Lasst die Prozession beginnen!

Nico Rosberg startet in Barcelona erstmals in der Saison 2015 vor Lewis Hamilton
© getty

Die Erleichterung war Nico Rosberg nach seiner ersten Fahrt auf die Pole Position in der Saison anzusehen. Nachdem er Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton im Qualifying zum Großen Preis von Spanien abgehängt hatte, strahlte der deutsche Mercedes-Pilot erstmals in der Saison 2015 echte Zufriedenheit aus.

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Er hätte jubeln können. Er hätte mit markigen Worten seinen Erfolg feiern können. Er hätte dem bisherigen Dominierenden einen Seitenhieb verpassen können. Doch er tat es nicht. "Es ist super gelaufen", sagte Rosberg nach dem Qualifying lediglich.

Während sich der Vizeweltmeister fokussiert gab, übernahm sein Team die Lobeshymnen: "Die Demütigung der ersten Rennen ist vorbei", lobte Aufsichtsratschef Niki Lauda. "Man redet jemanden schlecht, schon kommt er zurück. Nico hat mentale Stärke gezeigt", meinte Motorsportdirektor Toto Wolff.

Startplatz 1 ist für Rosberg aber nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zum größeren Ziel. "Es ist sehr schwierig, hier zu überholen. Deshalb ist es ein großer Vorteil, hier von der Pole loszufahren. Das werde ich versuchen zu nutzen." Beim Rennen soll die Krönung folgen: Den ersten Sieg seit dem Brasilien-GP 2014 will der Deutsche einfahren - und die Chancen sind blendend.

Statistisch muss Rosberg gewinnen

Statistisch ist er im Vorteil. Weil der 4,655 Kilometer lange Circuit de Barcelona-Catalunya in Montjuic vor den Toren der katalanischen Mittelmeerstadt kaum Überholmanöver zulässt, entwickelte sich der Großteil der 24 bislang ausgetragenen Rennen zu Prozessionsfahrten. 22 Sieger starteten aus der ersten Reihe, 18 gingen von der Pole Position ins Rennen.

Ausgerechnet der aktuelle Vizeweltmeister ist einer der Fahrer, der es nicht schaffte, Startplatz 1 in einen Sieg zu verwandeln. Beim Spanien-GP 2013 verspielte er die besten Voraussetzungen. Rosberg kam als Sechster über die Ziellinie, Lewis Hamilton fiel von Startplatz 2 gar auf Rang 12 zurück.

Reifen-Lotterie fällt aus

Zur Verteidigung der Silberpfeile: Es war ein chaotisches Rennen. Pirellis Reifen lösten sich auf, statt der angestrebten zwei bis drei Boxenstopps siegte Fernando Alonso im Ferrari nach vier Reifenwechseln. "Der neue harte Reifen war ein Griff ins Klo", sagte Sebastian Vettel damals angefressen.

Ein solches Vabanquespiel scheint in diesem Jahr ausgeschlossen. Der harte Slick ist dank neuer Konstruktion so solide, dass einige Fahrer Probleme haben, ihn überhaupt auf Arbeitstemperatur zu bringen. Am Samstag fuhren die Williams, Ferrari und Mercedes in Q1 zwei Aufwärmrunden, damit die Pneus genug Haftung haben.

"Harte Reifen ein bisschen zu hart"

"Die harten Reifen sind vielleicht ein bisschen zu hart", erläuterte Lotus-Pilot Pastor Maldonado schon am Freitag. Für Mercedes scheint aber gerade das ein Vorteil zu sein. Der W06 Hybrid hat so viel Abtrieb, dass Hamilton und Rosberg wesentlich schneller durch die Kurven fahren als die Konkurrenz. Und genau dort erwärmen sich die Reifen.

Wäre wie im Vorjahr der Hinterreifen durch den Schlupf der limitierende Faktor, hätte die Scuderia einen Vorteil. Weil jetzt aber der Reifen vorne links stärker belastet ist, zahlt sich Mercedes' höhere Abtriebswerte aus und die bessere Traktion im letzten Sektor aus. "Vielleicht brauchen wir mehr als ein Rennen, um das Upgrade zu verstehen und voll zu nutzen", räumte Vettel ein.

Während Lotus, Williams, Ferrari und Co. mit den brettharten Gummis umherrutschen, klebt der Mercedes auf dem rauen Asphalt der spanischen Formel-1-Strecke. "Die Mercedes fühlen sich wohl ein bisschen wohler", sagte der drittplatzierte Vettel nach der Qualifikation, hoffte aber am Sonntag wieder näher heranzukommen.

Kuriose Panne bei Räikkönen

Wie er das schaffen will? Unklar. Ferrari hat seit dem 1. Freien Training am Freitag Probleme. Der SF15-T kommt mit der harten Pirelli-Mischung offenbar überhaupt nicht zurecht. Kimi Räikkönen bat sogar seinen Longrun-Test abbrechen zu dürfen, weil er mit ihnen nicht umgehen konnte. Oder war das Setup falsch? Das Umhergerutschte könnte auch aus der Idee resultiert haben, das Auto extrem reifenschonend abzustimmen, weil die Reifen keine Betriebstemperatur erreicht hätten.

Der Finne entschloss sich, bei Qualifying und Rennen auf die Updates an seinem Auto zu verzichten. Der Lohn: Platz 7 in der Startaufstellung. "Ich wusste, dass es ein Risiko sein würde. Aber das war es mir wert. Ich habe mich am Freitag im Auto einfach nicht wohl gefühlt", nahm der Iceman die Schuld auf sich. Dabei hatte sein Team die Reifen für den finalen Stint in der Box zu stark aufgehitzt und so dem eigenen Fahrer geschadet.

Ferrari hat nur eine Schachfigur

Räikkönens schlechter Startplatz ist für Ferrari allerdings ein weiteres Problem: Sind die Italiener in Schlagweite zu Mercedes, haben sie nur eine Schachfigur, um Druck auszuüben. Die Silberpfeile müssen dementsprechend maximal mit einem Fahrer den Angriff abwehren, während der andere frei fahren kann.

Mercedes müsste sich schon doppelt verpokern, um Vettel an seinen Piloten vorbei zu lassen. Es deutet somit alles auf ein Mercedes-internes Duell hin. "Morgen ist ein neuer Tag. Da ist noch einiges drin", kündigte Hamilton einen Angriff schon direkt nach dem Qualifying an. Doch dass der Weltmeister mit spielerischer Leichtigkeit an seinem Teamkollegen vorbeigeht, scheint nach den Samstag ausgeschlossen. "Nico war einfach besser", urteilte selbst Lauda.

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