Aufgrund einer Strafe von Leclerc reichte Verstappen sein erster Platz aber auch ohne den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde - zu seiner eigenen Verwunderung. Obwohl nur 28 der 53 geplanten Runden gefahren wurden, vergab der Automobil-Weltverband FIA volle Punkte.
Die FIA bestätigte nach dem Rennen, dass die Fortsetzung und Beendigung des Rennens nach Unterbrechung für die Vergabe der vollen Punkte verantwortlich sei. In diesem Fall sei die zurückgelegte Distanz nicht von Bedeutung.
"Es sind gemischte Gefühle", sagte Verstappen: "Ich danke allen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben." Zunächst verstand er selbst nicht, ob er den Titel bereits perfekt gemacht hatte. "Bin ich Weltmeister? Bin ich es nicht?", fragte er vor der Siegerehrung. Dann hatte er Gewissheit nach seinem 32. Formel-1-Sieg und dem zwölften der Saison: "Nach dem Rennen haben sie es mir von der FIA gesagt. Nicht zu glauben."
Das Regel-Chaos sorgte bei allen Beteiligten für Verwirrung, "das war für uns alle eine Riesenüberraschung", sagte auch Red-Bull-Teamchef Helmut Marko bei Sky, und Verstappens Lebensgefährtin Kelly Piquet sagte: "Wir haben das alle nicht verstanden, ich glaube, es war sehr verwirrend für Max."
Darüber hinaus wurde das Rennen von einer knapp zweieinhalbstündigen Regen-Unterbrechung aufgrund schlechter Sichtverhältnisse überschattet.
Aus deutscher Sicht durfte sich Sebastian Vettel (Aston Martin) als Sechster über WM-Punkte freuen. Mick Schumacher (Haas) lag zwischenzeitlich ebenfalls auf Punktekurs, beendete das Rennen nach einem Strategiefehler seines Teams jedoch nur auf dem 18. Rang.
Eine Schrecksekunde erlebte der Franzose Pierre Gasly. Der AlphaTauri-Pilot rauschte unter Roter Flagge mit knapp 250 km/h an einem Bergungsfahrzeug vorbei. Erinnerungen an den schweren Unfall in Suzuka 2014, der dem damaligem F1-Piloten Jules Bianchi das Leben kostete, wurden wach.
Gasly war noch auf der Strecke, weil er unter Safety Car zuvor in der Boxengasse Teile gewechselt hatte und dem Feld hinterherfuhr. "Das ist inakzeptabel", schimpfte Gasly im Funk.
Japan-GP: Die Analyse
Verstappen erwischte im Vergleich zu Leclerc den etwas schlechteren Start, blieb aber clever auf der äußeren Ideallinie und zog aufgrund des besseren Grips in Kurve eins außen wieder am Monegassen vorbei. Hinter den beiden kassierte Pérez Carlos Sainz im zweiten Ferrari, der Spanier flog nur wenige Meter später aufgrund von Aquaplaning jedoch ohnehin ab und konnte das Rennen nicht mehr fortsetzen.
Da es auch Alex Albon (Williams/Getriebeschaden) erwischte und sich einige Piloten über die schlechten Sichtverhältnisse im Renntempo beschwerten, beschloss die Rennleitung bereits nach einer Runde, das Safety Car auf die Strecke zu beordern. Nur wenig später wurde das Rennen gänzlich unterbrochen, um auf bessere Bedingungen zu warten und die beiden Autos gefahrlos bergen zu können.
Die beiden deutschen Piloten erlebten gegensätzliche Starts. Während es Vettel nach einer leichten Kollision mit Fernando Alonso (Alpine) ans Ende des Feldes spülte, nutzte Schumacher das Chaos und kletterte von seinem 15. Startplatz bis auf Rang zehn nach vorne.
Erst nach mehr als zwei Stunden Unterbrechung konnte der GP unter leicht verbesserten Bedingungen fortgesetzt werden. Verstappen behauptete P1 problemlos vor Leclerc, auch der Rest des Feldes hielt sich zunächst bedeckt und verzichtete auf unüberlegte Manöver.
