Ferrari-Versteckspiel gegen Mercedes

Ferrari fuhr bei den Testfahrten in Barcelona Bestzeiten - mit ultraweichen Reifen
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In die Formel-1-Saison 2016 startet Mercedes als Favorit. Die Hoffnung auf einen direkten Kampf von Sebastian Vettel gegen Lewis Hamilton besteht. Der Weltmeister ist sich sicher, dass Ferrari beim Großen Preis von Australien (alle Sessions im LIVETICKER) die eigene Leistung nochmals steigert. Im Hintergrund lauert Nico Rosberg, der um seine Zukunft im Silberpfeil kämpft.

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"Ich kann mich nicht erinnern, das gesagt zu haben", eröffnete der amtierende Weltmeister die erste offizielle Pressekonferenz der Formel-1-Saison 2016.

Es ging lediglich um die Ankündigung, die Leistung im Vergleich zum Vorjahr nochmals zu steigern. Eine Floskel, die jeder Fahrer ohne zu zögern tausendfach vor dem Saisonstart herausposaunt. Trotzdem musste Hamilton widersprechen. Gleich mehrfach fühlte er sich angefasst.

Erst im zweiten Satz bestätigte der Weltmeister dann doch die Aussage. "Man strebt immer nach Perfektion, lernt, wächst - außerhalb und innerhalb des Sports", so Hamilton: "Man versucht jedes Mal, die perfekte Runde hinzubekommen. Man versucht die Latte immer höher zu legen, weil sie immer höher gelegt werden kann."

Was sich anhört wie übliche Floskeln, ist ein ungewöhnlich klarer Blick ins Seelenleben des dreifachen Champions. Niemals ruhend, sich zu Höherem berufen fühlend, verfolgt Hamilton ein Ziel: die Konkurrenz ohne Rücksicht auf Verluste in den Schatten zu stellen.

In der Saison 2016 ist der Weltmeister gefordert. Doppelt.

Endet Rosbergs Mercedes-Zeit?

Nico Rosberg sinnt auf Wiedergutmachung, nachdem er in der Saison 2015 unglücklich den Anschluss verlor. Drei Siege, dann ist er der F1-Pilot mit den meisten GP-Erfolgen ohne WM-Titel. Und: Nach der Saison endet sein Vertrag.

Fährt der Deutsche wieder unterhalb seines Niveaus der Saison 2014, dürfte es für ihn brenzlig werden. Valtteri Bottas, Daniel Ricciardo, Kimi Räikkönen, Jenson Button, Nico Hülkenberg - 75 Prozent des aktuellen Fahrerfeldes stehen als Ersatz bereit, weil die Verträge auslaufen. Mercedes-Junior Pascal Wehrlein fährt sich bei Manor schon warm.

"Ich habe 14 Rennen gewonnen, zwei Konstrukteurstitel, hatte viele gute Momente", verteidigte sich Rosberg gegenüber Bild: Hamilton sei zwei Jahre besser gefahren: "Das ist auch ein gewaltiger Anreiz: Den Weltmeister zu schlagen, ist das Schönste überhaupt."

Sein Team lässt ihm die Freiheit: "Wir haben die Regeln im Vergleich zum vergangenen Jahr in diesem Jahr reduziert", so Motorsportdirektor Toto Wolff: "Wir sind es ihnen und auch der Formel 1 schuldig, sie gegeneinander fahren zu lassen. Das wird an manchen Stellen ein bisschen schwieriger werden für uns als Team, aber es ist notwendig."

Für Ferrari zählt nur der Titel

Genau das könnte jedoch zum Problem werden. Beharken sich die eigenen Fahrer, profitiert der Verfolger. Der lauert schon.

"2016 soll das Jahr sein, an dem wir an die Spitze zurückkehren", sagt Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene. Sebastian Vettel stimmt ein: "Der Titel muss der Anspruch sein, den Ferrari hat. Dafür bin ich nach Maranello gekommen. Die 1 muss zurück aufs rote Auto."

Ferraris Sehnsucht ist riesig. Acht Jahre ohne Titel nagen am Selbstbewusstsein des erfolgreichsten Rennstalls der Formel-1-Geschichte.

Die Scuderia riskiert viel, um das ultimative Ziel zu erreichen. Die Antriebseinheit wurde über den Winter radikal modifiziert. 23 von 32 Einheiten zur Weiterentwicklung des Hybrid-Motors sind bereits verbraucht. Die drei anderen Hersteller waren genügsamer.

