Platz 1, Lewis Hamilton: Dass Lewis Hamilton auf eine Runde im Qualifying einer der stärksten F1-Fahrer ist, stand nie zur Debatte. Doch im Rennen? Wenn es darum geht, Sprit zu sparen, um im entscheidenden Moment zuzuschlagen? Sich mit der Aggressivität zurückzuhalten, um Ressourcen zu sparen? Da gab es vor der Saison 2014 starke Zweifel von Journalisten und Experten.
In Malaysia hat der Weltmeister von 2008 seine Kritiker Lügen gestraft. Hamilton war selbst bei hohen Temperaturen und dem extrem rauen, reifenmordenden Asphalt in der Lage, eine lockere Sonntagsfahrt zu absolvieren. Es lag nicht allein am Auto, das er als das beste seiner Karriere bezeichnet. Es lag an Hamilton selbst, der endlich sein Potenzial wieder voll abruft, seit alle privaten Probleme mit Nicole Scherzinger ausgestanden zu sein scheinen.
Schon im regnerischen Qualifying nahm Hamilton Teamkollege Rosberg 0,619 Sekunden ab. Im Rennen war er nach der ersten Runde über zwei Sekunden vorn und fuhr danach fehlerlos, souverän, dominant vorne weg. Pole-Position, Start-Ziel-Sieg, schnellste Rennrunde - der erste Grand Slam in Hamiltons Karriere überhaupt. HAMazing!
Platz 2, Sebastian Vettel: Red Bull ist wieder da, lautete das Fazit nach dem Qualifying. Es hätte heißen müssen: Sebastian Vettel ist wieder da! Der Weltmeister stellte seinen RB10 mit herausragender Fahrzeugkontrolle bei nur 55 Tausendstel Rückstand zum Polesetter auf den zweiten Startplatz, obwohl der Wagen eindeutig noch langsamer war.
Generell neige ich dazu, Qualifyings auf nasser Fahrbahn stärker in meine Bewertung einfließen zu lassen, weil sich hier ein guter Fahrer noch mehr auszeichnen kann. Dass trifft auch bei Vettel zu. Obwohl er den Mercedes im Rennen unterlegen war, setzte er Rosberg zudem anfangs dauerhaft unter Druck. Damit landet er für mich klar auf Platz zwei.
Platz 3, Fernando Alonso: Der Spanier hat bei mir an diesem Wochenende einige Plus-, aber auch einen dicken Minuspunkt gesammelt. Die Kollision mit Daniil Kvyat in Q2 hätte er aus meiner Sicht verhindern können. Und jetzt zum überwiegenden positiven Urteil: Wie Alonso reagierte, war Weltklasse. Nachdem die Ferrari-Mechaniker binnen weniger Minuten die gebrochene Aufhängung ausgetauscht hatten, fuhr er einfach unbekümmert los. Die Performance: brillant.
Der F14 T muss fast unfahrbar gewesen sein, die Spur kann nicht zu 100 Prozent gestimmt haben. Alonso konnte das Lenkrad nach rechts mit einem Finger drehen, bei Linkskurven hatte er selbst mit beiden Händen Probleme. Trotzdem raste er auf nasser Strecke zu Platz vier. Mehr geht einfach nicht! Es war eine herausragende Leistung am chaotischen Samstag. Mehr als Platz vier war im Rennen einfach nicht drin, den holte Alonso aber ohne Probleme. Es wird Alonso einfach nicht gerecht, dass er hinterherfahren muss.
Platz 4, Nico Hülkenberg: Es braucht eigentlich keine Worte mehr, um die allwöchentlichen Leistungen des Deutschen zu beschreiben. Hülkenberg zersägt seine Teamkollegen wie kaum ein anderer. Zur Erinnerung: Perez galt bei Sauber als künftiger Titelkandidat und setzte sich 2013 bei McLaren in den Qualifying-Duellen durch.
Bei Force India hat der Mexikaner aber bisher überhaupt keine Chance gegen Hülkenberg. Der 26-Jährige fuhr in Q2 die fünftschnellste Zeit, während Perez nur auf Platz 14 landete. Die gute Leistung ging am Sonntag direkt weiter. Hülkenberg schaffte als einziger Fahrer im ganzen Feld eine Zwei-Stopp-Strategie durchzuziehen. Mehr als Platz fünf nach einem guten Start war aber nicht drin.
Platz 5, Jenson Button: McLaren war in Sepang aus meiner Sicht eigentlich etwas hinter Williams anzusiedeln, dennoch hielt der Weltmeister Felipe Massa und Valtteri Bottas hinter sich. Eine ordentliche Leistung. Button überholte den früheren Ferrari-Fahrer und Teamkollege Kevin Magnussen anfangs und fuhr dann intelligent. Er sparte Sprit, um immer dann schneller zu sein, wenn es darauf ankam. Besonders vor und nach den Boxenstopps hielt er so Massa hinter sich.
Der einzige Fehler, den ich dem Engländer ankreiden könnte, wäre der zehnte Startplatz. Die Wahl der Intermediates in Q3 war für mich allerdings ein guter und vollkommen verständlicher Poker. Wäre er aufgegangen, hätte Button die vordersten Plätze belegt. Hätte er Full Wets aufziehen lassen, wäre er auch nur ein oder zwei Plätze weiter vorne gestanden. Vom Routinier erwarte ich mir in Bahrain und China viel.