Das änderte sich auch mit dem relativ zeitnahen Wechsel auf die Intermediates nicht. Viele Piloten scheuten das Risiko, von der deutlich schnelleren Ideallinie abzuweichen und auf die nassen Spots abseits davon zu wechseln. Überholmanöver waren daher Mangelware.
Verstappen zog an der Spitze einsam seine Kreise, Leclerc konnte ihm nicht folgen und musste sich Ende sogar noch gegen Pérez verteidigen. Der Monegasse behauptete zwar seinen zweiten Platz bis ins Ziel, bekam aber danach eine Fünf-Sekunden-Strafe, da er die Strecke verlassen hatte und dadurch einen Vorteil hatte. Er fiel so noch auf den dritten Platz zurück. Verstappen reichte dieses Ergebnis, um vorzeitig Weltmeister zu werden.
Bei Ferrari war man mit der Strafe für Leclerc nicht einverstanden. "Es ist lächerlich und inakzeptabel", polterte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto bei Sky: "Charles hatte keinen Vorteil dadurch, dass er die Schikane abgekürzt hat"
Japan-GP: Die Reifenstrategie
Am Start entschied sich das komplette Feld für den Intermediate-Reifen, der rasch aufziehende Starkregen änderte die Streckenbedingungen jedoch grundlegend. Nach der Unterbrechung gab die Rennleitung für den Restart hinter dem Safety Car die Full-Wets vor, dieser blieb bei den meisten Piloten jedoch nicht allzu lange drauf.
Nur eine Runde nach der Rennfreigabe entschloss sich Vettel als Erster für einen Tausch auf den Halbregenreifen, in den folgenden Umläufen zogen die anderen Fahrer nach. Lediglich Schumacher blieb länger auf den Wets draußen. Bei Haas spekulierte man auf eine weitere Safety-Car-Phase und einen Boxenstopp unter günstigeren Bedingungen. Da dies jedoch nicht eintrat, wurde der Deutsche bis ans Ende des Feldes durchgereicht.
Highlight des Rennens: Gasly-Vorfall mit Bergungsfahrzeug
Positive Highlights hatte der Japan-GP wegen seiner geringen Streckenzeit kaum zu bieten - dafür aber ein dickes negatives. Unmittelbar nach Rennabbruch rauschte Gasly mit etwa 250 km/h nur knapp an einem Bergungsfahrzeug vorbei, welches von der Rennleitung wohl versehentlich bereits auf die Stecke beordert worden war.
Glücklicherweise ging der Vorfall glimpflich aus und der Franzose kam mit dem Schrecken davon, nach Bianchis Unfall an exakt selber Stelle wollen wir solche Szenen aber eigentlich nicht mehr sehen.
Top des Rennens: Sebastian Vettel
Der Deutsche spielte unter schwierigen Bedingungen seine gesamte Erfahrung aus. Nach verpatztem Start behielt er einen kühlen Kopf, wechselte als erster Fahrer nach dem Restart auf Intermediates und hüpfte dadurch vom letzten Platz bis auf Rang sechs nach vorne. Ganz stark!
Flop des Rennens: Haas-Kommandostand
Der Versuch, nach dem Restart auf eine Safety-Car-Phase zu setzten und Schumacher auf dem deutlich langsameren Full-Wet draußen zu lassen, war schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt. Hätte der Deutsche nicht auf Punktekurs gelegen, hätte man die Strategie noch irgendwie verargumentieren können, so aber verbaute man Schumacher einmal mehr wichtige WM-Zähler.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 18 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 366 |
2 | Sergio Perez | Red Bull | 253 |
3 | Charles Leclerc | Ferrari | 252 |
4 | George Russell | Mercedes | 207 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 202 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 180 |
7 | Lando Norris | McLaren | 101 |
8 | Esteban Ocon | Alpine | 78 |
9 | Fernando Alonso | Alpine | 65 |
10 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 46 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 619 |
2 | Ferrari | 454 |
3 | Mercedes | 387 |
4 | Alpine | 143 |
5 | McLaren | 130 |
6 | Alfa Romeo | 52 |
7 | Aston Martin | 45 |
8 | Haas | 34 |
9 | AlphaTauri | 34 |
10 | Williams | 8 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.