Streckendaten:
- Name: Circuit of The Americas
- Ort: Austin, Texas
- Länge: 5,513 Kilometer
- Runden: 56
- Renndistanz: 308,513 Kilometer
- Kurven: 9 Rechtskurven, 11 Linkskurven
Darauf kommt es an: Der Circuit of The Americas bietet viele Passagen, die an bereits bekannte Kurse erinnern. "Ich sehe Elemente aus Silverstone, aus Istanbul und sogar ein bisschen Hockenheim", analysiert McLaren-Pilot Jenson Button. Die vom Aachener Architekten Hermann Tilke geschaffene Strecke ähnelt nach Meinung von Mercedes-Sportchef Norbert Haug aber nicht den übrigen neuen Anlagen: "Austin bietet nicht die klassische Retortenstrecke, sondern einen fordernden Kurs mit beträchtlichen Höhenunterschieden."
Das ständige Auf und Ab ist charakteristisch für Austin. "Wir haben jeden Hügel ausgenutzt, es geht andauernd berghoch und bergrunter", erklärt Tilke. Die reinste Buckelpiste: Von der Pole Position bis zur ersten Kurve sind es lediglich 250 Meter, auf denen jedoch ein Höhenunterschied von 41 Metern bewältigt wird. Vor Ort wirkt der Anstieg wie eine Wand. Beim Anbremsen sehen die Piloten den Scheitel der Kurve nicht, weil dieser hinter der Kuppe des Berges liegt. Die breite Gerade verleitet zudem, zu früh nach innen zu ziehen. Durch diesen Fehler geht den Piloten am Ende der Kurve die Strecke aus. Im Rennen, besonders kurz nach dem Start, droht hier ein ordentlicher Crash.
Die folgende Streckenpassage erinnert an den ersten Sektor in Suzuka und die Maggots-Becketts-Passage in Silverstone. Die ultraschnellen Kurven mit weitem Radius sind der Grund, warum die Teams ihre Autos trotz einer sehr langen Geraden in Sektor zwei mit viel Abtrieb ausstatten werden. Neben der Strecke liegt in den schnellen Kurven eine 50 Meter breite Asphaltzone, die Fahrfehler verzeiht. Turn 8 wird wahrscheinlich langsamer durchfahren werden als eigentlich möglich. Der Grund ist die direkt folgende Kurve neun, die die Piloten von außen anfahren müssen, um auf dem Bergabstück zur Haarnadel genug Geschwindigkeit aufzubauen. Beim Anbremsen drohen sonst Überholmanöver, die sich allerdings kaum lohnen werden.
DRS-Zone vor dem Hockenheim von Texas
Die einzige DRS-Zone hat die FIA samt Messpunkt auf die direkt folgende, über einen Kilometer lange Gegengerade gelegt. Auf 690 Metern können die Piloten hier den Heckflügel flach stellen und so vor Turn 12 die beste Überholmöglichkeit des Kurves nutzen. Danach geht es in das texanische Hockenheim-Motodrom. Die Kurven 12 bis 15 werden allesamt im ersten und zweiten Gang gefahren. Gefahr für die Pirelli-Slicks droht bei der letzten der vier Kurven. Der Linksknick wird bei eingeschlagenem Lenkrad angebremst. Da das linke Vorderrad somit entlastet ist, droht es zu blockieren.
Anschließend folgt der Istanbul-Abschnitt. Die Kurven 16 bis 18 ähneln dem bei den Fahrern beliebten Turn 8 in der Türkei, wobei die US-Variante mit dem Dreifachscheitel voll gefahren werden kann. Wer hier genug Speed aufbauen kann, hat vor der Zielkurve nochmals die Möglichkeit, an einem Konkurrenten vorbeizuziehen. "Im Simulator haben wir festgestellt, dass man im kurvigen letzten Abschnitt sogar noch einmal überholen kann. Komischerweise, denn nach der Theorie dürfte das nicht klappen", erklärt Architekt Tilke.
Wetter-Prognose:
- Freitag: leicht bewölkt, 17-20 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
- Samstag: leicht bewölkt, 18-21 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
- Sonntag: leicht bewölkt, 19-22 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
Reifen: Hart und Medium. Auch für Pirelli ist die neue Strecke ein Schritt ins Unbekannte. Weil dort bisher auch in anderen Serien noch kein einziges Rennen ausgetragen wurde, fehlen sämtliche Erfahrungswerte. Der italienische Reifenhersteller hat deshalb für die Premiere die konservativste Variante gewählt: den harten P Zero Silver und den mittelharten P Zero White. Ein Grund für die Entscheidung waren die prognostizierten hohen Temperaturen. Allerdings ist die in den letzten Tagen deutlich gefallen, was die Teams vor Probleme stellen könnte, weil die Fahrbahnoberfläche relativ glatt und zudem dreckig ist.
