Streckendaten:
- Name: Autodromo Jose Carlos Pace
- Ort: Sao Paulo
- Länge: 4,309 Kilometer
- Runden: 71
- Renndistanz: 305,909 Kilometer
- Kurven: 5 Rechtskurven, 10 Linkskurven
Darauf kommt es an:
Das Gros der Fahrer wird es freuen, nach vier Rennen auf Kursen der neuen Formel-1-Generation an einen der prestigeträchtigsten Orte der Königsklasse zurückzukehren. Sao Paulo bietet das komplette Paket - von euphorischen Fans bis hin zur spektakulären Strecke.
Gewinnspiel: Frage beantworten und die Formel-1-Simulation F1 2012 gewinnen!
Das Autodromo Jose Carlos Pace gleicht einer Achterbahnfahrt auf knapp 1.000 Metern Höhe. Der geringe Luftdruck beeinflusst sowohl die Motorenleistung als auch die Aerodynamik. Die Abstimmung bereitet wohl den meisten Ingenieuren schlaflose Nächte. Einen Kompromiss zu finden, der genügend Power auf der Geraden abstellt und im so engen und kurvigen Mittelteil genügend Abtrieb generiert, ist eine Herausforderung. Zudem werden die Bremsen extrem belastet.
Fast schon im Grundgesetz verankert ist die jedes Jahr aufkeimende Diskussion ob der extremen Bodenwellen. Es wird zwar ständig ausgebessert, doch die enorme Beanspruchung für die Piloten bleibt. Wer nicht voll austrainiert ist, bekommt in Interlagos schnell Probleme. Der Kurs wird im Gegensatz zu den meisten klassischen Strecken gegen den Uhrzeigersinn gefahren, was die Nackenmuskulatur extrem belastet.
Regnet es, was zur jetzigen Jahreszeit nicht unüblich ist, bekommen die Fahrer weitere Probleme. Ganze Wassermassen verwandeln den Kurs in ein besseres Lottospiel. Das Überholen sollte noch attraktiver sein, als es in früheren Jahren ohnehin schon war. Die DRS-Zone liegt auf der Geraden nach dem Senna-S.
Wetter-Prognose:
- Freitag: leichtes Gewitter, 23-26 Grad, 60 Prozent Regenrisiko
- Samstag: mäßiger Regen, 22-24 Grad, 60 Prozent Regenrisiko
- Sonntag: starker Regen, 17-18 Grad, 70 Prozent Regenrisiko
Reifen: Hart und Medium. Pirelli wird erneut, wie schon in den USA, die Reifenmischungen bereitstellen, mit der viele Teams Temperaturprobleme hatten. "Weil der Asphalt in Interlagos rauer ist als der in Austin, sollte das passen. Nur bei leicht feuchter Piste könnte es schwierig werden", schätzt Saubers leitender Ingenieur Giampaolo Dall'Ara.
Durch die rasche Abfolge unterschiedlicher Fahrbahnoberflächen ist ein Maximum an Grip und Abtrieb gefordert. Die langsamste Kurve der Strecke, Kurve 10, ist beispielhaft für die Herausforderungen: In der Bergauf-Passage bremsen die Fahrer hart, während sie bereits in die Kurve einbiegen. Bei der Ausfahrt aus der Kurve kommt es darauf an, das Auto trotz Schlupf behutsam unter Kontrolle zu halten.
"Besonders weil die Reifen so viel rutschen, benötigt man in Sao Paulo normaler Weise mehr als einen Boxenstopp", erklärt Lokalmatador Bruno Senna: "Eine weitere Schwierigkeit resultiert daraus, dass der Track ziemlich holprig ist und man daher schnell ins Driften geraten kann."
Zudem bekommen die Teams im Freien Training erstmals zwei Sätze der Prototypen für die kommende Saison. Sie sollen sich deutlich von den 2012er-Modellen unterscheiden. "Sie haben ein breiteres Einsatzspektrum und einige Mischungen sind etwas aggressiver", erklärt Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery: "Die Reifen werden bereits sehr repräsentativ für unsere Design-Philosophie des Jahres 2013 sein."
