SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Formel-1-Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 15 der Saison 2016: Der Große Preis von Singapur. Mit dabei: Nico Rosberg wie verwandelt, Kimi Räikkönen auf dem Höhepunkt und Lewis Hamilton im Schlamassel.
Platz 1, Nico Rosberg: War das wirklich Nico Rosberg? Oder hat ein Außerirdischer den Silberpfeil gekapert? 0,531 Sekunden Vorsprung auf Daniel Ricciardo fuhr der Deutsche im Qualifying heraus und sicherte sich damit die Pole Position für den Start in sein 200. Formel-1-Rennen. 0,704 Sekunden Rückstand hatte Lewis Hamilton auf den eigenen Teamkollegen. Eine Fabelleistung am Samstag. Und eine krachende Ohrfeige für den Weltmeister, der ganz weit weg von seiner Normalform war.
Damit nicht genug: Rosberg erwischte einen perfekten Start. Daniel Ricciardo brannte links von ihm mit durchdrehenden Rädern ordentlich Gummi auf den Asphalt. Rosberg setzte das Drehmoment perfekt um, hinterließ nicht die geringste Spur. Startprobleme bei Mercedes? Zumindest dieses Mal war davon keine Spur.
Für Rosberg ist Singapur der zweite Sieg im Driver-Ranking in der Saison 2016, seine Russland-Vorstellung kommt an die in der asiatischen Sauna aber nicht mal annähernd ran. Er behielt einen kühlen Kopf, als Mercedes ihm wiederholt durchgab doch bitte auf seine Bremsen aufzupassen. Rosberg managte die Technik makellos und blieb selbst in der Schlussphase ruhig, als Daniel Ricciardo mehrere Sekunden pro Runde aufholte. Der Deutsche fuhr exakt so schnell wie nötig.
Platz 2, Daniel Ricciardo: Für Straßenkurse muss ein Rennfahrer geboren sein. Die fehlenden Auslaufzonen, die ständige Gefahr der Mauer, trotzdem immer am Limit zu sein - genau das kann Ricciardo perfekt.
Ob in Monaco oder Singapur, stehen Leitplanken am Rand des Asphaltbands, läuft der Australier zur Höchstform auf. Ricciardo schob sich im Qualifying mit einer perfekten Runde zwischen beide Silberpfeile. Allein das unterstreicht die Klasse seiner Leistung.
Platz 3, Kimi Räikkönen: So langsam sollte Vettel beim Blick auf die Gesamtwertung des Driver-Rankings ein Jäckchen anziehen: Der Iceman fliegt von hinten heran! Räikkönen schaffte nach der Vertragsverlängerung einen Aufschwung, der in Singapur zu einem neuen Hoch führte.
Räikkönen wirkte das gesamte Wochenende über stark, im Rennen setzte er Hamilton massiv unter Druck. Er hetzte ihn in einen Fehler, der ihm das Podium beschert hätte, wenn Ferrari fehlerfrei geblieben wäre.
Fast hätte es für den Finnen sogar zum Tagessieg gereicht. Einzig seine Übermotivation im entscheidenden Quali-Moment führt zu einem Abzug in der B-Note. Im ersten Q3-Run war der Finne noch schneller als die Red Bull, dann überfuhr er den SF15-T leicht.
Platz 4, Kevin Magnussen: Das Erbe der Lotus-Vergangenheit belastet Renault schon die ganze Saison. Darunter litten auch die Fahrer. Noch immer lässt das französische Werksteam seine Paarung für das Jahr 2017 offen. Auch weil weder Magnussen noch Teamkollege Palmer wirklich überzeugten. Der Zeitpunkt, um sein großes Potenzial aufblitzen zu lassen, hätte also kaum besser sein können.
Magnussen lieferte, was die Teamleitung um Frederic Vasseur bestellt hatte. Zum ersten Mal seit dem Rennen in Sotschi fuhr ein Renault-Pilot in Singapur in die Punkte. Abermals war es Magnussen, der beim Nachtrennen Zehnter wurde. Der Däne nutzte die Turbulenzen beim Start. Seine Position auf der Strecke verteidigte er entschlossen mit präziser, schneller und reifenschonender Fahrweise.
Platz 5, Sebastian Vettel: Für den letzten Startplatz konnte der vierfache Weltmeister nichts. Ferraris Technik hatte gestreikt. Ferraris Mut, das Rennen mit der härtesten Reifenmischung zu beginnen, zahlte sich aus. Vettel fuhr geduldig hinter der Konkurrenz her, wenn er musste. Hatte er eine Chance vorbeizuziehen, nutzte er sie.
