Lewis Hamilton: Der Schuminator

Dominik Geißler
28. August 201714:57
Lewis Hamilton gewann in Belgien seinen 58. GP-Sieggetty
Werbung

Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 12 der Saison 2017: der Große Preis von Belgien in Spa. Über allen thront Lewis Hamilton, der in einer wichtigen Kategorie mit Michael Schumacher gleichzog. Doch auch Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo wissen zu überzeugen, während bei Ferrari gemischte Gefühle vorherrschen. Force India bestraft sich selbst.

Platz 10, Jolyon Palmer:

Sein Cockpit für 2018 hat Palmer aller Voraussicht nach verloren. Trotzdem reiste er offenbar motiviert aus der Sommerpause zurück und legte eine starke Quali-Performance hin, bis sie jäh von einem Getriebeschaden in Q3 beendet wurde. Zuvor hatte der Brite sogar Teamkollege Hülkenberg geschlagen.

Von Platz 15 aus ins Rennen gegangen, war ein gutes Ergebnis dann kaum noch zu erreichen, zumal der Renault seine Schwächen auf der Gerade hat und Überholen somit nur schwer möglich war. Trotzdem einer der besseren Auftritte von Palmer.

Platz 9, Carlos Sainz Jr.:

Der Toro Rosso lief wie zu erwarten nicht so rund auf dem 1921 eröffneten Traditionskurs. Trotzdem feierte das Red-Bull-Schwesterteam einen WM-Zähler, weil der Spanier einen guten Sonntag erwischte und sich als Reifenflüsterer profilierte. 19 Runden hielt er auf den Ultrasofts aus. Damit entzog er sich dem Verkehr vor ihm und legte den Grundstein für ein Top-10-Ergebnis.

Und wer weiß, wäre das Safety Car nicht auf die Strecke gekommen, hätte der 22-Jährige auf den im Vergleich zur Konkurrenz frischeren Reifen noch weiter nach vorne fahren können. So oder so setzte Sainz aber eine Erfolgsserie fort: Immer, wenn er in dieser Saison die Zielflagge sah, tat er das in den Punkterängen. Chapeau!

Platz 8, Esteban Ocon:

Der junge Franzose musste sich in der Qualifikation zwar Sergio Perez geschlagen geben, zeigte dafür aber im Rennen eine gute Pace. Platz neun ist in Ordnung, allerdings wäre vermutlich noch mehr für Ocon drin gewesen - wäre da nicht dieser Perez gewesen ... (s. Härtefall, Seite 2) Ocons Wut nach dem Rennen war mehr als verständlich.

Platz 7, Kimi Räikkönen:

Der Iceman präsentierte sich sportsmännisch im dritten Quali-Segment, als er Vettel freiwillig durch Sektor drei zog. Vorausgegangen war allerdings ein Quersteher in Kurve neun, der ihm ein gutes Samstagsergebnis zunichte machte.

Zunichte machte er sich auch ein mögliches Podium, als er bei Doppel-Gelb nicht reagierte und mit Vollgas über die Kemmel-Gerade bretterte. Die Folge: eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe. Natürlich war Räikkönens Aktion nicht die klügste in seiner langen Karriere, allerdings war die von den Rennstewards auferlegte Strafe zu hart. Ein Fünf-Sekunden-Plus beim Boxenstopp hätte es auch getan.

Sei es drum: Der Schweiger aus Espoo ließ sich von dem Urteil nicht aus der Ruhe bringen und nutzte seine Chance nach der Safety-Car-Phase, als er den doppelten Windschatten von Ricciardo und Bottas nutzte, und innen am finnischen Landsmann vorbeiging. Eine starke Aktion.

Platz 6, Romain Grosjean:

Während Haas-Kollege Kevin Magnussen beim Restart seine Reifen wohl nochmal etwas zu sehr anheizen wollte und dabei fast in die vor ihm fahrende Konkurrenz gekracht wäre, hielt sich Grosjean von allen Missetaten fern und fuhr einen überlegten Grand Prix. Platz sieben und damit sechs WM-Punkte waren das Maximum an diesem Wochenende.

Platz 5, Felipe Massa:

Im Qualifying war Williams mal wieder desolat. Platz 16 für Massa, Platz 18 für Stroll, das ist auf einer Power-Strecke wie Spa einfach zu wenig. Doch Massa machte den schwachen Samstag schnell vergessen und gewann vom Start an Position um Position. Entsprechend groß war am Ende die Freude über den achten Platz: "Das ist für uns wie ein Sieg!" Ein Rennergebnis, auf das der Brasilianer nach seiner gesundheitsbedingten Absage beim Ungarn-GP aufbauen kann.

Platz 4, Sebastian Vettel:

Vor dem Wochenende rechnete man vielerorts mit einer silbernen Startreihe Nummer eins. Doch da hat man die Rechnung ohne Ferrari gemacht, das überraschend nah dran an Mercedes war - und mal wieder den Teamfaktor zu seinem Vorteil nutzte. Windschattengeber Räikkönen brachte Vettel im finalen Q3-Run einen Geschwindigkeitsbenefit von 15 km/h und half ihm so auf Platz zwei.