Statistik:
- Sieger 2011: Mark Webber (Red Bull), 1:32:17,464 Stunden
- Pole-Position: Sebastian Vettel (Red Bull), 1:11,918 Minuten
- Schnellste Rennrunde: Mark Webber (Red Bull), 1:15,324 Minuten
- Rekordsieger: Alain Prost (6 - 1982, 1984, 1985, 1987, 1988, 1990)
Favoriten:
Red Bull: Der Konstrukteurs-Weltmeister 2012 versucht sich auf seine eigenen Stärken zu konzentrieren. "Das nächste Rennen müssen wir genauso angehen wie die 19 zuvor", erklärt Teamchef Christian Horner gegenüber "Autosport": "Wir müssen dort ankommen, attackieren und das Beste aus uns herausholen, was das Auto, die Strategie, die Fahrer und die Zuverlässigkeit angeht."
Alle Eventualitäten durchspielen: Der SPOX-GP-Rechner
Insbesondere der letzte Punkt dürfte den Ingenieuren aktuell Kopfzerbrechen bereiten. Zwar reicht Vettel der vierte Platz, um die WM für sich zu entscheiden, doch der Ausfall Webbers in Austin wirft abermals ein schlechtes Licht auf Renault. Es war bereits die dritte Lichtmaschine, die in dieser Saison während des Rennens den Geist aufgab.
Das Problem soll in Brasilien endlich Geschichte sein. Die Lösung: Eine Neuentwicklung, die der französische Hersteller in Austin bei Lotus testete. Sie soll fehlerfrei funktionieren und die Zuverlässigkeit erhöhen. "Es kann alles passieren, wie wir in dieser Saison bereits gesehen haben", blickt Horner voraus: "Aber es ist gut, mit einer Führung anzureisen. Wir kommen mit dem festen Vorhaben, den Job zu Ende zu bringen."
Vettels Laune ist nach der Verteidigung des Konstrukteurstitel immer noch in einem Hoch. "Ich hoffe, dass wir in Brasilien gleich mit dem Feiern weitermachen können", sagt Vettel. Brasilien sei immer ein Fragezeichen, aber die Strecke passe zu Red Bull. "Ich weiß aber, dass wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen."
Ferrari: Nach der Erfahrung in Austin, als Alonso durch einen neuen Unterboden und die Wechselwirkungen mit dem Diffusor in seiner persönlichen Leistung weit abgeschlagen hinter Felipe Massa blieb, dürfte Ferrari sich zweimal überlegen, ob auch in Brasilien auf neue Teile gesetzt wird.
"Fernando weiß, dass er derzeit nicht das schnellste Auto hat", so Teamchef Stefano Domenicali: "Er kann sich aber auf ein Team verlassen, das immer hinter ihm steht." Auch Teamkollege Felipe Massa wurde das offenbar abermals eingeimpft: "Felipe ist sich im Klaren darüber, dass die Interessen des Teams bei Ferrari im Vordergrund stehen."
Trotz der scheinbaren Überlegenheit gibt die Scuderia den WM-Kampf keineswegs auf. Statt des schnelleren Autos sollen andere Dinge den Triumph über Vettel ermöglichen. "Die Technik liefert die Grundlage für die Leistung auf der Strecke, aber letztlich spielt der Fahrer auch eine wichtige Rolle", erklärte Domenicali nach der Auswertung der Austin-Premiere: "Druck kann sich negativ auswirken, daher müssen wir dafür sorgen, dass wir positive Motivation schöpfen."
Auch der WM-Zweite redet sein Team weiter stark: "Wir sind zu uns selbst und zu unseren Fans ehrlich: Wir sind nicht superkonkurrenzfähig, aber wir sind immer noch im Rennen. Es wird vom Team abhängen, und da sind wir am besten von allen", so Alonso: "Wir können viel gewinnen und nur wenig verlieren, für sie ist es das Gegenteil. 2010 war die Situation umgekehrt, also hoffe ich, dass der Titelkampf einmal mehr zugunsten des Verfolgers ausgeht."
Der Optimismus des Spaniers ist immer noch riesig. "Meine Chance liegt vielleicht bei 25 Prozent. Aber tief in mir drin spüre ich, dass sie viel größer ist", sagt Alonso. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo meldete sich unter der Woche nochmal in einem offenen Brief zu Wort und appellierte an seine Mitarbeiter: "Wir können stolz darauf sein, was wir bislang erreicht haben. Trotzdem ist Stolz nicht genug: Wir wollen gewinnen."
