Pirelli: Mehr Druck, weniger Sturz

Neue Vorgaben von Pirelli nach Vettels Reifenplatzer: Sturz runter, Druck rauf
© getty

Legende, Highspeed-Mekka, Heimat der Tifosi - Monza ist mehr als nur eine Rennstrecke. Doch ausgerechnet beim Großen Preis von Italien macht Pirelli einmal mehr Schlagzeilen. Um weitere Reifenschäden zu verhindern, bekommen die Teams neue Vorgaben. Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton nennt sie ein "Desaster".

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Streckendaten:

Name: Autodromo Nazionale di Monza

Ort: Monza

Länge: 5,793 Kilometer

Runden: 53

Renndistanz: 306,720 Kilometer

Kurven: 7 Rechtskurven, 4 Linkskurven

Darauf kommt es an:

Keine Änderungen an der Strecke, dafür neue Regeln für die Fahrer: Wer sich den kleinsten Vorteil durchs Abkürzen einer Schikane erschleicht, muss in Monza direkt bei den Stewards vorsprechen. Zudem wurde die Linie zur Wiedereinfahrt auf die Strecke bei einem Fehler in der zweiten Schikane genau vorgeschrieben. Gestrichene Zeiten im Qualifying und Strafen im Rennen drohen.

Der Grund: In Spa wurden auf Bitten der Fahrer Hindernisse in Eau Rouge entfernt, die das Abkürzen verhindern sollten. Als die Wülste weg waren räuberten die Piloten außerhalb der Streckenmarkierung über die Kerbs und machten die Kurve zur Gerade.

Monza, Mekka der Motoren

Und sonst? Monza ist Legende, Monza ist Highspeed, Monza ist Ferrari-Land. 18 Mal haben die Roten im königlichen Park gewonnen, so oft wie kein anderes Team. Wer in Monza siegen will, muss vor allem eins haben: Power. Um möglichst viel Top-Speed auf den Geraden zu haben, reisen alle Teams mit ganz speziellen Aerodynamik-Paketen an, die auf geringsten Luftwiderstand getrimmt sind.

Die Parabolica ist die einzige richtig schnelle Kurve, die seit der Saison 2014 mit einer Asphalt-Auslaufzone ausgestattet ist. Weil kein Steckenbleiben im Kies droht, können die Fahrer noch aggressiver in die Kurve hineinbremsen. Eine zusätzliche Überholmöglichkeit?

Dafür muss die Getriebeübersetzung stimmen: Acht Gänge haben die Autos mittlerweile, das Verhältnis untereinander darf über die ganze Saison nicht verändert werden. Es könnte sich also bei Wind herausstellen, dass die Ingenieure einen Fehler gemacht, die Übersetzung zu kurz gewählt haben und das Auto im Drehzahlbegrenzer feststeckt.

Durch die Zusammensetzung aus langen Geraden und drei Schikanen gibt es beim Monza-Setup eine einfache Regel: so wenig Flügel wie möglich. In Zeiten von DRS hat sich das zwar ein wenig relativiert, weil man nun die Möglichkeit hat, bei der Abstimmung der Autos etwas mehr Rücksicht auf die wenigen Kurven zu nehmen, dafür wird man dann aber im Rennen spielend leichte Beute.

Wichtiger als aerodynamischer ist nach wie vor mechanischer Grip, denn die gute Beschleunigung aus den engen Schikanen heraus ist extrem wichtig. Sie erfordern zudem eine gute, relativ weiche Aufhängung, damit die Piloten hart über die Kerbs fahren können.

Maximale Belastung für die Bremsen

Genauso wichtig sind aber auch die Bremsen, die die Autos aus extrem hohen Geschwindigkeiten stabil in die langsamen Schikanen hinein verzögern müssen. Die Carbon-Scheiben werden in Monza maximal belastet.

Natürlich sind auch die Motoren am Limit. Über 70 Prozent beträgt der Vollgasanteil der letzten reinrassigen Highspeed-Strecke im Kalender. Dank des verstellbaren Heckflügels und der neuen V6-Hybrid-Aggregate wird die Marke von 360 km/h geknack. So schnell sind Formel-1-Autos sonst nirgends!

Dafür werden die Überholmanöver im Gegensatz zu anderen Rennen wenige sein. Es gibt zwei DRS-Zonen: auf der ellenlangen Zielgeraden und zwischen Lesmo-Kurven und Ascari-Schikane. Weil alle Autos durch die kleinen Heckflügel kaum Luftwiderstand haben, ist der Unterschied bei Aktivierung des Systems aber geringer als gewohnt.

