"In Artikel 5.1.4. des technischen Reglements steht nur: Die Durchflussmenge darf 100 Kilogramm pro Stunde nicht überschreiten. Die Regel besagt nicht, dass die Messung zwingend vom FIA-Sensor kommen muss", sagte Horner zuletzt dem englischen TV-Sender "Sky Sports": "Wir sind der Meinung, dass wir auch unsere eigenen Messungen heranziehen können, um zu beweisen, dass wir die Regeln eingehalten haben", erklärte Horner nun.
Zur Erinnerung: Ricciardo wurde bei seinem Heimrennen aus der Wertung gestrichen, weil sein Motor angeblich dauerhaft mit mehr Benzin versorgt wurde, als es die Regeln erlauben. Das Problem: Der von Renault anhand von Benzinfluss, -temperatur und -druck berechnete Durchflusswert ist niedriger als der, den das Messgerät des Automobilweltverbands ermittelte. Die FIA hatte allerdings schon Anfang März festgelegt, dass ihr System die einzig gültigen Werte liefert.
"Technische Direktiven sind die Meinung des Technischen Delegierten und keine verbindliche Regel", konterte Horner. Allerdings ist jedes Team selbst verpflichtet, die Kalibrierung des Sensors vornehmen zu lassen und genügend Messgeräte zum Rennen mitzubringen. Red Bull hatte nach übereinstimmenden Berichten nur vier dabei, während andere Teams zwölf mitbrachten.
Horner: "Irgendwann endet das bei Kart-Tricks"
"Irgendwann endet das bei den Kart-Tricks, wenn die ganzen Vergaser durchprobiert werden, um den besten zu finden. Ich denke nicht, dass dies ein akzeptabler Weg nach vorne ist", sagte Horner zu "Autosport": "Es steht einfach zu viel auf dem Spiel, um sich auf einen Sensor zu verlassen, der ungenau oder unzuverlässig misst."
Red Bull entschied sich allerdings als einziger Rennstall dazu, die Warnungen der FIA nicht zu beachten. Die übrigen Konstrukteure passten ihr System an. "Wir bekommen ständig Updates über Sachen, die wir einhalten müssen. Glücklicherweise hat mein Team einen großartigen Job gemacht, und wir hatten keine Probleme", lobte der ausgefallene Lewis Hamilton die technischen Delegierten des Weltverbands.
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Das gesamte Red-Bull-Team übt sich seit Monaten auffällig deutlich darin, das Reglement der Saison 2014 zu kritisieren. Seit es bei den ersten Tests nicht lief, poltert Sebastian Vettel. Auch Motorsportberater Helmut Marko machte mehrmals seinen Unmut über die neue Formel 1 öffentlich.
"Sie ist weder dazu da, neue Rekorde im Benzinverbrauch aufzustellen, noch dass man sich im Flüsterton während eines Rennens unterhalten kann, das Lauteste der Boxenfunk und das höchste der Gefühle ein quietschender Reifen ist", geizte jetzt auch Besitzer Dietrich Mateschitz in der "Krone" nicht mit Kritik.
Torpediert Red Bull absichtlich das neue Reglement?
Dabei hat FIA-Präsident Jean Todt schon signalisiert, dass nichts gegen eine Modifikation des Reglements spricht - wenn alle Teams einverstanden sind. "Wenn Red Bull die Vorgaben der FIA ignoriert, dann doch nur, weil ihr Auto dadurch schneller wird. Einen anderen Grund gibt es dafür nicht", sagte Marussia-Sportdirektor Graham Lowdon gegenüber "Sky Sports Online". Befürchtete Red Bull also einen Imageverlust, weil die eigenen Autos zu langsam sind?
Wohl kaum. Auch die klugen Köpfe am Kommandostand der Österreicher wussten, dass ihr Verhalten nur zu einer Disqualifikation führen konnte und der Imageverlust dadurch höher ist. Dass Sebastian Vettels Team nicht auf die Warnungen reagierte und die Möglichkeit zur Anpassung der Einstellungen nicht nutzte, wirft einen anderen Verdacht auf: Red Bull versucht, das neue Reglement zu torpedieren.