Auch außen sind die Änderungen deutlich zu erkennen: Das Aufhängungskonzept an der Vorderachse haben die Ingenieure nach Jahren auf Druckstreben umgestellt, die Karosserie viel aggressiver gestaltet. Das Heck ist schlanker, die Nase kürzer.

Mercedes fürchtet die rote Gefahr

"Ich sehe deutlich, dass Ferrari auf uns mit großen Schritten aufholt", sagt Mercedes' Niki Lauda bei RTL: "Ich vermute, dass die bis auf zwei, drei Zehntel an uns heran gerückt sind. Das ist schon ein gefährlich kleiner Vorsprung." Zwei, drei Zehntel Vorsprung trennten Vettel in seiner erfolgreichen Red-Bull-Zeit meist auf Fernando Alonso im Ferrari.

Der vierfache Weltmeister versucht mittlerweile, die Erwartungshaltung etwas zu dämpfen. Ob Ferrari das Paket beisammen hat, um Mercedes in Schwierigkeiten zu bringen, wurde er am Donnerstag gefragt. "Ich glaube, wir haben es. Die Frage ist natürlich, ob wir rechtzeitig bereit sind", lautete seine Antwort: "Unser Ziel ist es, die Wende zu schaffen. Mercedes ist immer noch der Favorit. Wir versuchen, es in der Zukunft zu sein."

Melbourne macht den Weltmeister

Viel hängt vom Auftritt in Melbourne ab. Denn auch wenn alle Beteiligten jährlich mantraartig wiederholen, dass der Große Preis von Australien speziell ist und die wahren Hackordnung nicht am Melbourne-Ergebnis abgelesen werden kann, spricht die Vergangenheit eine andere Sprache.

Zwanzig Grands Prix fuhr die Formel 1 im Albert Park. Zwölfmal gewann der Melbourne-Sieger die Fahrer-Weltmeisterschaft. Die 60-prozentige Quote wird bei den Konstrukteuren sogar noch überboten: Das in Australien siegreiche Team beendete vierzehnmal die Weltmeisterschaft auf Platz 1. Das entspricht 70 Prozent. Lediglich Red Bull Racing hatte Jahr für Jahr Probleme in Down Under und sicherte sich letztlich doch die Titel.

Was Ferrari wirklich verbessern muss

Ob die Scuderia für den großen Wurf schon bereit ist, wird sich bereits früh abzeichnen. Eine Schwäche muss sie dafür definitiv endgültig beseitigen: das Qualifying.

Fünf Pole Positions in den letzten sechs Jahren sind eine beängstigend schwache Ausbeute. "Es gibt kein großes Geheimnis dahinter. Im Qualifying geht es um die pure Performance des Autos", so Vettel: "Wir versuchen natürlich dieses Jahr näher dran zu sein. Wie nah? Ich weiß es nicht, ich habe keine Antwort... noch nicht."

Hamilton fürchtet Ferrari und fehlendes Wissen

Schon am Samstag wird Vettel sie haben. Dabei hat er einen Vorteil auf seiner Seite: Sein britischer Widersacher hat ein kleines Problem mit der Reifenwahl. "Wir haben den supersoften Reifen nicht benutzt", rekapitulierte Hamilton die acht Testtage vor der Saison, bei denen Mercedes nur Kilometer schrubbte.

Die Reifenmischung, die jeder Fahrer im entscheidenden Qualifying-Abschnitt fahren muss, kennt er also noch gar nicht. Am Freitag exzessiv Daten über den neuen Gummi zu sammeln, dürfte zudem problematisch werden. Die Wetterfrösche prognostizieren Regen.

"Im Nachhinein denke ich, dass wir den Plan vielleicht hätten ändern sollen, als wir realisiert hatten, wie viel Distanz wir zurücklegen", kritisierte Hamilton deshalb das Testprogramm seines eigenen Teams.

Den Weltmeister haben die Leistungen der Truppe aus Maranello beunruhigt: "Dieses Jahr scheint das ganze Rudel näher beisammen. Ich glaube, sie haben für dieses Wochenende noch etwas in der Hinterhand. Ferrari wird viel näher dran sein, als sie erzählen. Sie stapeln tief."

Sämtliche Beteiligten machen Hoffnung, dass die Saison 2016 der Formel 1 das bringt, worauf die Fans seit zwei Jahren sehnsüchtig hoffen: den Kampf mehrerer Piloten in verschiedenen Autos, Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel - wenn Rosberg aufdreht, umso besser.

Der Formel-1-Kalender 2016 im Überblick

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