FIA verliert Überblick - Wer startet wo?

Einsteigen zur Aufholjagd: Sebastian Vettel warfen in Kanada ein Defekt und eine Strafe zurück
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Sebastian Vettel hat beim Großen Preis von Kanada (So., 20 Uhr im LIVE-TICKER) für sein Überholen unter Roten Flaggen im 3. Training nach dem verpatzten Qualifying auch noch eine Strafversetzung bekommen. Doch die kann er gar nicht antreten und Jenson Button und Max Verstappen müssen auch noch bestraft werden. Wer startet in Montreal wo? Ein Versuch der Aufklärung.

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Dass das sportliche Reglement der Formel 1 vor komplizierten Regularien strotzt, ist bekannt. Doch in Montreal herrschte am Samstag plötzlich Verwirrung. Wer startet wo? Einzelne sahen Vettel im Ferrari nach dem 16. Rang im Qualifying bei nur 20 Teilnehmern auf Platz 21 , einige auf 19, andere auf 18.

Sicher ist: Vettel wird nicht von Startplatz 16 ins Rennen gehen und auch nicht von Rang 20. Jenson Button würde letzteren aufgrund einer zur Saison 2015 eingeführten Regel am Sonntag belegen, weil er keine Zeit im Qualifying gefahren ist.

Er würde laut §36.1 des Reglements als Letzter der Startaufstellung hinzugefügt, nachdem zuvor alle anderen Strafen angewendet wurden. Allerdings startet McLaren-Honda eventuell lieber aus der Box, um einen fünften Motor einzubauen.

Verstappen oder Vettel vorn

Bleiben also noch Max Verstappen und Vettel. Der Niederländer kassierte fünf Plätze für den Auffahrunfall mit Romain Grosjean in Monaco und zusätzlich zehn weitere, weil Toro Rosso am Montag dem Automobilweltverband FIA ankündigte, auf der Ile de Notre Dame den fünften Renault-Motor ins Auto einzubauen.

Der Zeitpunkt ist entscheidend. Denn laut §36.2c) werden die Strafen nach Reihenfolge der Verstöße auf die Piloten mit Qualifying-Zeiten angewendet. Das bedeutet: Verstappen kassiert erst eine Rückversetzung auf Platz 17 und dann eine auf Rang 27. Da aber nur 19 Plätze zur Verfügung stehen, bleiben acht übrig.

In der Saison 2014 hätte er diese beim kommenden Rennen absitzen müssen. §28.4a) wurde allerdings geändert. Wer weniger als fünf Plätze nicht zurückversetzt werden kann, muss eine Fünf-Sekunden-Strafe beim Boxenstopp absitzen. Bei weniger als zehn beläuft sich die Standzeit auf zehn Sekunden. Weniger als 20 bedeuten eine Drive-Through-Penalty und mehr als 20 eine zusätzliche Boxendurchfahrt mit Stop-and-Go-Penalty.

Vettel muss als 19. starten

Verstappen startet daher vor Vettel als 18. und muss vor dem ersten Reifenwechsel zehn Sekunden warten, bis seine Mechaniker Hand anlegen. Button bekommt derweil die Durchfahrtsstrafe, weil er wohl die fünfte MGU-H, das Bauteil zur Hitze-Energierückgewinnung, und den fünften Turbo spendiert bekam. Von zehn zu versetzenden Plätzen kann er keinen einzigen hergeben.

Folgerichtig geht Vettel im Ferrari von Startplatz 19 ins Rennen. Wer jetzt denkt, Vettel bekäme zusätzlich eine Fünf-Sekunden-Strafe beim Boxenstopp, liegt falsch. Die vier aufgezählten Szenarien treffen nur zu, wenn die Strafen aus einer zusätzlich zu den vier erlaubten Powerunits eingesetzten Antriebseinheit resultieren.

Die Reihenfolge lautet also: Verstappen, Vettel, Button. Kompliziert? Allerdings. Die Stewards zeigten sich am Sonntagnachmittag anderer Meinung. Vettel startet von Platz 18, der ebenfalls bestrafte Verstappen beginnt von der 19.

Sicher ist: Auf das Rennen wird das kaum Einfluss haben. Vettel braucht eine Aufholjagd, wenn er den schlechtesten Ferrari-Startplatz in Montreal seit dem Kanada-GP 2000 vergessen machen will. Nicht nur der Blick auf die Statistik zeigt: Es ist möglich. Barrichello raste damals von Startplatz 20 noch auf Rang 3.

Streckencharakteristik lässt Aufholjagd zu

Der Circuit Gilles Villeneuve ist für Überholmanöver prädestiniert. Enge Kurven, lange Geraden, keine schnellen Kurven. Exzessives Beschleunigen und Verzögern kombiniert mit Windschattenduellen und Angriffen auf der Bremse. "Wir haben ein schnelles Auto, das sollte uns helfen, Boden gut zu machen", sagte Vettel und hatte Recht: Ferrari hatte auf den Geraden fast drei Stundenkilometer mehr drauf als die gesamte Konkurrenz.

Das könnte auch Kimi Räikkönen helfen, der ausgerechnet eine Woche nach dem öffentlichen Rüffel von Teamchef Maurizio Arrivabene seine Klasse am Samstag bewies. "Wenn er ein Schuljunge wäre, dann würde ich ihm auftragen, hundert Mal ins Reine zu schreiben 'Ich muss im Qualifying besser sein'", hatte der Italiener noch in Monaco Druck auf den Iceman aufgebaut. Räikkönen reagierte und steht nach 874 Tagen endlich wieder unter den drei bestplatzierten Piloten in der Startaufstellung.

Arrivabene macht Räikkönen Druck

"Ich erwarte von Kimi, dass er morgen besser als Dritter wird", legte Arrivabene jetzt nach. "Wenn der Start gut läuft, werden wir sehen, wie es geht", sagte Räikkönen. Die Chancen stehen verhältnismäßig. Pirelli hält Einstopp- und Zweistopp-Strategie für gleichwertig.

Der Weltmeister ist gewarnt. Nach dem Strategiefehler in Monaco befürchtet Lewis Hamilton in Kanada durch Regen und technische Probleme neuerliche Probleme: "Andere Teams und Fahrer haben mehr Daten gesammelt, was die Rennpace betrifft. Für uns ist das Rennen etwas unbekanntes Terrain", räumte er ein.

Auf keiner anderen Strecke im Formel-1-Kalender stehen die Chancen für den Polesitter statistisch so schlecht wie in Montreal: Nur vier der letzten zehn Runden gewann der Mann, der von ganz vorne startete.

Auch, weil der Materialverschleiß durch das ständige Wechselspiel zwischen Beschleunigen und Verzögern extrem ist. Die Bremsen werden extrem gefordert. Bei Mercedes ging das schon im Vorjahr daneben: Daniel Ricciardo staubte den Sieg ab, weil beide Silberpfeile technische Probleme bekamen.

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