Reifen:

Soft und Medium: Eine Stufe weicher als im Vorjahr fällt Pirellis Reifenwahl aus. Auch wenn es nur eine schnelle Kurve gibt, verlangen die harten Brems- und Beschleunigungsabschnitte in Kombination mit den hohen Kerbs den Slicks viel ab. Nach den Problemen in Belgien mit 63 Schnitten in den Gummis war allerdings nicht genug Zeit, um andere Mischungen zu produzieren. Deshalb gibt es neue Regeln.

Der Reifendruck muss beim Start um 27 Prozent auf der Vorder- und um 22 Prozent auf der Hinterachse erhöht werden. Bisher waren 18 PSI normal. Das Problem: Der Druck steigt im Rennen, die Auflagefläche des Reifens wird kleiner, Blasenbildung droht.

Was das Problem verstärken könnte: Der Sturz der Räder wurde an beiden Achsen um ein halbes Grad reduziert. Dadurch liegt der Gummi in den Kurven weniger auf. "Sie sind nicht für 5 PSI mehr designt", warnte Weltmeister Lewis Hamilton: "Wir bewegen uns aus dem optimalen Fenster des Reifens heraus, wir nutzen einen anderen Teil des Reifens, das bedeutet mehr Verschleiß, weniger Grip. Es wird ein Desaster werden."

Die siegbringende Ein-Stopp-Strategie der Vorjahre könnte sich in zwei Reifenwechsel umwandeln, zumal der drohende Regen am Freitag das Testprogramm behindert. Pirelli erwartet, dass der Zeitunterschied zwischen beiden Mischungen pro Runde etwa 1,1 Sekunden beträgt.

Wetter-Prognose:

Freitag: Regen, 24 Grad, 80 Prozent Regenrisiko

Samstag: bewölkt, 21 Grad, 40 Prozent Regenrisiko

Sonntag: leicht bewölkt, 22 Grad, 10 Prozent Regenrisiko

OPTA-Fakten zum Rennen:

  • Teo Fabi war der letzte italienische Rennfahrer auf der Pole im italienischen GP - vor 28 Jahren. Zudem ist es seit 1966 keinem italienischen Fahrer nach Ludovico Scarfiotti gelungen, in seinem eigenen Land zu gewinnen. Er gewann mit Ferrari - der erste und einzige Sieg seiner kurzen Karriere mit nur zehn F1-Rennen.
  • Ferrari ist der Hersteller schlechthin, wenn es um Monza-Erfolge geht. 18 Siege auf einem Kurs schaffte sonst keiner, 19 schnellste Rennrunden, 19 Pole Positions, 48 Starts aus der ersten Reihe und 64 Podestplätze ebenso wenig. Dazu ist Ferrari mit 1165 Führungsrunden in Monza der einzige Hersteller, der auf irgendeinem Kurs mehr als 1000 aufzuweisen hat.
  • Die Pole Position ist in Monza wichtiger als anzunehmen. Rubens Barrichello gelang in diesem Jahrtausend als einzigem Fahrer ein Sieg, als er außerhalb der ersten Reihe startete.
  • Lewis Hamilton könnte noch immer mit Vorbild Ayrton Senna gleichziehen. Gewinnt er die nächsten beiden Rennen, hat er wie sein Vorbild 41 Siege bei 161 Rennen. Ebenso fehlen ihm noch zwei Poles bis zu Sennas Rekord von acht aufeinanderfolgenden ersten Startplätzen. Und: Mercedes fehlen noch zwei erfolgreichen Qualifyings bis zu Williams Rekord von 24 aufeinanderfolgenden Starts aus der ersten Reihe.
  • Trauriges Jubiläum am Samstag: Vor 45 Jahren starb Jochen Rindt im Königlichen Park. Der Deutschösterreicher war 1970 der einzige Formel-1-Weltmeister, der den Titel posthum bekam.

Statistik:

Sieger 2014: Lewis Hamilton (Mercedes), 1:19:10,236 Stunden

Pole Position 2014: Lewis Hamilton (Mercedes), 1:24,109 Minuten

Schnellste Rennrunde 2014: Lewis Hamilton (Mercedes), 1:28,004 Minuten

Rundenrekord: Rubens Barrichello (Ferrari, 2004), 1:21,046 Minuten

Rekordsieger: Michael Schumacher - 5 (1996, 1998, 2000, 2003, 2006)

Zeitplan:

Freitag, 10 Uhr: 1. Training

Freitag 14 Uhr: 2. Training

Samstag, 11 Uhr: 3. Training

Samstag 14 Uhr: Qualifying

Sonntag, 14 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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