Die Taktik Strategie setzte Vettel hervorragend um. Platz 5 nach Startplatz 22 auf einer Strecke wie Singapur ohne leichtes Überholen durch riesige DRS-Zonen? Fast ausgeschlossen. Vettel schaffte es. Das ändert aber nichts daran, dass er an diesem Wochenende der langsamere Ferrari-Mann war.
Platz 6, Fernando Alonso: Der Spanier hält trotz Honda-Einschränkungen unverfroren mit den Bestplatzierten im Driver-Ranking mit. Beim letzten Rennen in Italien noch punktlos, legte der zweifache Weltmeister in Singapur eine große Schippe drauf. Von Platz 9 katapultierte er sich beim Start nach vorn, danach stand mal wieder Demotivation an.
Dass sich Alonso immer wieder öffentlich über die aktuelle Formel 1 beschwert, könnte auch mit seinem Auto zusammenhängen: Gegen die von hinten aufholenden Verstappen und Vettel hatte er mit dem McLaren keine echte Chance und musste sich geschlagen geben. Verlieren macht einem zweifachen Weltmeister halt am wenigsten Spaß.
Platz 7, Sergio Perez: Eine Strafversetzung um acht Plätze kassierte Perez, weil er im Qualifying nach Ansicht der Rennleitung zu schnell war. Ein leicht vermeidbarer Fehler. Doch am Sonntag machte Perez ihn mehr als wett. Sein Rennen war makellos. Force Indias mexikanischer nutzt die Safety-Car-Phase zum Reifenwechsel, danach brauchte er einen weiteren Stopp und arbeitete sich intelligent bis auf Rang 8 vor.
Platz 8, Daniil Kvyat: Russischer Abend in Singapur? Zumindest glänzte der zu Toro Rosso degradierte Red-Bull-Junior im Vergleich zu vielen Rennen dieser Saison. Kvyat verteidigte sich entschlossen gegen seinen RBR-Nachfolger Verstappen und machte so die Quali-Niederlage gegen Carlos Sainz jr. beinahe vergessen.
Vielleicht wäre ohne den Zeitverlust beim Kampf gegen den Niederländer eine bessere Platzierung als Rang 8 drin gewesen. Mit dem A-Team kann Toro Rosso trotz des in Singapur geringeren Einflusses der alten Antriebseinheit von Ferrari nicht mithalten. Dass Kvyat wieder mit vollem Einsatz und gleichzeitig bedacht fährt, ist für seine Zukunft aber ein erfreuliches Zeichen.
Platz 9, Pascal Wehrlein: Immer wieder erklärte der Mercedes-Junior im Saisonverlauf, er habe Probleme mit dem Reifenverschleiß im Rennen. Zumindest in Singapur wurde er dadurch nicht behindert. Satte 24 Runden hielt Wehrlein im letzten Stint auf Ultrasofts aus. Dass er Ericsson im Sauber hinter sich hielt, war das maximal Mögliche. Teamkollege Ocon hatte abermals nicht den Hauch einer Chance.
Platz 10, Carlos Sainz jr.: Den Startunfall mit Nico Hülkenberg konnte der Spanier nicht verhindern. Auch an seinem dürftigen Ergebnis trug der Sohn der Rallye-Legende kaum Schuld. Sainz musste nach dem Startunfall zur Reparatur, er kam mitten im Verkehr wieder raus. Taktische Vorteile hatte er nicht. Auch ohne Glanzpunkte war seine Leistung trotzdem akzeptabel.
Härtefall, Lewis Hamilton: Untauglich war der Weltmeister nicht, aber knapp davor. Tiefe Sorgenfalten muss dieses Wochenende definitiv auf sein Gesicht getrieben haben. Wie bei seinem Teamkollegen schien ein Außerirdischer auch Hamiltons Silberpfeil gekapert zur haben. Nur war der offenbar kein guter Rennfahrer.
Hamilton verzettelte sich mit dem Setup, er kassierte im Qualifying eine schallende Ohrfeige und leistete sich im Rennen einen Fehler, durch den er das Podium wegschmiss. Seinen Mechanikern und Ingenieuren sollte der Engländer für den Taktikkniff mindestens eine Palette Bier auf den Werksparkplatz stellen.
Formel 1: Kalender und WM-Stand 2016 im Überblick