Das von Haas in der Formel 1 verfolgte Modell ist amerikanisch. In der NASCAR hat er es in den vergangenen Jahren erfolgreich umgesetzt. Dort startete Stewart Haas Racing seit der Gründung im Jahr 2003 mit technischer Unterstützung von Hendrick Motorsports. Zwei Fahrer-Titel holte Mitbesitzer Tony Stewart in den Jahren 2011 und 2014.
Dort lernte Gene Haas übrigens auch seinen heutigen Teamchef kennen: Günther Steiner. Der Südtiroler machte dem Selfmade-Geschäftsmann den Formel-1-Einstieg schmackhaft, nachdem er für Red Bull ein NASCAR-Team aufgebaut hatte. Die Österreicher vertrauten ihm das Projekt an, weil er zuvor schon Jaguar für sie in Red Bull Racing umgewandelt hatte.
Steiners Plan: Unter keinen Umständen ohne Wissen starten. Das hatten schließlich Virgin/Marussia, Lotus/Caterham und Hispania/HRT erfolglos versucht. Stattdessen sollte das Auto wie von Stewart Haas von einem etablierten Konstrukteur bezogen werden. Doch sowohl der Dritt-Auto-Plan als auch die direkte Belieferung von Kundenteams bekam keine Zustimmung.
"Ich habe daraufhin Gene Haas gefragt, ob er es überhaupt noch machen will. Wir haben ein paar Wochen überlegt, und irgendwann ist uns die Idee gekommen, dass es klappen könnte, wenn man mit einem großen Team zusammenarbeitet und so viele Teile kauft, wie es das Reglement erlaubt", erzählt der in Südtirol geborene Steiner.
Wenn nicht Mercedes, dann halt Ferrari
Mercedes ließ die Amerikaner abblitzen, doch Ferrari schlug zu. Einerseits ist der US-amerikanische Markt für die Italiener seit jeher eines ihrer Hauptabsatzgebiete, andererseits bot sich eine lohnenswerte Perspektive: Mehr Daten für die eigene Entwicklung.
"Im Prinzip machen wir nichts anderes als Force India bei Toyota. Wir sind Kunde im Ferrari-Windkanal", sagt Steiner. Das bestätigte die FIA bei einer Untersuchung schon Mitte 2015. Datenaustausch sei nicht festzustellen. Doch beim Saisonabschluss in Australien mussten die Stewarts die Regeln genau auslegen, weil Mercedes mit den Antworten unzufrieden war.
Auch wenn noch nicht klar ist, ob Haas auch auf den aerodynamisch fordernden Strecken so weit vorne landet wie in Australien und Bahrain - andere Teams könnten nachziehen.
Haas ist Glücksgriff statt Gefahr
Für die Formel 1 ist das Team deshalb vielmehr Glücksgriff denn Gefahr. Die US-Amerikaner beweisen, dass ein Neueinstieg in die Königsklasse gelingen kann.
Grosjean darf deshalb stolz sein. Schließlich hatten ihn viele für seine Entscheidung kritisiert, Lotus zu verlassen, obwohl der Renault-Einstieg bevorstand. "Ich habe die Wahl getroffen, weil ich an dieses Projekt glaube. Heute sieht man, dass es so gekommen ist, wie ich mir es vorgestellt habe. Nach vielen Jahren mit Renault und Lotus war es ein notwendiger Schritt, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich sammele jetzt meine eigene Erfahrung", sagte der 29-Jährige in Sakhir.
Was Haas macht, ist aktuell extrem wichtig, schließlich kämpfen Teams wie Sauber seit Jahren ums finanzielle Überleben. Williams und Force India werden sich darüber trotzdem nicht freuen. Weitere Neueinsteiger, die das Know-How der Topteams nutzen, würden ihnen WM-Punkte und damit Geld aus dem Preisgeld-Topf kosten.
Was Symonds bei seinen Warnungen zu erwähnen vergisst: Haas Modell ist keineswegs revolutionär. Sein eigener Chef, Frank Williams, stieg in der Saison 1969 in die Formel 1 ein. Er kaufte sich dafür einen aktuellen Brabham BT26A und baute keineswegs selbst das Auto.
Die Formel-1-WM 2016 im Überblick