"Für mich war es eher ein bescheidenes Wochenende", sagte Vettel direkt nach seinem frühen Aus in der fünften Runde. Nachdem die FIA seinen Teamkollegen disqualifizierte, gilt seine Einschätzung für das gesamte Weltmeisterteam. Die Probleme mit dem Motor könnten weiter anhalten.
Schon um 20.17 Uhr Ortszeit und damit fast zweieinhalb Stunden nach Ende des Rennens flatterte die erste unheilvolle Botschaft bei Red Bull ein. "Während des Rennens hat das Auto mit der Startnummer 3 konstant die maximal erlaubte Benzindurchflussmenge von 100 Kilogramm pro Stunde überschritten", teilten die technischen Delegierten des Automobilweltverbands FIA mit und überließen die Entscheidung über eine Strafe den Stewards.
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Red Bull hatte damit gegen Artikel 5.4.1. des technischen Reglements verstoßen. Um PS-Exzesse während des Qualifyings zu verhindern, wurde nicht nur der Verbrauch im gesamten Rennen auf 100 Kilogramm beschränkt, sondern auch der maximal zulässige Durchfluss auf 100 Kilogramm pro Stunde begrenzt. Damit hatte das Weltmeisterteam nicht zum ersten Mal Probleme.
Erste Warnungen nach dem 3. Training
Schon im 3. Freien Training am Samstag war Red Bull von der FIA gewarnt worden. Das offenbarte "Auto Motor und Sport". Der Automobilweltverband hatte Spitzen beim Benzinverbrauch in Vettels Auto gemessen, die über der erlaubten maximalen Durchflussmenge lagen. Renault musste die Steuerung des Motors neu programmieren. Um Fehler des Sensors zu verhindern, wurde zudem die Frequenz der Messung bei allen Teams geändert.
Bei Ricciardo schienen die Änderungen im Qualifying anzuschlagen, zur Sicherheit wurde vor dem Rennen das Messgerät gewechselt, Vettel kam mit einem fast unfahrbaren Auto über Rang zwölf im Qualifying nicht hinaus. "Uns fehlt noch die Sicherheit, die Software konstant in den Griff zu bekommen", gab Renault-Einsatzleiter Remi Taffin nach der Quali zu und hätte dasselbe Statement am Sonntag wiederholen können.
Dabei war es der französische Hersteller, der mit Vehemenz für die Einführung der neuen Motorenformel und für die Abschaffung der veralteten V8-Technik kämpfte. Das Downsizing sollte sogar so weit gehen, dass die F1-Autos nur noch von vier Zylindern angetrieben werden. Dass ausgerechnet Renault nun riesige Probleme hat und die eigene Technik offenbar überhaupt nicht versteht, wirft ein schlechtes Licht auf den Hersteller.
Für alle drei Motorenhersteller sind die Voraussetzungen der FIA gleich. Bei Mercedes und Ferrari gab es keinerlei Beanstandungen, Renault muss dagegen neben einer Disqualifikation auch noch die Ausfälle von Marcus Ericsson, Pastor Maldonado und Romain Grosjean bewältigen.
"Die Messungen sind präzise und zuverlässig"
"Die Messungen sind präzise und zuverlässig", erklärte Mercedes-Motorenchef Andy Cowell Alle Teams haben ihre eigenen Verbrauchsmessungen über die Einspritzdaten. Bei Unregelmäßigkeiten wird die FIA ihre Werte mit denen von den Teams abgleichen. So haben wir ein Sicherheitsnetz."
Red Bull bekam von der FIA am Sonntag während des Rennens sogar Warnungen, dass bei Ricciardo abermals Spitzen auftraten. Das Team änderte aber nichts, was die Formulierung einer konstanten Überschreitung erklärt. Allerdings hatte Red Bull offenbar bereits am Freitag Probleme mit dem Fuel Flow Meter, das bei verschiedenen Runs unterschiedliche Werte ermittelte.
"Die von der FIA bereitgestellten Durchflussmengenmesser haben sich bei allen Teams als problematisch erwiesen", widersprach Teamchef Christian Horner nach Entscheidung der Rennleitung: "Es gab Diskrepanzen und sie sind unzuverlässig. Tatsächlich könnten einige Autos während des Rennens sogar ohne gefahren sein oder sie könnten im Rennen versagt haben."
Da das eigene System kalibriert sei, habe sein Team auf die eigenen Werte vertraut, erklärte Horner. Fünf Stunden und 15 Minuten nach der Zieldurchfahrt bekam er die Quittung und hat nun 96 Stunden Zeit, die Berufung offiziell anzumelden.
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Für den Rennstall aus Milton Keynes bedeutet die Entscheidung Unheil, sofern die FIA den Protest ablehnt. Ricciardos RB10 hat offenbar sogar die fünfprozentige Toleranzgrenze überschritten. Ist die Einspritzmenge des Benzins größer, steigt die Leistung des Motors zwangsläufig. Der Rückstand von Ricciardo in Qualifying und beim Überqueren der Ziellinie wäre bei regelgerechter Einspritzung also größer ausgefallen.
Renault hat nicht genug Leistung
Schon bei "Servus TV" hatte Berater Helmut Marko für Aufsehen gesorgt, als sich Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda verplapperte und die Leistung des Aggregat aus Brixworth bezifferte. "Der Benzin-Motor hat ungefähr 580 PS. Dann kommt elektrisch", sagte der frühere Dreifachweltmeister. Marko antwortete: "Ich wäre froh, wenn ich 580 PS hätte."
Die Probleme bei Red Bull und Renault wachsen, zumal zuletzt nicht der Verbrennungsmotor sondern die Energierückgewinnung Probleme machte. "Man hat es ja gesehen, ich war sehr unterlegen", sagte Weltmeister Vettel nach dem Ausscheiden in Melbourne: "Wir haben alles versucht, das Auto wachzurütteln, zum Leben zu erwecken, aber es hat nicht funktioniert."
Statt die Schuld dem Motorenhersteller zuzuschieben, versuchte sich der Heppenheimer als Motivator. "Natürlich sind gerade die Renault-Leute jetzt extrem enttäuscht. Aber wir sind ein Team, hängen da zusammen drin und deswegen habe ich direkt gesagt: "Kopf hoch." Weiterarbeiten, sich verbessern, das Gewesene schnellstmöglich vergessen - es scheint die beste Taktik in der aktuellen Situation.
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