"Meiner persönlichen Meinung nach würden alle Dämme brechen, wenn diese Berufung erfolgreich wäre", warnte Lowdon: "Wenn jedes Team diesen Ansatz verfolgt, wird jedes Ergebnis vom Berufungsgericht entschieden. Das wäre nicht im Sinne des Erfinders und weder für die Fans noch für den Sport gut."
Brausemilliardär Mateschitz geht allerdings weiter. Er droht sogar mit einem Ausstieg: "Die Frage ist nicht so sehr, ob es ökonomisch sinnvoll ist, vielmehr würden das Gründe sein, die mit sportlicher Fairness, politischen Einflussnahmen et cetera zu tun haben. Das hatten wir alles schon. Diesen Dingen gegenüber gibt es unsererseits eine klare Akzeptanzgrenze."
Vettel: "Der Sound ist scheiße"
Auch der Weltmeister meldete sich vor dem Wochenende in Sepang wieder zu Wort und eröffnete Nebenkriegsschauplätze. "Ich denke, der Sound ist scheiße. Leider mache ich die Regeln nicht, sonst hätten wir einen schönen V12 im Heck und die Batterien wären im Handy, da, wo sie hingehören", sagte Vettel: "Es wäre schön, wenn man den Motor hört und nicht die quietschenden Reifen. Wir sind ja nicht auf dem ADAC-Übungsplatz. Wie man das Auto lauter machen könnte, weiß ich auch nicht. Mal eben bei D&W in den Shop fahren und ein neues Endrohr kaufen, ist wahrscheinlich nicht so einfach."
Nur um die Einführung der neuen V6-Turbo-Motoren geht es Red Bull aber nicht. Die Entscheidungsträger haben wohl begriffen, dass die aktuelle Formel 1 sich nicht in ihre Richtung entwickelt. Das neue Reglement räumt neben der Aerodynamik auch den Motoren und der Energierückgewinnung viel mehr Einfluss ein. Zwei Faktoren, die Designguru Adrian Newey kaum beeinflussen kann. Die Vorteile liegen klar bei den Werksteams Mercedes und Ferrari.
Red Bull treibt aktuell also genau das Spiel, das der eigene Besitzer kritisiert: politische Einflussnahme. "Fakt ist, dass der Benzindurchfluss-Sensor, den der Weltverband bei den Motoren montiert hat, seit Beginn des Prüfverfahrens unterschiedliche Werte angibt, also ungenau ist. Wir können im Gegensatz den exakten Fluss beweisen. Und der lag innerhalb der Limits", übernimmt Mateschitz die Argumentation seines Teams.
Beharrt Red Bull auf seinen Werten?
Gerade in Malaysia wird es deshalb interessant, wie Red Bull agiert: Ändern die Verantwortlichen die Einstellungen und halten sich an die FIA-Direktive oder bleiben sie bei ihrer Argumentation, befolgen weiter ihre eigenen, errechneten Daten und riskieren einen neuerlichen Ausschluss?
Noch äußert sich das Weltmeisterteam nur vage. "Wir werden uns immer dafür entscheiden, wovon wir überzeugt sind, dass es uns das Maximum bringt und gleichzeitig unseres Wissens legal ist", sagte Vettel: "Ich bekomme davon im Rennen ohnehin kaum etwas mit, ich muss darauf vertrauen, dass die Jungs an der Boxenmauer richtig entscheiden."
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Werden Vettel und Ricciardo abermals disqualifiziert, droht ein riesiger Rückschlag im WM-Kampf, weil die Verhandlung vor dem Berufungsgericht erst nach dem dritten WM-Lauf stattfindet. Doch hat Red Bull wirklich Recht und die Sensoren arbeiten ungenau, könnten die Autos mit neuen Durchflussmengenmessern plötzlich auch reglementkonform arbeiten.
Letzteres Szenario hätte Konsequenzen: Die von den Teams gewünschte Begrenzung der Durchflussmenge würde wackeln. Ricciardo könnte am 14. April in Paris freigesprochen werden. Weil die Teams anschließend dauerhaft ihre eigenen Werte verwenden könnten, müsste das Reglement angepasst werden. Vielleicht böte sich dabei sogar die Möglichkeit einen lauteren Auspuff zu installieren, mit dem die Abtriebswerte wieder erhöht werden könnten.
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