"Das war meine beste Leistung. Ich habe alles für den Sieg gegeben", sagte Pérez. Für den Mexikaner war es der vierte Grand-Prix-Sieg und der zweite der Saison - allerdings musste er um diesen lange zittern. Pérez wurde nach dem Rennen vorgeladen, weil er hinter dem Safety Car in zwei Fällen den vorgeschriebenen Mindestabstand von zehn Wagenlängen womöglich nicht eingehalten habe. Das Urteil: Eine Fünfsekundenstrafe im ersten Fall, eine Verwarnung im zweiten - damit genügte sein Polster von 7,5 Sekunden auf Leclerc.
Der WM-Führende Max Verstappen (Red Bull) kam nach einem verpatzten Qualifying nicht über Rang sieben hinaus. Der vorzeitige WM-Titel für den Niederländer ist damit mindestens bis zum Japan-GP kommende Woche vertagt.
In Singapur hätte er einen Sieg und ganz schlechte Ergebnisse von Pérez und Leclerc gebraucht, genau das Gegenteil passierte. Leclerc (104) und Pérez (106) verkürzten ihren Rückstand auf Verstappen, er braucht nun einen Sieg in Suzuka inklusive Bonuspunkt für die schnellste Runde für den Titel vier Rennen vor Schluss. An den verbleibenden fünf Grand-Prix-Wochenenden sind noch maximal 138 Punkte zu gewinnen.
Verstappen erhält am kommenden Sonntag beim Großen Preis von Japan in Suzuka die zweite Chance zur WM-Entscheidung - und zwar aus eigener Kraft mit einem Sieg und der schnellsten Rennrunde.
Aus deutscher Sicht durfte sich Sebastian Vettel (Aston Martin) als Achter über WM-Punkte freuen. Weniger gut lief es für Mick Schumacher: Der Haas-Pilot beendete ein schwieriges Rennen nur auf Rang 14.
Singapur-GP: Die Analyse
Aufgrund heftiger Regenschauer wurde der Rennstart zunächst verschoben. Ursprünglich sollten die roten Ampeln um 14 Uhr deutscher Zeit ausgehen, die Einführungsrunde begann aber erst mit mehr als einer Stunde Verspätung um 15.05 Uhr.
Dort war es dann Pérez, der den besten Start aus der Spitzengruppe erwischte. Der Mexikaner drückte sich innen in Kurve eins an Polesetter Leclerc vorbei, auch Lewis Hamilton (Mercedes) musste P3 an Sainz abgeben. Verstappen kam ebenfalls nur sehr behäbig vom Fleck und fiel von seinem ohnehin schon schwachen achten Startplatz bis auf Rang zwölf zurück. Profiteur des Start-Chaos war Vettel, der sich aus allen Zweikämpfen geschickt heraushielt und von P14 kommend bis auf den achten Platz nach vorne fuhr.
Abgesehen davon sollte sich im ersten Renndrittel wenig ereignen. Pérez und Leclerc zauberten an der Spitze abwechselnd Bestzeiten aufs Tableau, dahinter konnten Sainz und Hamilton nur schwer folgen. Verstappen versuchte derweil, sich durchs Feld zu kämpfen, fand aber in Vettel seinen Meister, an dem er rundenlang keinen Weg vorbei fand. Auch eine Safety-Car-Phase, ausgelöst durch eine Kollision zwischen Nicholas Latifi (Williams) und Guanyu Zhou, änderte weinig an diesem Bild.
Zwar kassierte Verstappen unmittelbar nach der SC-Phase Vettel und Pierre Gasly (AlphaTauri), an Ex-Weltmeister Fernando Alonso (Alpine) biss sich der Niederländer dann aber wieder die Zähne aus. Erst als der Spanier sein Rennen durch einen technischen Defekt aufgeben musste, schlüpfte Verstappen vorbei. Pérez und Leclerc waren zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits über 30 Sekunden entflohen.
Dieser Rückstand sollte aufgrund einer weiteren Safety-Car-Phase, welche das gesamte Feld auch zum Wechsel auf Trockenreifen nutzte, wieder auf einen einstelligen Sekundenbereich zusammenschrumpfen, beim folgenden Restart präsentierte sich Verstappen im Duell gegen Lando Norris (McLaren) aber zu ungestüm.