"Angesichts der Asphalt-Proben sowie der Simulations-Daten gehen wir davon aus, dass dieser Kurs ziemlich anspruchsvoll sein wird", erklärt Pirellis Motorsportdirektor Paul Hembery. "Auch die Nominierung für Abu Dhabi war konservativ, und dennoch sahen wir eines der spannendsten Rennen des Jahres." Jeder Fahrer erhält zudem in den Sessions am Freitag einen zusätzlichen Satz Slicks. Die Teams können so noch mehr Daten sammeln, um eine Rennstrategie zu entwickeln.
Favoriten:
Red Bull: Ein kurzes Rechenspiel sei erlaubt: Sebastian Vettel sichert sich bei seinem 100. Grand Prix seine dritte Formel-1-Weltmeisterschaft in Folge, wenn er 15 Punkte mehr holt als sein einzig verbliebener Konkurrent Fernando Alonso. Gewinnt der Deutsche in Texas, darf der Spanier dafür maximal Fünfter werden.
Fällt Alonso aus, reicht dem Heppenheimer sogar ein Podestplatz zur vorzeitigen Entscheidung. Dass Red Bull nach dem Wochenende als Kontrukteurs-Weltmeister feststeht, ist unterdessen so gut wie sicher. Ferrari bräuchte den Sieg, einen weiteren Podestplatz und einen Doppelausfall der Red Bull, um die rechnerischen Chancen aufrecht zu erhalten.
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Zurück zur Realität: Nach dem Rechtwinkelkurs von Abu Dhabi stehen in den Vereinigten Staaten wieder mehr Hochgeschwindigkeitskurven auf dem Programm. Das Layout ähnelt Suzuka, wo die RB8 Anfang Oktober haushoch überlegen waren. Im Normalfall bringen die Teams zwar in den letzten Rennen vergleichsweise wenig Neuentwicklungen, doch weil die WM derart eng ist, kündigte Red Bull schon vor Wochen an, dass Auto bis zum letzten Grand Prix weiterzuentwickeln. "Volle Attacke" versprach Vettel, um Alonso auf Distanz zu halten. "Als Jäger kannst du den Spieß noch umdrehen und als Führender kannst du noch alles verlieren."
Bei den Young-Driver-Tests nach dem Abu-Dhabi-GP fuhren die Red-Bull-Nachwuchspiloten umfangreiche Techniktests. Antonio Felix da Costa fuhr eine riesige Messapparatur am Seitenkasten spazieren, um den Ingenieuren ein Bild von der Luftströmung seitlich am Auto zu zeichnen. Das geteste DRD-System, mit dem Lotus und Mercedes schon experimentierten, wird allerdings erst im kommenden Jahr als Nachfolger des dann verbotenen Doppel-DRS zum Einsatz kommen.
Trotzdem: Red Bull geht als unangefochtener Favorit ins Wochenende. Das hohe Abtriebs-Niveau liegt dem RB8 mehr als den übrigen Autos. "Die Vorzeichen stehen gut, er hat definitiv das stärkste Paket", erklärte auch Michael Schumacher.
Ferrari: Auch in Maranello wird weiter fleißig gewerkelt, um Fernando Alonso endlich ein siegfähiges Auto zu geben. "Das Team gibt wirklich alles, um ihm ein bestmögliches Fahrzeug bereitzustellen", sagte der Ex-Testfahrer der Scuderia, Marc Gene, in der spanischen Zeitung "El Confidencial". Neben dem Young-Driver-Test sollen die Italiener noch weitere Aerodynamik-Tests absolviert haben.
Da Tests auf normalen Kursen verboten sind, nutzen die Teams für Aerodynamik-Tests lange Geraden. Im spanischen Idiada wurden laut "Marca" ein überarbeiteter Heckflügel und ein veränderter Diffusor am F2012 getestet. Die Updates sollen das größte Problem Ferraris beheben: Der zu geringe Topspeed-Gewinn bei aktiviertem DRS führte zuletzt immer wieder zu schlechten Startplätzen, während die Pace im Rennen mehr als konkurrenzfähig war.
Schlagen die neuen Teile nicht extrem gut ein, bleibt Alonso weiterhin nur die Hoffnung auf Regen oder Patzer bei Red Bull. "Machen wir uns nichts vor: Vettel sitzt verglichen mit Alonso definitiv im besten Auto", stellte Ex-Formel-1-Fahrer Anthony Davidson bei "Sky Sports F1" klar. "Ich denke, das Einzige, was Vettel im Weg steht, sind die Zuverlässigkeit und Fehler des Teams."
McLaren: Was sich Ferrari bei Red Bull erhofft, ist bei McLaren fast Standard. Die Briten kämpfen nicht mit Performance- sondern mit Zuverlässigkeitsproblemen. In Singapur und Abu Dhabi fiel Lewis Hamilton in Führung liegend aus, weil sein Auto den Geist aufgab. "Wir können es besser als zuletzt gezeigt. Unser Auto war bei fast allen Rennen schnell, bei vielen Grands Prix sogar das schnellste", erklärte Teamchef Martin Whitmarsh zuletzt.
