Schadensbegrenzung im Rambo-Modus

Lewis Hamilton ging in Hockenheim hohes Risiko - und kollidierte nicht nur mit Kimi Räikkönen
© getty

Lewis Hamilton hat mit dem dritten Platz beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring Schadensbegrenzung nach seinem Crash im Qualifying betrieben, obwohl sein Teamkollege Nico Rosberg in der Formel-1-WM den Vorsprung ausbaute. Wie der Engländer das machte, gefiel aber nicht jedem.

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"Er ist mir ins Hinterrad gefahren. Mehr will ich dazu nicht sagen", erklärte Jenson Button, um dann doch fortzufahren: "Er hat wohl gedacht, ich lasse ihn durch. Aber ich fahre auch mein Rennen. Es wäre langweilig, wenn wir ihn alle einfach durchlassen, wenn er sich durchs Feld arbeitet." Dass der McLaren-Pilot etwas angesäuert war, ist verständlich. Hamilton schickte sich in der 30. Runde an, zu ihm aufzuschließen und bremste sich in der Haarnadelkurve brutal neben seinen ehemaligen Teamkollegen.

"Das war unglücklich. Er hat sich super verhalten bei den letzten Rennen und mich nicht aufgehalten, wenn ich zum Überholen angesetzt habe, er hat mir Raum gelassen", erklärte der Angeklagte: "Ich bin also auf die Innenbahn gefahren und dachte, ich schaffe es nicht. Dann sah es so aus, als würde er den weiten Bogen fahren, aber er ist reingezogen und wir sind kollidiert. Ich hoffe nur, dass es seinem Rennen nicht geschadet hat."

Ein Fehler war es allerdings nicht. Der 29-Jährige nutzte nur jede Möglichkeit, nach vorne zu kommen. Schon zuvor war er dem Sauber seines früheren Freundes Adrian Sutil kurz nach dem Start an derselben Stelle leicht in den Seitenkasten gefahren, wenig später war Kimi Räikkönen dran, dem er in Runde 13 ein Stück des Frontflügels abfuhr, als er sich vor Kurve 6 das erste Mal verschätzte und die Räder blockierten.

Mercedes musste Hamiltons Strategie anpassen

"Ich habe das noch nicht analysiert, um die wahren Auswirkungen zu sehen", sagte Mercedes' Technischer Direktor Paddy Lowe später: "Im zweiten Stint hat er aber Balance verloren. Wir sind auf drei Stopps gegangen, um den Flügel anzupassen. Damit haben wir es wieder dorthin gebracht, wo es sein soll."

Von Startplatz 20 auf das Podium ist keine Selbstverständlichkeit - selbst mit dem scheinbar überlegenen Mercedes. "Bei Lewis ist immer Glory und Drama. Die Aktion mit Jenson hätte richtig ins Auge gehen können. Da kann er glücklich sein, dass er mit einem kleinen Schaden bis zum Ende gekommen ist", gab selbst Motorsportdirektor Toto Wolff zu: "Ohne das Problem wäre das Auto aber deutlich schneller gewesen. Da hat er richtig Abtrieb verloren."

Analyse Rosberg rockt den Ring

Das Problem: Weil Hamilton sich bei dem Crash mit Button das linke Ende des Frontflügels abhobelte, rutschte er in schnellen Rechtskurven mehr als zuvor. Das Untersteuern belastete den linken Vorderreifen extrem, zumal alle Hochgeschwindigkeitskurven in Hockenheim rechte sind. Wäre er weniger aggressiv vorgegangen, hätte er Valtteri Bottas wohl sogar noch von Platz zwei verdrängen können.

"Wer sagt das?", fragte Hamilton die Journalisten nach dem Rennen: "Klar, ich habe ein kleines bisschen Anpressdruck verloren. Aber vom 20. auf den 3. Platz und aufs Podium zu kommen ist ein großartiges Gefühl." Es war übrigens der 300. Podestplatz eines Mercedes-Motors in der Formel 1. Ironischerweise holte Bottas mit seinem Ritt auf Platz zwei ebenfalls den 300. Podestplatz - allerdings für sein Williams-Team.

Bottas schreibt wie Hamilton Geschichte

"Am Ende musste er auf seine Reifen achten, Lewis kam von hinten ganz schnell näher" erklärte Claire Williams bei "Sky". Sein Rennstall hatte ihm sogar freigestellt, Hamilton einfach fahren zu lassen, um den dritten Rang zu sichern. Mercedes funkte Hamilton zu Beginn seines letzten Stints zu, der Finne sei ein "Easy Catch".

"Eigentlich unglaublich, dass Lewis nicht vorbeigekommen ist. Wir hatten das eigentlich für unabwendbar gehalten - trotzdem ist es nicht passiert", freute sich die stellvertetende Teamchefin, die ihrem Vater nun berichten kann, in der Konstrukteurswertung an Ferrari vorbeigezogen zu sein und Jagd auf das Weltmeisterteam Red Bull zu machen.

Besonders Bottas' Rennintelligenz beeindruckte. "Ich habe im Rückspiegel gesehen, dass er an seinem linken Vorderrad Graining hatte. Es war also klar, dass es für ihn in den letzten beiden Kurven Probleme geben würde", erklärte der Finne später: "Wenn er im letzten Sektor nahe dran war, war mir das total egal. Dort kommt man sowieso nicht vorbei. Ich habe mich nur auf die wichtigen Stellen konzentriert."

Rosberg mit "Galavorstellung"

Ähnlich abgeklärt präsentierte sich auch Nico Rosberg, der im Gegensatz zu Hamilton nicht den Rambo-Modus brauchte, sondern scheinbar entspannt zum vierten Saisonsieg cruiste. Nachdem er in Silverstone noch seinen ersten Ausfall in der Saison 2014 verkraften musste, nutzte der Deutsche beim Heimspiel in Hockenheim die Gunst der Stunde und sicherte sich nach der Pole Position souverän den Sieg, was Wolff als "Galavorstellung" bezeichnete. Ganz so einfach, wie es schien, war der Sieg nämlich nicht.

"Es gab auch Momente im Rennen, wo es sehr schwierig war. Besonders diese Zweistoppstrategie zum Funktionieren zu bringen, war schwer. Am Ende des Mittelstints waren meine Reifen so was von K.o. - da ging gar nichts mehr", berichtete Rosberg später. Im Schlussstint nahm er deshalb Tempo raus und hätte fast die Quittung bekommen, als sich Adrian Sutil drehte.

"Ich war mir sicher, dass ein Safety Car kommt und ich wusste: Das ist nichts Gutes. Aber es ist gutgegangen und das freut mich", so Rosberg. Wäre das Pacecar aus der Box gefahren, hätte er seinen Vorsprung auf den Teamkollegen und Bottas wieder verloren. Hamilton hätte die Chance auf den Sieg oder zumindest Platz zwei gehabt.

Doch Mercedes trauert dem verpassten Doppelerfolg nicht nach, stattdessen gibt es Lob für FIA-Renndirektor Charlie Whiting. "Jetzt ist der Charlie richtig auf Zack und lässt das Rennen laufen. Das war die richtige Entscheidung", sagte Wolff: "Ich glaube, Charlie hat die Entscheidung bewusst getroffen. Er wollte nicht einfach 15 Runden vor Schluss das Klassement auf den Kopf stellen."

Stand in der Fahrer- und Kontrukteurs-WM

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