In der Bremszone schlitterte der Niederländer weit nach draußen, wobei er sich seine Reifen ruinierte und ein weiteres Mal an die Boxengasse abbiegen musste. Ähnlich erging es auch Hamilton. Der Mercedes-Fahrer verpasste in Kurve sieben die Bremspunkt und rauschte in die Mauer. Auch er konnte nach einem Besuch an der Box jedoch weitermachen.
Der Sieg machten Pérez und Leclerc letztlich unter sich aus. Im letzten Renndrittel fuhr der Monegasse immer wieder Attacken gegen den Mexikaner, einen Weg fand er aber nicht vorbei. Der Mexikaner durfte sich somit über seinen zweiten Saisonsieg freuen, dahinter komplettierten Leclerc und Sainz das Podest.
Die Top Ten komplettierten Norris (4.), Daniel Ricciardo (5./McLaren), Lance Stroll (6./Aston Martin), Verstappen (7.), Vettel (8.), Hamilton (9.) und Gasly (10.)
Singapur-GP: Die Reifenstrategie
Durch die vorangegangenen, heftigen Regenschauer wählten alle 20 Fahrer den Intermediate-Reifen für den Start. Da die Strecke nur langsam abtrocknete, blieb dieser auch für das erste Renndrittel auf allen Autos. Erst in Runde 22 wagte Russell einen ersten Versuch auf dem Medium, die Defizite des Slick-Pneus gegenüber der Inters war jedoch noch deutlich zu spüren. "Ich habe absolut keinen Grip", beklagte sich der Mercedes-Pilot.
An allen anderen Kommandoständen entschied man sich deshalb auch zunächst gegen einen Wechsel auf Trockenreifen. Erst über zehn Runden später eröffnete Gasly den ersten wirklichen Boxenstopp-Regen des Feldes. Nach und nach kamen alle Piloten zum Reifenwechsel, wobei sich ausschließlich für den Medium entschieden wurde. Mit diesem beendeten auch die meisten Fahrer das Rennen, lediglich bei Problemen oder kleineren Unfällen wurde für den Schlussspurt auf Softs getauscht.
Highlight des Rennens: Schwierige Bedingungen
Auf dem schwierig zu überholenden Layout des Marina Bay Street Circuit waren Highlights in den vergangenen Jahren oft Mangelware. Dieser Eindruck bestätigte sich auch in dieser Saison - hinzu kamen die schwierigen Bedingungen, die viele Fahrer zu noch mehr Vorsicht zwangen.
Letztlich waren es auch diese äußeren Einflüsse, welche wenigstens für ein paar spannende Momente sorgten. Ausfälle, Verbremser und eine vertagte WM-Entscheidung - wirklich mehr hatte Singapur nicht zu bieten.
Top des Rennens: McLaren-Piloten
Wirklich herausragend fuhr keiner der beiden Piloten in Papaya-Orange. Im Gegensatz zu nahezu allen anderen Fahrern hielten sich Norris und Ricciardo aus jeglichem Schlamassel heraus, lieferten eine absolut fehlerfreie Performance ab und belohnten sich mit den Plätzen vier und fünf.
Flop des Rennens: Lewis Hamilton
Sogar Siegchanchen hatte sich der Ex-Weltmeister in Singapur ausgerechnet, so gut lief sein Mercedes am gestrigen Samstag. Doch daraus wurde nichts, weil zum einen der W13 nicht so gut performte wie erhofft und zum anderen Hamilton ein besseres Ergebnis durch einen vermeidbaren Fehler selbst wegschmiss. Ebenfalls schwach: Max Verstappen.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 17 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 341 |
2 | Charles Leclerc | Ferrari | 237 |
3 | Sergio Perez | Red Bull | 235 |
4 | George Russell | Mercedes | 203 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 202 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 170 |
7 | Lando Norris | McLaren | 100 |
8 | Esteban Ocon | Alpine | 66 |
9 | Fernando Alonso | Alpine | 59 |
10 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 46 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 576 |
2 | Ferrari | 439 |
3 | Mercedes | 373 |
4 | McLaren | 129 |
5 | Alpine | 125 |
6 | Alfa Romeo | 52 |
7 | Aston Martin | 37 |
8 | Haas | 34 |
9 | AlphaTauri | 34 |
10 | Williams | 6 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.