Spektakel mit saurem Beigeschmack

Lewis Hamilton feierte GP-Sieg und WM-Titel in Austin ausgiebig
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Lewis Hamilton hat beim Großen Preis der USA seine dritte Weltmeisterschaft in der Formel 1 endgültig eingefahren und trotzdem nicht für ausschließlich positive Schlagzeilen gesorgt. Das Manöver gegen Nico Rosberg nach dem Start wirkte nach und brachte neues Konfliktpotenzial in den Erfolgsrennstall Mercedes.

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Die Kappe für den Zweitplatzierten flog auf einer imaginären Geraden durch den Warteraum der drei Erstplatzierten. Die Siegerehrung nahm einer der beiden Deutschen nur aus Protokollgründen wahr. Nico Rosberg war nach dem Rennen in Austin geladen. Frustriert machte der 30-Jährige seiner Wut durch Passivität Luft. Die Champagner-Flasche reichte er unbenutzt an Technikdirektor Paddy Lowe weiter.

Es ist die Geschichte der letzten zwei Formel-1-Jahre, die sich in Austin an einem einzigen Tag komprimierte. Wieder war Rosberg nach einer starken Leistung mit einem kleinen Fehler in Qualifying und Rennen nur Zweiter geworden. Der Fauxpas kurz vor Schluss war klein und doch entscheidend. Doch darum ging es dem amtierenden Vizeweltmeister gar nicht.

"Das Andere, was mich nervt, ist der Start", sagte Rosberg auf der Pressekonferenz nach dem Rennen: "Ich habe das Recht auf ein Stück Strecke. Dass mein Teamkollege mich verhungern lässt und sogar in mich reinfährt, geht zu weit."

Die eindeutige Botschaft: "Er war zu aggressiv."

Deja-vu des Suzuka-Starts

Schon zwei Rennen zuvor hatte Hamilton ähnlich gehandelt. Auch beim Japan-GP in Suzuka wich Rosberg aus und verlor Plätze, als er vor der Strecke weichen musste, um eine Kollision zu vermeiden. Damals war die Lage für Mercedes klar: Hamilton war als Erster innen in die Kurve gegangen und hatte das Recht auf die Führung.

"Das Manöver in Kurve 1 war hart, und Lewis hat sich dafür am Funk entschuldigt", lautete das Statement von Motorsportchef Toto Wolff nach der Wiederholung in Austin und kritisierte seinen Star: "Es war nass. Da ist es natürlich immer schwierig, dass man die Kurve kriegt, aber das weiß er ganz genau."

"Das Manöver war zu hart - überhaupt keine Frage", stimmte selbst Aufsichtsratschef Niki Lauda ein, der sonst die Kaltschnäuzigkeit Hamiltons immer wieder lobt: "Sie haben sich berührt und er hat ihn rausgedrängt. Dass Nico mit diesem Manöver nicht zufrieden war, ist klar. Darüber wird man reden müssen."

"Forcing a driver off track" heißt das Zauberwort, das für einige Piloten im Formel-1-Rahmenprogramm schon zu Strafen führte. Hamilton entging der Strafe. Die Stewards untersuchten den Vorfall gar nicht erst. Hätte Rosberg nicht zurückgezogen und wäre er nicht abermals freiwillig neben die Strecke gefahren, wäre der zweite folgenschwere Mercedes-Crash nach dem Belgien-GP in Spa im Jahr 2014 programmiert gewesen.

Eins der unterhaltsamsten Rennen der Saison

Was folgte, war eines der unterhaltsamsten Rennen der Saison. Ein abwechslungsreiches, an Plot-Twists überladenen Feuerwerk des Grand-Prix-Business. Die scheinbar durch Renault-Power unterlegenen Red-Bull-Davids schickten sich an, den übermächtigen Mercedes-Goliaths den fest eingeplanten Sieg zu klauen. Immerhin waren die Ferrari durch Strafversetzungen um je zehn Plätze doch scheinbar ohne Chance ins Rennen gestartet.

Doch Red Bull drehte bei nasser Fahrbahn unerwartet auf. Erst übernahm Daniil Kvvat kurz die Spitze, dann fuhr Daniel Ricciardo an beiden Silberpfeilen vorbei. Auf das Hoch folgte das Tief: Kvyat verlor auf dem nassen Kunstrasen die Kontrolle und zerstörte das Auto, als er in die Leitplanken knallte und den Kontakt zum Boden verlor.

