Packt Rosberg dreckige Tricks aus?

Nico Rosberg steht beim letzten Saisonrennen zum 11. Mal auf der Pole
© mercedes amg petronas

Lewis Hamilton reicht beim Saisonfinale der Formel 1 auf dem Yas Marina Circuit (So., 14 Uhr im LIVE-TICKER) der zweite Platz zum Gewinn der WM - egal, was Nico Rosberg leistet. Doch der Deutsche darf ernsthaft auf eine Überraschung hoffen, mit der er den Titelkampf für sich entscheidet. Alles hängt vom Start der Williams ab.

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Valtteri Bottas konnte nach dem Qualifying zufrieden sein. Dritter Platz, Best-of-the-Rest hinter den Mercedes und beliebter als je zuvor. "Ich hab Valtteri angeboten, dass ich ihm heute einen Wellness-Abend ausgebe: Spa-Session, all inclusive - damit er morgen in super Form ist und die Wahnsinnsperformance rausholt und das Unmögliche vollbringt", sagte Rosberg mit einem Lächeln auf den Lippen.

Seine elfte Pole Position in dieser Saison hatte er schnell abgehakt. Allen bei Mercedes geht es an diesem Wochenende nur um das Rennen am Sonntag und die damit verbundene Entscheidung in der Fahrer-WM. 17 Punkte Vorsprung gilt es für den Deutschen aufzuholen, dafür braucht es Probleme beim Teamkollegen.

"Heute hat er ein bisschen Nerven gezeigt. Vielleicht zieht sich das durch bis morgen. Das wäre schön. Ich brauche ein bisschen Hilfe von ihm", machte Rosberg noch mal klar. Seit Tagen feuert er dauerhaft Seitenhiebe, bis zum Rennen wird er das fortsetzen: "In Brasilien hat er den Fehler im Rennen schon gemacht. Das sind die Chancen, die ich morgen im Rennen holen muss."

Die erste Gelegenheit gibt es beim Start: Rosberg muss seine Führung halten, wenn gleichzeitig einer der Williams an Hamilton vorbeikommt, könnte der Engländer in Probleme geraten. "Wir haben oft gesehen, dass wir schnell auf den Geraden sind. Das hilft beim Verteidigen und spielt uns in die Karten", erklärte Bottas.

Rosberg: "Überholen ist unmöglich"

"Ich habe im 2. Freien Training getestet, wie man hier überholen kann und bin extra ein paar Runden hinter Kimi hergefahren", erklärte Rosberg: "Es ist unmöglich - und ein Ferrari ist auf der Geraden nicht so stark wie ein Williams."

Im Qualifying war der Finne fast zehn Stundenkilometer schneller als Hamilton. Die ersten beiden Sektoren gehörten den Williams, nur im engen und überholunfreundlichen dritten Streckenabschnitt verloren die Piloten des Mercedes-Kundenteams Zeit. Da wird Hamilton aber kaum überholen können.

Das Argument, dass die Williams am Freitag eine Sekunde langsamer bei den Volltanktests waren, zählt zudem nicht. Zwar stimmt es, dass Bottas durchschnittlich 0,9 Sekunden pro Longrun-Runde verlor, doch die Differenz auf einer fliegenden Runde war dieselbe und am Samstag waren sie plötzlich nah dran.

Williams ist dafür bekannt, am Freitag mit mehr Benzin im Tank zu fahren. Sie legen bei ihrer Datensammlung eine andere Vorgehensweise an den Tag als der neue Konstrukteursweltmeister. Somit dürfte der Rückstand von Massa und Bottas auch hier deutlich sinken.

Knickt Hamilton ein?

Ein weiterer Vorteil für Rosberg: Hamiltons Psyche dürfte einen Knacks bekommen haben. Während der Deutsche selbst auf der Pressekonferenz alle möglichen Szenarien des Rennens durchspielte und dem Konkurrenten dessen Fehler öffentlich vorhielt, um den Druck weiter zu erhöhen, zog sich der WM-Führende in ein Schneckenhaus zurück.

"Ich schenke Nicos Sprüchen keine Aufmerksamkeit", bekundete Hamilton zwar. Doch stimmt das? Die meisten Fragen beantwortete Hamilton in einem Satz, die miese Stimmung war ihm nach der Quali deutlich anzumerken.

Im Rennen nur den zweiten Platz absichern und damit Weltmeister werden? Nein, danke. "Das ist nicht mein Stil", sagte er: "Das entscheiden wir morgen." Zumindest seine Entscheidung, im Qualifying alles auf eine Karte zu setzen, ist nach hinten losgegangen. Ein weiterer Fehler scheint nicht ausgeschlossen.

Brundle: "Das tut Hamilton sonst nie"

"Er erhöht einfach während Q3 im Vergleich zu anderen Momenten den Druck aufs Bremspedal", analysierte "SkySports"-Experte Martin Brundle beim Betrachten der Verbremser: "Das war ein dreckiges Qualifying von Lewis, er hätte locker nur Fünfter sein können. Er überfährt das Auto einfach zum Schluss, das tut er sonst nicht. Es hat seinen Stolz verletzt, dass er so abgehängt wurde."

Selbst die Mercedes-Verantwortlichen fanden ob der Leistung ihres internationalen Aushängeschilds überraschend kritische Worte. "Schlampig" nannte Motorsportdirektor Toto Wolff die Leistung. "Nico wird gut schlafen, Lewis nicht. Er wird darüber nachdenken", kündigte Aufsichtsratschef Niki Lauda an: "Morgen kann alles passieren."

Tritt Rosberg absichtlich auf die Bremse?

Die Taktikspielchen werden zudem nach dem Start nicht abgeschlossen sein. Rosberg überlegt offenbar, ganz tief in die Trickkiste zu greifen und absichtlich den Fuß vom Gas zu nehmen. Würde er Hamilton absichtlich einbremsen? "Das behalte ich für mich", ließ der 29-Jährige wissen.

"Jetzt kommt es zum Showdown. Jede Ermahnung wäre kontraproduktiv. Sie sollen frei sein, sie sollen machen können, was sie wollen, um Weltmeister werden zu können", machte Lauda gegenüber der "FAZ" Lust auf das Rennen. So ist die Aussicht auf ein Spektakel ungetrübt.

"Die Chance einer Karambolage ist groß, weil es im Kampf um die WM um den entscheidenden Schlag geht", so Lauda: "Das Risiko muss man wohl akzeptieren, weil wir sie frei fahren lassen, es ist jedenfalls wesentlich höher als bislang." Nur eine Variante des Titelgewinns geht für Rosberg unter keinen Umständen: ein technischer Defekt bei seinem Stallgefährten: "So will ich nicht Weltmeister werden."

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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