Pastor Maldonado? Ich bin ehrlich, ich konnte es selbst bei der Zieldurchfahrt noch nicht fassen, dass er in einem Williams in Barcelona gewonnen hat. Von wegen Referenzstrecke für die Stärke eines Autos. Aber all diese alten Binsenweisheiten gelten anno 2012 ohnehin nicht mehr.
Egal ob Teams, Fahrer oder Experten: Wir können alle nur auf das reagieren, was auf der Strecke so passiert. Prognosen sind der blanke Horror. Hier also meine Reaktion auf das letzte Wochenende.
Meine Wertung für den Spanien-GP:
Platz 1, Pastor Maldonado: Wer sonst? Sein Sieg ist die größte Sensation seit Giancarlo Fisichella 2003 im Jordan in Brasilien. Wahrscheinlich ist sie sogar noch größer. So ungefähr in Olivier-Panis-Monaco-1996-Dimensionen. Nur diesmal lief alles völlig regulär ab. Kein Regen, kein Chaos, einfach nur eine verdammt starke Fahrt in einem verdammt starken Auto.
Platz 2, Lewis Hamilton: Bei aller berechtigten Euphorie um Maldonado darf man nicht vergessen, dass Hamilton ohne die für ihn persönlich extrem unglückliche Disqualifikation im Qualifying höchstwahrscheinlich das Rennen gewonnen hätte. Seine Pole-Runde war der Hammer, seine Aufholjagd im Rennen von 24 auf 8 ebenfalls. Und das mit nur zwei Boxenstopps! Wäre der Sensationsfaktor bei Maldonado nicht so groß, müsste Hamilton eigentlich auf Platz eins des Rankings stehen.
Platz 3, Fernando Alonso: An einem normalen Rennwochenende hätte auch die Leistung von Alonso für eine Siegchance im Ranking gereicht. Exzellentes Qualifying, grandioser Start, fehlerloses Rennen. Seine Lichtjahre Vorsprung auf Teamkollege Massa kann man schon gar nicht mehr ernsthaft als Maßstab anführen. Der Brasilianer ist schon lange nur noch der Statist im anderen Auto. Alonso bietet hingegen Rennen für Rennen eine tolle Ferrari-One-Man-Show.
Platz 4, Kamui Kobayashi: Hätte er im Qualifying keine technischen Probleme gehabt, hätte er in einer der ersten beiden Startreihen stehen können. Bedenkt man zusätzlich, was er von Position neun aus im Rennen geleistet hat, hätte er zumindest mit Grosjean um Rang vier kämpfen können. Daher gebe ich ihm diese Position im Ranking.
Platz 5, Kimi Räikkönen: Er selbst war mit seinem Ergebnis nicht ganz zufrieden. Er hat selbst mit dem Sieg gerechnet, das hat man ihm angemerkt. Dafür, dass es nicht geklappt hat, hat er aber nicht nur die Strategie verantwortlich gemacht. Er hat auch von eigenen Fehlern gesprochen. Die waren für mich nicht erkennbar. Ich habe wieder eine sehr starke Leistung des Iceman gesehen. Er sieht bei seinem Comeback deutlich besser aus als Michael Schumacher. Das muss man so sagen, auch wenn es aus deutscher Sicht etwas wehtut.
Platz 6, Romain Grosjean: Ganz frei von Fehlern ist der junge Mann immer noch nicht und die Konstanz eines Räikkönen über die Renndistanz fehlt ihm auch noch. Aber Grosjean ist sauschnell und fährt mittlerweile auch sicher die Punkte nach Hause. Er ist definitiv in der Formel 1 angekommen, auch wenn ihm Maldonado diesmal die Show gestohlen hat.
Platz 7, Sebastian Vettel: Im Qualifying hat er von Anfang an mit stumpfen Waffen gekämpft und war mehr oder weniger zur Untätigkeit verdammt. Was seine Durchfahrtsstrafe im Rennen angeht, hat er seinen Fehler inzwischen selbst eingestanden und akzeptiert, dass er es "hätte besser machen können". Regeln sind nun mal Regeln, ob sein Vergehen nun eine Kleinigkeit war oder nicht. Sehr gut gefallen hat mir sein Kampfgeist in den letzten Runden, in denen er noch einmal wichtige WM-Punkte gerettet hat. Das Teamduell gegen Webber hat er glasklar gewonnen.
Platz 8, Nico Hülkenberg: Ein Sieg im engen Teamduell mit di Resta. Das allein ist für ihn im Comeback-Jahr schon unglaublich wichtig. Wenn dabei dann noch ein WM-Punkt herausspringt, umso besser. Seine Verteidigung gegen den deutlich schnelleren Webber hinter ihm in den letzten Runden war große Klasse. Er hat sich diesen zehnten Platz wirklich hart erarbeitet.
Platz 9, Nico Rosberg: Er hat getan, was er im unerwartet schwachen Mercedes tun konnte. Nach gutem Qualifying fuhr er ein solides Rennen, bis ihn am Ende die Reifen verlassen haben. Von da an war er wehrlos, hat aber immerhin Hamilton hinter sich halten können. Rosberg war gut, aber andere haben diesmal auffälligere Rennwochenenden hingelegt.
Platz 10, Sergio Perez: Da sich sonst niemand mehr für die Punkteränge aufgedrängt hat, gebe ich den letzten Zähler Perez für sein sehr starkes Qualifying. Dass er im Rennen gleich in der ersten Kurve mit geplatztem Reifen alle Chancen eingebüßt hat, ist schade. Er hätte mindestens da landen können, wo Teamkollege Kobayashi ins Ziel kam - auf Platz fünf.
Härtefall, Michael Schumacher: So langsam hat er die Schnauze von seinem verkorksten Saisonstart voll. Das war seiner Reaktion nach dem Crash mit Senna deutlich anzumerken. So energisch, wie er das Lenkrad weggeschmissen hat, war klar, dass er richtig bedient war. Senna über Funk als "Idioten" zu beschimpfen, war dann auch nicht gerade die feine Art.
Zumal ich der Rennleitung insofern zustimme, dass keineswegs Senna an dem Crash schuld war, wie Schumacher behauptet hat. Schumi war derjenige, der aufgefahren ist, also trägt er zumindest eine erhebliche Teilschuld. Den Rekordchampion aber gleich so hart zu bestrafen - fünf Startplätze Verlust ausgerechnet in Monaco sind richtig bitter - war auch unnötig. Das Ganze war ein Missverständnis, nicht mehr und nicht weniger.
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM