Ohne Mut - ohne Chance

Williams verspielte ein ausgezeichnetes Resultat in der Box von Silverstone
© williamsf1team

Beim Großbritannien-GP hätte Williams das erste Formel-1-Rennen seit dem Erfolg von Pastor Maldonado im Mai 2012 gewinnen können. Das traditionsreiche Privatteam aus England verbaute sich allerdings sämtliche Chancen selbst. Die Entscheidungen der Strategen brachten Felipe Massa und Valtteri Bottas nicht nur um die Siegchance, sie schenkten sogar Sebastian Vettel und Ferrari Platz 3.

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War Platz 5 ein Grund zum Jubeln? Valtteri Bottas wusste es nicht. "Einerseits war es frustrierend, andererseits war es erfreulich", bekannte der Finne nach dem Rennen in Silverstone: "Beide Autos haben großartige Starts gehabt und wir haben mit echter Pace mit Mercedes gekämpft."

Soviel zur offiziellen Sprachregelung seines Teams. Persönlich war Bottas angefressen. " Wir werden sicherlich noch besprechen, was alles hätte besser laufen können", kündigte er eine Aussprache an: "Natürlich ist es schwierig, wenn es nicht erlaubt ist, ein Rennen zu fahren, und du schneller bist als das Auto vor dir." Zwar gab ihm das Team später die Freigabe, ein sauberes Manöver zu initiieren, da war es aber bereits zu spät. Die Reifen waren abgenutzt.

Formationsflug rächt sich beim Stopp

Die Entscheidung, den Formationsflug mit Massa an der Spitze zu absolvieren, rächte sich beim Boxenstopp. Hamilton fuhr in die Box, Williams reagierte erst eine Runde später, obwohl die Mercedes-Anweisung zum Abbiegen über das TV-Signal ausgestrahlt wurde. Der Weltmeister gab Gas und kassierte beide Piloten binnen zwei Runden ohne sie auf der Strecke überholen zu müssen.

Das hätte er sonst kaum geschafft. Hinterherfahren war für das Werksteam kein Problem, die Kurvengeschwindigkeit höher. Doch auf den Geraden brachte die höhere Endgeschwindigkeit der weißen Autos das Weltmeisterteam zur Verzweiflung.

Wolff: "'Versucht ihr uns zu bluffen?'"

Mercedes' Reaktion? Schauspielerei. "Ich habe eine Textnachricht bekommen: 'Versucht ihr uns zu bluffen oder was?'", berichtete Toto Wolff. Wer dem Motorsportdirektor während des Rennens schrieb? Seine Frau Susie, Testfahrerin der Truppe von Frank Williams. "Ich werde wohl heute Abend allein beim Inder sein."

Der Grund war die Aktion in der 14. Runde, als die Mechaniker der Silberpfeile vor die Box beordert wurden. Mit den neuen Reifen bewaffnet deuteten sie einen vorgezogenen Stopp an, es kam nur kein Auto vorbei. Erst fünf Runden später kam Hamilton wirklich.

Wenigstens beim Trick machte Williams alles richtig: Der Bluff ging nicht auf, doch ansonsten enttäuschten die Strategen. Neben der Führung verspielten sie auch noch den sicheren Podestplatz. Als der Regen mitten im zweiten Stint einsetzte, waren Bottas und Massa chancenlos gegen Mercedes. Die bessere Aerodynamik ermöglicht im Regen schnelleres Fahren.

Williams verspielt auch Platz 3

Doch Massa lag immer noch auf Kurs für Platz 3. Als Hamilton schließlich im perfekten Moment zum Wechsel auf Regenreifen abbog, folgte Vettel ihm fast unbemerkt. Im Gegensatz zu Teamkollege Kimi Räikkönen schätzte der Deutsche das Wetter besser ein und fuhr zunächst lieber auf Trockenreifen weiter. Williams wartete dagegen wieder eine Runde länger. Wieder eine Runde zu lang. Acht Sekunden machte der Deutsche gut und ging vorbei.

"Es ist ein gutes Resultat, aber es hätte ein fantastisches Ergebnis werden können", sagte Massa sichtlich enttäuscht. "Leider waren wir nicht aggressiv genug; wir mussten den Undercut erwarten, aber waren leider einen Tick zu spät", bestätigte Susie Wolff den Strategiefehler ihres Teams: "Es war sehr aggressiv von Mercedes, wir haben es nicht erwartet."

Vorhersehbar aber war es. Der Boxenstopp erfolgte drei Umläufe vor der von Pirelli als optimaler Zeitpunkt errechneten Runde 23. "Da konnten wir nichts machen. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, wir hätten aggressiver sein müssen. Aber man will, dass die Reifen auch am Ende gut sind und deshalb nicht zu früh reinkommen", verteidigte Chefingenieur Rob Smedley die Entscheidung.

Handelt Williams wie ein Top-Team?

Ganz so einfach ist es aber nicht. Williams hat in Silverstone nur auf die Aktionen der Konkurrenz reagiert statt sie vorherzusehen. Ein echtes Top-Team aber agiert selbstständig. "Vermutlich haben sie mehr Ressourcen als Williams, die sie in die Wettertechnologie stecken", wagte Alex Wurz eine Erklärung für Mercedes' Vorteil.

"Wir haben den Abstand zu Platz 2 in der Konstrukteurswertung verkleinert und nach hinten den Vorsprung ausgebaut", zog Smedley ein positives Fazit: "Insgesamt war es ein gutes Wochenende für uns: Erstmals in diesem Jahr waren wir konstant schneller als Ferrari. Es geht in die richtige Richtung. Vielleicht werden wir auch in Spa und Monza gute Wochenenden haben."

Doch eins ist offensichtlich: Williams weiß ganz genau, dass sie in der Strategieabteilung Verbesserungsbedarf haben. Am 1. Juli stellte das Team auf seiner Internetseite ein Jobangebot ein, gesucht wird ein Stratege, der sich vor allem mit den Reifen auseinandersetzt. Williams will mehr erreichen, als Überraschungen nur anzudeuten und dann doch den Favoriten vorzulassen. Dafür braucht es aber noch Optimierungen.

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