Hamilton und Jenson Button könnten auch in den USA zum härtesten Konkurrenten für Red Bull aufsteigen. Geschäftsführer Jonathan Neale kündigte neue Teile für Austin an. Hamilton hat sich zudem äußerst intensiv vorbereitet: "Ich war auf der PS3 und im Simulator auf dieser Strecke unterwegs und glaube, dass der Kurs den Fahrern gefallen wird. Ich wäre gern der erste Grand-Prix-Sieger dort", so Hamilton gegenüber der "Sun". Immerhin: Den bisher letzten USA-GP 2007, bei dem Vettel sein Debüt feierte, entschied der Brite für sich.
Lotus: Nach dem ersten Sieg für Kimi Räikkönen seit seinem Comeback ist die Spannung beim Team merklich gefallen. Der Finne kündigte nach dem Triumph an, zwei Wochen durchzufeiern. Da er die Simulator-Arbeit zudem verweigert, ist sein Kenntnisstand der Strecke etwas dürftig. "Ich weiß gar nichts über Austin, nur den Namen Circuit of the Americas", so Räikkönen, der sich dennoch auf das Wochenende freut. "Ich mag die amerikanische Einstellung. Es ist eine entspannte Atmosphäre. Sie wissen, wie man Spaß hat und lieben den Rennsport."
Das frühere Renault-Team hat für Austin ein Upgrade des Coanda-Auspuffs im Gepäck, das sechs PS mehr aus dem Renault-Motor kitzeln soll. Zudem hat die Entwicklungsabteilung in Enstone eine neue Version des Frontflügels fertig gestellt. "Dass wir im späten Oktober solche Updates bringen können, die unser Auto schneller machen und den Anschluss an die Besten herstellen, ist ein klarer Beweis dafür, dass unser Team die nötigen Leistungen bringen kann", freute sich Teamchef Eric Boullier. Die Eindrücke von Testfahrer d'Ambrosio dürften ein weiterer Vorteil sein, was das Feintuning des Set-ups am Freitag angeht.
Die übrigen Teams:
Sauber: Der USA-GP ist das Heimrennen von Sergio Perez. Das klingt zwar komisch, weil der Sauber-Pilot Mexikaner ist, doch der Kurs liegt nah an der Grenze zu seinem Heimatland. Etwa 30.000 Fans aus Mittelamerika erwarten die Verantalter. Dementsprechend groß ist die Erwartunghaltung, in die das Team einstimmt. "Wenn er dazu beitragen kann, dass wir uns am Jahresende in einer fantastischen Position befinden, dann spricht das ja auch für ihn", sagte Teamchefin Monisha Kaltenborn. Noch immer kämpfen die Schweizer in der Konstrukteurs-WM gegen Force India und Mercedes. Kamui Kobayashi hat dagegen ganz andere Hoffnungen: "Bislang habe ich in den USA nur New York und Las Vegas besucht. Ich weiß, dass Texas komplett anders ist. Hoffentlich sehe ich dort ein paar Cowboys."
Force India: Beim Team von Vijay Mallya haben sich die Hoffnungen, Sauber noch abzufangen, nach dem schlechten Abschneiden in Abu Dhabi fast in Luft aufgelöst. "Der Kampf ist noch nicht zu Ende. Aber realistisch gesehen, dann sind die Chancen, dass wir Sauber noch einholen, ein bisschen begrenzt", gab Teamchef Bob Fernley zu. Mittlerweile versuchen die Inder sich gegen die wiedererstarkten Williams zu verteidigen.
Mercedes: Bei den Silberpfeilen ist weiterhin nur eins wichtig: Die Entwicklung für 2013. Sämtlich Ressourcen im Werk sind aufs kommende Jahr ausgerichtet, am Freitag werden wieder neue Teile getestet. Das zu Saisonbeginn einzigartige DRS hat Ross Brawn gegenüber "Autosprint" mittlerweile als Fehlentwicklung eingestuft: "Wir kamen zu dem Schluss, dass das Doppel-DRS zwar ein gutes Konzept ist, uns aber in anderen Bereichen langsamer macht. Als klar wurde, welches Potenzial andere Philosophien bieten, hätten wir vielleicht den Schritt zurück gehen sollen." Immerhin: Die geringen Temperaturen könnten Mercedes in die Karten spielen, weil die Reifen der Silberpfeile sich stärker erhitzen als die der Konkurrenz.
Zeitplan (MEZ):
- Freitag, 16.00 Uhr: 1. Training
- Freitag, 20.00 Uhr: 2. Training
- Samstag, 16.00 Uhr: 3. Training
- Samstag 19.00 Uhr: Qualifying
- Sonntag, 20.00 Uhr: Rennen
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM