2,969 Sekunden verlor Ferrari binnen einer Woche auf einer Qualifying-Runde. Eine Milchmädchenrechnung? Sicher.
Singapur und Suzuka sind grundverschieden. Ein Stadtkurs gegen eine Rennstrecke, deren Bestimmung es war, die Honda-Autos auf Herz und Nieren zu testen. Eine Aneinanderreihung von 23 fast ausschließlich rechtwinkligen Kurven gegen eine flüssige Abfolge von langgezogenen Bögen und Geraden, die die Effizienz der Aerodynamik gnadenlos offenlegen statt puren Anpressdruck zu fordern.
Suzuka ist Mercedes-Land
Es ist also nur auf den ersten Blick seltsam, dass die Scuderia bei einem Rennen 1,5 Sekunden vor dem schnellsten Silberpfeil liegt und beim nächsten 1,5 zurück. Suzuka mag Honda gehören, doch die Strecke ist Mercedes-Land.
"Die Aero-Charakteristik unseres Autos ist auf Effizienz ausgelegt. Also maximaler Abtrieb bei möglichst wenig Luftwiderstand. Deshalb sind wir auf Strecken wie Suzuka oder Spa so stark. Und deshalb tun wir uns auf Strecken so schwer, wo nur maximaler Abtrieb verlangt wird", erklärte Technikchef Paddy Lowe schon am Donnerstag.
Die Erklärung für die Singapur-Schwäche
Die regulierte Zeit im Windkanal nutzt Mercedes für die Optimierung des Gesamtpakets. Fast alle Formel-1-Strecken stellen schließlich dieselben Anforderungen. Barcelona, Silverstone, Spa und Japan sind die optimalen Indikatoren. Nur Monza und Spa fordern Highspeed, nur Monaco und Singapur die ultimative Downforce.
"Früher hatten wir für jeden Streckentyp ein spezielles Kit. Seit 2009 ist das nicht mehr möglich", sagt Lowe. Die Stadtstrecken wurden in der Entwicklungsarbeit in Brackley aus Zeitmangel schlichtweg nicht berücksichtigt.
Mercedes hat sein Mojo zurück
"Wir sind wieder bei der Mercedes-Stärke, die wir eigentlich die ganze Saison über im Qualifying gesehen haben", erkannte Vettel die Rückkehr des Silberpfeil-Mojo in Japan: "Ich hoffe, dass wir im Rennen ein bisschen näher dran sind. Unsere Hauptgegner sind aber wohl eher Red Bull und Williams."
Kurz gesagt, Vettel braucht für einen Sieg den Plan eines Bösewichts - ein Alan-Parsons-Projekt, eine Operation Bananarama. Und die müsste er auch noch erfolgreich umsetzen.
Hat Vettel in Suzuka Siegchancen?
Genug der merkwürdigen Filmzitate. Es gibt zwei Möglichkeiten für den nächsten Scuderia-Coup.
Erstens: Regen. "Wir wissen noch nicht, was das Wetter macht", sagt Vettel. Rosberg wünscht sich die einfache Variante: "Hoffentlich wird es ein trockenes Rennen. Das würde helfen. Ganz sicher."
Zweitens: Reifenpoker. Nach dem verregneten Freitag spulten die Teams am Samstagmorgen ein von auf ein Drittel der üblicherweise verfügbaren Zeit verkürztes Testprogramm ab. Mercedes probierte mit beiden Piloten nur die harten Reifen im Longrun, Ferrari dagegen nur die weicheren.
Die Frage ist, welcher Reifen sich im Rennen als besser herausstellt. Die Strategen werden dauerhaft gefordert sein, während des Grand Prix die optimale Strategie auszurechnen. Prinzipiell müsste Mercedes' Stärke auf harten Reifen vorteilhaft sein.
Bottas als Hindernis
Für Vettel ist somit wohl der Kampf ums Podium das Maximalziel. Und auch dabei wartet mit Valtteri Bottas eine echte Herausforderung.
Ferrari und Williams erreichen in Suzuka an allen vier Messpunkten fast identische Geschwindigkeitswerte. "Der Start ist die erste Möglichkeit zum Angriff. Danach muss man sehen, was mit der Strategie möglich ist", sagt Vettel zurückhaltend.
Deutlicher wird Hamilton. "Überholen ist hier fast unmöglich, weil du nicht aufschließen kannst", sagt der Weltmeister. Die möglichen Überholstellen folgen auf schnelle Kurven: "Je näher du auf das Auto vor dir auffährst, desto größer werden deine Probleme. Beim Start hat Nico die bessere Linie und ich fürchte, dass auch mit der Strategie nicht viel geht." Der Weltmeister spielt auf Sicherheit.
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