Am Sonntag hielt der Heppenheimer die Lücke zu Hamilton konstant gering, ließ nie abreißen und wahrte sich so lange eine Siegchance. Diese war besonders beim Restart groß: Mit Ultrasofts hatte er die besten Karten, seinen WM-Rivalen zu schlagen. Doch ließ er sich von Hamilton austricksen und verpasste so die 25 Punkte.

Platz 3, Nico Hülkenberg:

Das Update, das Renault erstmalig beim Großbritannien-GP mitbrachte, funktioniert. Das zeigte sich beim Rennen in Silverstone und das wurde auch in Belgien offensichtlich. Hülk mauserte sich zum wiederholten Male zum Best of the Rest, wurde im Qualifying Siebter und im Rennen dank Max Verstappens Ausfall Sechster.

Ohne Fehl und Tadel manövrierte er seinen gelben Flitzer um den Kurs, lieferte sich zu Rennbeginn schöne Duelle mit Fernando Alonso und wehrte einen Angriff von Ocon souverän auf der Bremse ab. Die Mittelfeld-Konkurrenz um Haas und Force India bereitete ihm keine Sorgen.

Platz 2, Daniel Ricciardo:

Champagner gab es diesmal nur aus der Flasche, nicht aus dem Schuh. Der Australier verzichtete bei der Siegerehrung auf seinen mittlerweile fast schon legendären "Shoey" und passte sich damit dem üblichen Prozedere wieder an. Weniger erfreulich dürfte der dritte Platz deswegen aber nicht gewesen sein, immerhin hat er seinen Vorsprung auf Kimi Räikkönen in der WM wieder ausbauen können.

Dass es Ricciardo überhaupt aufs Podest schaffte, lag wohl nicht zuletzt am Ausfall seines Teamkollegen Max Verstappen und Räikkönens Zeitstrafe. Schmälern soll das seine Leistung im Rennen aber nicht. Er fuhr fehlerlos und war im entscheidenden Moment beim Restart hellwach, schnupfte Bottas und hielt anschließend Räikkönen im eigentlich schnelleren Ferrari auf Distanz.

Einzig und allein die Qualifying-Statistik spricht nicht für Ricciardo, 4:8 liegt er hier liegt er im Vergleich mit Verstappen zurück. In Spa muss man dem Aussie-Boy jedoch zugute halten, dass er im Training viel mit dem Setup experimentieren musste und sich so nicht ideal auf die Zeitenjagd vorbereiten konnte.

Platz 1, Lewis Hamilton:

Michael Schumacher ist der Formel-1-Fahrer mit den meisten Weltmeistertiteln, mit den meisten Siegen, mit den meisten Podestplätzen, mit den meisten schnellsten Rennrunden, mit den meisten Führungskilometern und mit den meisten Pole Positions. In allen Statistiken ist er alleiniger Rekordhalter. In allen? Seit Samstag nicht mehr!

Hamilton fuhr in Spa-Francorchamps, dem sogenannten Wohnzimmer von Schumacher, zum 68. Mal auf Startplatz eins und stellte damit die Bestmarke ein. Wann sie fallen wird, ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Mit dieser Leistung trug sich der Engländer nicht nur ein weiteres Mal in die Geschichtsbücher ein, sondern legte auch den Grundstein für seinen fünften Saisonsieg. In einem fehlerfreien Rennen wehrte er zunächst Vettels Attacke nach dem Start cool ab und ließ sich im Anschluss von Vettels Jagd nicht beeindrucken.

Besonders clever agierte Hamilton beim Restart: Vor der Eau Rouge nahm er bewusst Gas raus, um Vettel hinter sich auflaufen zu lassen, sodass dieser frühzeitig aus dem Windschatten heraus musste. Der Hochgeschwindigkeitsvorteil des Ferraris war damit dahin, Hamilton behielt seine Position. In den nächsten Runden feuerte der Mercedes-Pilot dann auf den eigentlich langsameren Softs Zeiten in den Asphalt, bei denen Vettel nicht mithalten konnte.

Härtefall, Sergio Perez:

Ai, ai, ai, was machen die Force-India-Piloten da? Wobei man in dem Fall eher fragen muss: Was macht Perez da? Bereits kurz nach dem Start drückte er Teamkollege Ocon fast in die Mauer. Hier kann man noch Gnade vor Recht walten lassen, Perez in Schutz nehmen und sagen, dass er seinen Konkurrenten nicht gesehen hat.

Was der Mexikaner aber dann in Runde 30 ablieferte, entbehrt jeglicher Verteidigungsgrundlage. Ganz bewusst machte er die Lücke für den bereits mit einer Reifenlänge neben ihm fahrenden Ocon immer kleiner und quetschte ihn so fast erneut in die Wand. Damit brachte er nicht nur den Mercedes-Junior in Bedrängnis, sondern ruinierte auch noch sein eigenes Rennen.

Dass Perez im Anschluss die Schuld von sich wies, zeugt nicht von besonders großem Sportsgeist. Force India wird auf die teaminternen Kämpfe reagieren.