mit einem leichtfertigen Dreher noch weg, beim zweiten erfolgreichen Versuch sollte er dann aber keine Fehler mehr machen. Souverän zog er an der Spitze davon und schnappte sich seinen achten Saisonsieg.
Für die Roten sollte es gar noch schlimmer kommen. Nicht nur Leclerc konnte seine Position nicht halten, auch bei Sainz schien man mit dem Reifenabbau große Probleme zu haben. Der Spanier wurde in der Schlussphase noch von Hamilton geknackt und rutschte auf Position vier ab. Leclerc wurde sogar nur Sechster.
Perez beendete das Rennen im zweiten Red Bull auf Platz fünf. Lando Norris (6./McLaren), Esteban Ocon (7./Alpine), Fernando Alonso (8./Alpine) und Vettel (10./Aston Martin) komplettierten die Punkteränge.
Ungarn-GP: Die Reifenstrategie
Von den ersten zehn Piloten wählten mit Russell, Norris, Daniel Ricciardo (McLaren) und Verstappen vier Piloten den weichen Reifen für den Start. Auch Perez von Position elf kommen entschied sich für Softs. Anders gingen die beiden Ferraris vor, die auf dem Medium losfuhren und ihren ersten Stint entsprechend länger hinauszögerten.
Da der Regen zunächst ausblieb, ging die Risiko-Strategie der Weich-Starter jedoch nicht auf. Das wurde vor allem Russell im zweiten Stint zum Verhängnis, als er gegen Leclerc auf älteren Medium-Reifen keine Chance hatte.
Als einzigem Piloten gelang es Verstappen, diesen Nachteil zu egalisieren. Mit unglaublich starker Pace im zweiten Stint auf Medium schloss der Niederländer zur Spitze auf und sollte auch in der Folge auf der mittleren Mischung glänzen.
Während sich die Ferraris im dritten Stint nämlich mit dem harten Reifen bei Leclerc verspekulierte, fuhr Verstappen ein komfortables Polster heraus und brachte den Sieg gefahrlos nach Hause. Da er den harten Reifen überhaupt nicht zum Arbeiten brachte, musste Leclerc noch einmal zur Abfertigung an die Box abbiegen.
Highlight des Rennens: Enge Duelle
Als "Härtetest" für die aktuelle Boliden-Generation wurde das Rennen auf dem Hungaroring im Vorfeld bezeichnet. Die Strecke in Budapest galt über Jahre als Musterbeispiel für die Probleme mit der sogenannten "dirty air" und der daraus resultierenden Schwierigkeiten beim Überholen.
Doch davon war an diesem Sonntag überhaupt nichts zu sehen. Die Zuschauer durften sich vieler enger Duelle, speziell an der Spitze, erfreuen. Verstappen gegen das gesamte Feld, Russell gegen die Ferraris und später dann Hamilton gegen Sainz - so macht die Formel 1 Spaß!
Top des Rennens: Max Verstappen
Eine unfassbare Performance des Weltmeisters! Von Platz zehn kommend pflügte der Niederländer von Beginn an durchs Feld, war über die gesamte Renndauer das deutlich schnellste Auto im Feld und krönte seine Leistung mit seinem achten Saisonsieg.
Flop des Rennens: Ferrari
Neues Wochenende, neue Ferrari-Enttäuschung. Mit den Red Bulls auf zehn und elf hatte man eigentlich die perfekten Voraussetzungen, um den Spieß in der WM umzudrehen. Doch die Roten trafen einmal mehr die völlig falschen Entscheidungen im Rennen. Sainz' Strategie war allenfalls mittelmäßig, mit Leclerc auf den Hards schoss man den Vogel ab.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 13 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 258 |
2 | Charles Leclerc | Ferrari | 178 |
3 | Sergio Perez | Red Bull | 173 |
4 | George Russell | Mercedes | 158 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 156 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 146 |
7 | Lando Norris | McLaren | 76 |
8 | Esteban Ocon | Alpine | 58 |
9 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 46 |
10 | Fernando Alonso | Alpine | 41 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 431 |
2 | Ferrari | 334 |
3 | Mercedes | 204 |
4 | Alpine | 99 |
5 | McLaren | 95 |
6 | Alfa Romeo | 51 |
7 | Haas | 34 |
8 | AlphaTauri | 27 |
9 | Aston Martin | 20 |
10 | Williams | 3 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.