PodcastSPOX-Redakteur Alexander Maack im Expertengespräch bei Sportradio360
McLaren: Für Lewis Hamilton geht mit dem Rennen in Interlagos eine persönliche Ära zuende. Er verlässt McLaren und wechselt zum Mercedes-Werksteam. Passend dazu schwelgt der Brite in Erinnerungen. "Brasilien war der Schauplatz einiger der epischsten Rennen meiner McLaren-Ära und aus vielerlei Gründen wird dieses Wochenende für mich ein sehr großes Rennen werden", so Hamilton.
Erstmals soll es für ihn auch mit einem Sieg reichen. "Ich habe dort 2007 beinahe den Titel gewonnen, schnappte ihn mir dann 2008 in der letzten Kurve. 2009 fuhr ich wie verrückt, um auf das Podest zu kommen, aber ich habe nie gewonnen. Genau das möchte ich dieses Mal schaffen", erklärt Hamilton.
Nicht erst in Austin bewies der WM-Vierte, dass sein Auto von der Geschwindigkeit her das Potenzial dazu hat. McLaren hat mit Red Bull aktuell das schnellste Auto. Der starke Mercedes-Motor könnte auf den langen Geraden einen entscheidenden Vorteil ausmachen. Gerade, wenn es bergauf geht.
In den letzten Jahren waren die Ergebnisse für das Team aus Woking jedoch eher mager. Für Jenson Button ist das jedoch kein Grund, die Erwartungshaltung herunterzuschrauben: "Das diesjährige Auto war schon oft auf Strecken stark, wo wir normalerweise nicht vorne waren. Also denke ich, dass wir gute Siegchancen haben."
Lediglich der Fehlerteufel darf sich nicht wieder seinen Weg in den MP4-27 bahnen. Dann ist sogar noch der Vize-Titel in der Konstrukteurs-WM drin. "Wir können Ferrari schlagen", gibt sich Button selbstbewusst: "Es wäre schön, wenn wir am Ende vor ihnen liegen würden. Die Konstrukteurswertung bedeutet mir sehr viel, da es um eine Menge Geld geht."
Lotus: Die Truppe aus Entsone will in Brasilien wieder angreifen und Ferrari damit gehörig in die Suppe spucken."Unser Auto funktioniert seit Südkorea ziemlich gut. Mit einem problemlosen Qualifying und Rennen sind wir sicher Podestkandidaten", erklärt Technikdirektor James Allison: "Wir sind froh, dass wir unsere leistungsstärkere Version des Coanda-Auspuffs bereits in Austin verwendet haben - sie wird uns in Brasilien eine große Hilfe sein."
Kimi Räikkönen dürfte sich besonders freuen. Endlich fährt der Finne wieder auf einer Strecke, die er kennt, weil sie schon vor seiner F1-Pause im Kalender stand. "Ich bin auf dieser Strecke zu einigen der besten Momente meines Lebens gefahren", erklärt der Iceman, der bei neun Starts fünf Mal das Podest erreichte: "Diese kann mir keiner nehmen und das ist der Grund, warum es einer der Orte ist, an die ich am liebsten zurückkehre." Der Optimismus scheint riesig. Sogar die erste Startreihe hält der Finne für möglich.
Für den Finnen geht es noch darum, seinen dritten Platz in der Fahrer-WM gegen Hamilton zu verteidigen. "Auch wenn es für uns in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft um nichts mehr geht, so befindet sich Kimi noch in einem engen Kampf", sagt Teamchef Eric Boullier, der deshalb sein Team anstachelt: "Wir werden alles tun, damit er diesen Platz halten kann. Wir wollen die Saison auf einem Hoch beenden und den Schwung in die Winterpause mitnehmen"
Die übrigen Teams:
Mercedes: Es ist das letzte Rennen des erfolgreichsten Fahrers aller Zeiten. Michael Schumacher zieht sich endgültig in den Ruhestand zurück. "Interlagos ist ein runder Abschluss für meine Karriere, denn dort wurzelt viel von der Faszination der Formel 1", findet der Rekordweltmeister: "Am liebsten wäre mir natürlich, wenn ich mich mit einem schönen Rennen verabschieden könnte. Ich bin sicher, dass wir alle gemeinsam tun werden, was wir können."