Ricciardo kollidierte auf trockener Strecke mit Nico Hülkenberg, fiel danach bis auf Platz 11 zurück, stoppte und holte nach einem kurzen Kampf mit Manor-Pilot Alexander Rossi gerade noch einen Punkt. "Es hat sich angefühlt wie in alten Zeiten", gewann der Australier dem anfänglichen Kampf an der Spitze etwas Positives ab: "Das hielt nicht lange an. Als wir die Slicks aufgezogen hatten, fehlte es uns an Tempo."

Vettels realistische Siegchance trotz Startplatz 13

So war es abermals Sebastian Vettel, der die größte Gefahr für Mercedes darstellte. Obwohl er als 13. gestartet war, mehrere Runden hinter Sergio Perez' Force India fest hing und durch Bremsklotz Max Verstappen beim letzten Restart nach der vierten Safety-Car-Phase gleich fünf Sekunden verlor, klebte er Rosberg in den letzten Runden im Heck.

Was beim Drama um die Mercedes-Berührung und dem entscheidenden Fehler von Rosberg, der zu Hamiltons Sieg und er vorzeitigen Entscheidung in der Fahrer-WM unterging, war die realistische Siegchance von Ferrari.

Der Strategiekniff, während der ersten von zwei echten Safety-Car-Phasen auf die härtere Reifenmischung zu wechseln, wäre ohne das zweite Virtuelle Safety Car und den zweiten Einsatz von Bernd Mayländer vielleicht aufgegangen. Mercedes' blieb in Führung, weil die Boxenstopps durch die Verlangsamung des Feldes kaum Zeit kosteten.

"Wir haben versucht, ihm die Party zu vermiesen", sagte Vettel später: "Es spricht wohl schon für Stärke, wenn man einen kühlen Kopf bewahrt und die richtigen Entscheidungen trifft."

Higlight-GP zehn Jahre nach dem Indy-Skandal

Am Ende bleibt ein erfreuliches Fazit: Zehn Jahre nach dem Michelin-Skandal von Indianapolis hat die Formel 1 in den USA mit einem Rennen Geschichte geschrieben, das aufgrund seiner vielen Highlights noch lange in Erinnerung bleiben wird. "Zum Anschauen war das heute das beste Rennen aller Zeiten", jubilierte Lauda - trotz oder gerade wegen der mannigfaltigen Behinderungen durch Hurrikan Patricia.

Red Bull griff die überlegenen Silberpfeile an. Die Scuderia hatte das schnellste Auto. Kimi Räikkönen befreite den Ferrari mit Vollgas aus einer Werbebande und lieferte einen neuen, erinnerungswürdigen Funkspruch im packenden Duell mit Youngster Max Verstappen. Nur zwölf Fahrer sahen durch Unfälle und technische Defekte überhaupt die Zielflagge.

Hamilton bleibt Thema des Tages

Die wichtigste Geschichte aber bleibt: Hamilton ist der erste Brite, der seine Formel-1-Weltmeisterschaft verteidigt hat - nach einem entscheidenden Fehler des größten Konkurrenten und einem unfairen Manöver.

"Das ist jetzt nicht der Moment, ihn zu kritisieren. Er ist Weltmeister - und zwar ein verdienter Weltmeister", versuchte Wolff sämtliches Gerede um einen neuen Krieg der Sterne im Keim zu ersticken: "Das Thema werden wir in ein paar Tagen diskutieren und sicherstellen, dass sich das nicht zu einer größeren Sache auswächst."

Rosberg wird sich damit kaum zufrieden geben. "Es hat sich ziemlich heftig angefühlt, als die Räder zusammenprallten. Er war zu aggressiv. Er ist definitiv zu weit gegangen. Das war nicht in Ordnung", sagte der Deutsche: "Wenn man es übertreibt, dann hat man einfach etwas falsch gemacht."

Die Grundlage für weitere Auseinandersetzungen der Mercedes-Piloten ist da. Schon am kommenden Wochenende steigt das Comeback des Mexiko-GP. Viel Zeit für Party oder Frustbewältigung bleibt da nicht.

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