Platz 6, Nico Rosberg: Der Zweitplatzierte und WM-Führende nur auf dem sechsten Platz? Ja. Jedenfalls in meinem Ranking. Rosberg erwischte einen guten Start und sicherte so Mercedes' ersten Doppelsieg seit dem Italien-GP 1955 und beendete sein elftes Rennen in Folge in den Punkten. Es wäre aber mehr drin gewesen, wenn man Teamkollege Hamilton zum Vergleich heranzieht. Der Abstand war aus meiner Sicht zu groß für eine bessere Platzierung.
Rosberg war im Qualifying nicht auf einem Level mit seinem teaminternen Konkurrenten und konnte auch im Grand Prix sein Tempo nicht mitgehen. Hamilton hatte das Auto besser im Griff und keine Probleme mit dem Untersteuern. Daran muss der gebürtige Wiesbadener arbeiten, sonst ist die WM-Führung schon nach dem Europaauftakt beim Spanien-GP wieder weg.
Platz 7, Daniel Ricciardo: Mein erster Gedanke beim Blick auf die Gesamtwertung: 'Hier stimmt doch was nicht!' Ein Fahrer, der ohne einen einzigen WM-Punkt dasteht, ist fast der Führende im Driver-Ranking. Okay, der Reihe nach. Die Disqualifikation in Australien ist mittlerweile zur Genüge thematisiert worden.
In Malaysia hätte Ricciardo Platz vier hinter Teamkollege Vettel sicher gehabt, wenn da nicht Red Bull wäre. Das Team verpatzte den Boxenstopp und schickte Ricciardo zu früh raus. Damit hat sein neuer Rennstall seine ersten drei Rennen vernichtet. Disqualifikation in Australien, vorzeitiges Aus in Malaysia und Strafversetzung in Bahrain. Die hochgesteckten Ziele sind für den Australier nicht realisierbar, wenn ihm weiter Felsbrocken auf den Frontflügel geschmissen werden.
Platz 8, Romain Grosjean: Erstmals in dieser Saison konnte der Franzose andeuten, dass seine guten Resultate 2013 keine Zufallsprodukte waren. Während Maldonado mit dem Lotus wiedermal neben der Strecke unterwegs war, unschuldig in einen Unfall verwickelt wurde und dann bis zum Ausscheiden hinterherfuhr, gelang Grosjean fast der Sprung in die Punkte.
Der Lotus ist alles andere als einfach zu fahren. Grosjean hatte sich und sein Fahrzeug aber bestens unter Kontrolle und kämpfte sogar mit Daniil Kvyat um Platz 10. Dann aber arbeitete der Diffusor plötzlich nicht mehr wie gewünscht, Grosjean wurde etwa eine Sekunde pro Runde langsamer und konnte den elften Platz nur noch ins Ziel retten.
Platz 9, Kamui Kobayashi: Auch der Japaner blieb ohne Punktgewinn und hatte wie Grosjean am Freitag große Probleme, sich überhaupt an die Strecke zu gewöhnen. Nur fünf Runden ließ der Caterham am Trainingstag zu. Sein Qualifying war deshalb mittelmäßig, er ließ aber Max Chilton und Marcus Ericsson hinter sich. Die Stunde des früheren Toyota-Zöglings schlug erst am Sonntag.
Weil er später stoppte, kämpfte er mit Autos, die nicht die Kragenweite seines Caterham hatten. Trotzdem schlug sich Kobayashi achtbar und hielt einige Konkurrenten länger auf, als es ihnen Recht war. Der Japaner blieb konzentriert und ließ sich davon nicht ablenken. Einen unnötigen Zeitverlust durch zu intensive Kämpfe auf verlorenem Posten vermied er und baute seinen Vorsprung auf seine Konkurrenten so auf über 50 Sekunden aus. Respekt!
Platz 10, Kimi Räikkönen: Der Iceman war in Malaysia neben Ricciardo der zweite große Pechvogel. Anfangs schien er mit Alonso auf Augenhöhe zu sein, dann kam der bremsende Regen und schließlich Kevin Magnussen. Der Rookie verbaute Räikkönen das Rennen. Eine Runde auf drei Reifen kostete ihn massig Zeit, der beschädigte Unterboden machte eine Aufholjagd unmöglich.
Räikkönen kämpfte anschließend auf dem Niveau von Marussia und Caterham und konnte nicht mehr erreichen als Platz 12. Immerhin: Am Freitag bewies er, dass er bei Hitze mithalten kann und keine Probleme mit dem Grip auf der Vorderachse hat. Beim nächsten Grand Prix in Bahrain wird ihn kein kühlender Regen einbremsen. Dann steht endlich das erste Ferrari-interne Duell gegen Alonso an.
Härtefall, Felipe Massa: Das Wochenende war für den Brasilianer ein Rückschlag. Er hatte bei seinem Abschied von der Scuderia verkündet, endlich frei fahren zu wollen. Dann kam die Ansage via Funk: "Valtteri is faster than you." Irgendwo hatte Massa einen ähnlichen Satz gehört und dieses Mal ignorierte er ihn. "Was ich gemacht habe, war richtig", verteidigte er sich später: "Ich versuche, das Beste für das Team herauszuholen."
Teamkollege Bottas hatte sich im ersten Stint anders entschieden und die Anweisungen der Ingenieure befolgt, sich zunächst hinter Massa einzuordnen und den Brasilianer nicht anzugreifen, um so keine Zeit zu verlieren. Er sollte später vorbeigelotst werden, was Massa ihm verweigerte. Wahrscheinlich wird sich der Finne künftig nicht so einfach den taktischen Überlegungen fügen. Da droht Ärger.