Sein Team ergießt sich in Dankesorgien, doch dass Schumacher zum Abschluss nochmal ganz vorne mitfahren kann, bleibt ein Traum. "Unser Ziel in Sao Paulo ist, uns respektabel aus der Saison 2012 zu verabschieden", sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug, der seine volle Konzentration auf Australien ausgerichtet hat: "In einem halben Jahr wollen wir ab Saisonbeginn 2013 wieder in der Lage sein, Ergebnisse wie vor einem halben Jahr in China oder später in Monaco zu holen."
Das GP-Wochenende in Interlagos wird deshalb abermals zu inoffiziellen Testtagen für die Silberpfeile. "Unser Hauptaugenmerk liegt weiter darauf, so viel wie möglich für das nächste Jahr zu lernen. Darauf werden wir uns bei unserer Arbeit konzentrieren", sagt Nico Rosberg.
Auch Teamchef Ross Brawn bestätigt das: "An diesem Rennwochenende wollen wir unser Testprogramm für die nächste Saison fortsetzen, besonders im Hinblick auf die Pirelli-Reifen für das Jahr 2013, die uns in den ersten beiden Freien Trainings am Freitag zu Testzwecken zur Verfügung stehen werden." Dass Mercedes konkurrenzfähiger als in Austin ist, scheint daher unwahrscheinlich. Dabei muss Mercedes Rang fünf in der Konstrukteurs-WM noch sichern.
Sauber: Auch wenn der Rückstand auf Mercedes in der Konstrukteurs-WM noch immer zwölf Punkte beträgt, wollen die Schweizer die Silberpfeile unbedingt einholen. "Insgesamt erwarte ich, dass wir wettbewerbsfähig sein sollten und damit in der Lage, die Saison positiv abzuschließen", orakelt Dall'Ara.
Für Sergio Perez wird es das letzte Rennen für Sauber sein, bevor er zu McLaren wechselt. "Ich weiß, dass der Abschied in Interlagos für mich sehr emotional werden wird", sagt der Mexikaner: "Die beste Art, 'Danke' zu sagen, wäre natürlich ein gutes Ergebnis und wenn es uns doch noch gelänge, das Team vor uns in der WM abzufangen. Das ist mein Ziel."
Force India: Während Sauber Mercedes den Rang streitig machen will, rechnen sich die Inder trotz 25 Punkten noch Chancen aus, die Schweizer abzufangen. "Wir hoffen, dass Nico dasselbe schafft wie im Jahr 2010 mit Williams. Das brauchen wir, um Sauber noch abzufangen", sagt Teamchef Vijay Mallya. Im Klartext: Nico Hülkenberg soll im Regen auf Pole fahren.
Doch ob das klappt? Für den Emmericher wäre es die Krönung eines erfolgreichen Jahrs, bevor er zu Sauber wechselt. "Nico war einer der Stars dieser Saison. Er lieferte genau die Leistung ab, die wir von ihm erwartet haben und hat dem Team viel gegeben", sagt Mallya.
Der Emmericher freut sich über so viel Lob: "Es war keine einfache Entscheidung, das Team zu verlassen, aber ich bin froh, mit guten Erinnerungen zu gehen. Jetzt besteht meine Aufgabe darin, dass Jahr mit einem guten Ergebnis stilvoll abzuschließen", so Hülkenberg.
Vom zweiten Piloten kann aktuell nicht besonders viel erwartet werden. Paul di Resta scheint vollkommen außer Form. "Das Problem ist die Verbindung zwischen Reifen und Strecke. Speziell auf rauem Asphalt hat Paul zu kämpfen", offenbart der stellvertretende Teamchef Robert Fernley.
Zeitplan (MEZ):
- Freitag, 13.00 Uhr: 1. Training
- Freitag, 17.00 Uhr: 2. Training
- Samstag, 14.00 Uhr: 3. Training
- Samstag 17.00 Uhr: Qualifying
- Sonntag, 17.00 Uhr: Rennen
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM