HAMmer Time! Aber Hülk setzt einen drauf

Dominik Geißler
17. Juli 201716:16
Lewis Hamilton gewann sein Heimrennen zum fünften Malgetty
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Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 10 der Saison 2017: der Große Preis von Großbritannien in Silverstone. Lewis Hamilton leistet bei seinem Heimspiel Historisches, doch Nico Hülkenberg düpiert den Mercedes-Star trotzdem. Sebastian Vettel schwächelt, während Fernando Alonso die Fans zum Jubeln bringt.

Platz 1, Nico Hülkenberg:

Der Renault-Pilot bewies im "Home of British Motorsport" Manieren und bedankte sich bei seinem Team artig für die neuen Teile, die es ihm an den R.S.17 schraubte. Wie? Mit dem besten Auftritt in dieser Saison.

Während Teamkollege Jolyon Palmer Gerüchten zu Folge kurz vor der Absägung steht - Toro-Rossos Carlos Sainz Jr. soll das Cockpit übernehmen -, fuhr Hülkenberg sowohl im Qualifying als auch im Rennen auf einen formidablen sechsten Platz. Mehr geht in einem Renault nicht.

Ohne Fehl und Tadel manövrierte er sein Zitronenmobil um den Silverstone Circuit. Um ein Haar hätte er sogar noch Daniel Ricciardo hinter sich gelassen. Doch mit einer stockenden Power-Unit waren die Waffen des Emmerichers dann doch etwas zu stumpf.

Platz 2, Lewis Hamilton:

Der dreimalige Weltmeister hat's mal wieder geschafft: Wir kramen die Geschichtsbücher raus, nehmen einen Stift in die Hand und tragen seinen Namen gleich mehrfach ein. Herzlichen Glückwunsch!

Hamilton zog nämlich mit seinem fünften Sieg in der Heimat nicht nur mit Legenden wie Alain Prost und Jim Clark gleich, er holte sich dank Pole Position, schnellster Rennrunde und Start-Ziel-Sieg auch seinen fünften Grand Slam. Damit hat er in dieser Bestenliste genauso viele perfekte Wochenenden abgeliefert wie Michael Schumacher, nur Clark ist mit acht Stück noch etwas besser aufgestellt.

Beeindruckend war dabei vor allem die Quali-Runde, die ihn über eine halbe Sekunde von der Konkurrenz entfernte. Dass er dann auch tatsächlich von der Pole starten durfte, verdankte er der Milde der Stewards. In Q3 hatte er Romain Grosjean behindert und diesem laut Haas rund drei Zehntel gekostet.

Den späteren Sieg holte Hamilton dann mühelos. Mit dem drückend überlegenen Mercedes war sein Erfolg nie in Gefahr und das Limit musste er wohl kaum einmal suchen. Ein entspannter Nachmittag also für den Engländer, der noch vor dem GP scharf kritisiert wurde, weil er als einziger Fahrer ein Fan-Event in London sausen ließ und stattdessen lieber mit Freunden Urlaub auf Mykonos machte.

Platz 3, Kimi Räikkönen:

Nach den meist eher semi-guten Auftritten in diesem Jahr zeigte sich der Iceman an diesem Wochenende formverbessert. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag war er der schnellere Ferrari-Mann.

Gegen Hamilton war Räikkönen chancenlos, doch gegen den heraneilenden Valtteri Bottas hätte er sich wohl verteidigen können - wäre da nicht dieser Reifenschaden zweieinhalb Runden vor Schluss gewesen.

So musste sich der Champion von 2007 also mit dem dritten Platz begnügen. Ein gutes Ergebnis, auch wenn Räikkönens Gesichtsausdruck auf dem Podium eher nach Beerdigung denn nach Siegerehrung aussah.

Platz 4, Max Verstappen:

Mit P5 holte der jüngste Grand-Prix-Sieger aller Zeiten das Maximum in der Qualifikation heraus. Für das Rennen hoffte er dann auf Regen, doch Petrus trank an diesem Sonntagnachmittag offenbar nicht genug aus der Red-Bull-Dose und hielt die Himmelsschotten dicht.

Gut lief es für Verstappen dann aber dennoch: In der Startphase ging er konsequent an Sebastian Vettel vorbei. Anschließend lieferte er sich mit dem Ferrari-Piloten ein packendes Duell, bei dem es ihm gelang, sich trotz schlechteren Materials auf der Strecke zu behaupten.

Nachdem Vettel dank eines Undercuts doch einen Weg vorbei fand, fuhr Verstappen ein recht einsames Rennen , in dem er mehr auf seine Reifen als auf mögliche Gegner aufpassen musste. Nach den schwierigen letzten Wochen ist Platz vier durchaus als Erfolgserlebnis zu kategorisieren.

Platz 5, Valtteri Bottas:

Mercedes wählte beim Finnen nach dessen Startplatzstrafe eine alternative Strategie und schickte ihn im Gegensatz zu allen anderen Top-10-Fahrern auf Softreifen ins Rennen. Auf diesen hielt er gut mit und schaffte es, sie über 32 Runden am Leben zu halten.

Mit Supersofts schien Bottas dann im zweiten Stint nur so zu fliegen. Vettel kassierte er im superschnellen Silberpfeil problemlos, Räikkönens Platz bekam er nach dessen Gummi-Pech geschenkt.

Abzüge gibt es jedoch für das mäßige Qualifying. Über sieben Zehntel Rückstand auf den Teamkollegen sind einfach zu viel. Bottas selbst schob die große Lücke zu Hamilton auf einen kleinen Verbremser in der Schikane und die Reifen, die er nicht ins Arbeitsfenster bekam.

Platz 6, Daniel Ricciardo:

Wenn du von der letzten Startreihe aus ins Rennen gehst und dich am Ende als Fünfter über Punkte freuen darfst, kann dein Auftritt nicht allzu schlecht gewesen sein. Das bestätigte Ricciardo mit Bravour.

In Q1 war der Australier schnellster Mann, bevor sein Renault-Antrieb streikte und er den Red Bull frühzeitig im Gras parken musste. Apropos Gras: Dorthin ging es für Ricciardo auch in der Anfangsphase des Rennens, als sich er und Kevin Magnussen ins Gehege kamen.

Doch von da an nahm die Aufholjagd des Wahl-Monegassen Formen an. Gefühlt gewann Ricciardo eine Position pro Runde, bis er schließlich auf Platz sieben war. Hier hatte er dann doppelt Glück: Erst ging er kampflos an Vettel vorbei, dann profitierte er von Hülkenbergs Motorenproblemen.

Platz 7, Sebastian Vettel:

Wie ein Ferrari-roter Faden zog sich das Schlamassel durch Vettels Wochenende. Erst bekam er im Ausschreibungswettbewerb für die Pole Position keine ideale Runde hin, dann stellte Palmer seinen Renault noch in der Einführungsrunde neben der Strecke ab.

Das Problem dabei: Durch die zweite Formationsrunde überhitzten Vettels Bremsen, fingen Feuer und erwärmten wiederum die Hinterreifen so sehr auf, dass er am Start keinen Grip fand und seinen Platz an Verstappen verlor.

Am jungen Niederländer fand der Heppenheimer dann über viele Runden keinen Weg vorbei. Betrachtet man den Geschwindigkeitsunterschied zwischen Ferrari und Red Bull, muss man ihm das sicherlich ankreiden. Dass Vettel im zweiten Stint eine ordentliche Pace zeigte und den Abstand zu Räikkönen verkürzte, gibt hingegen Pluspunkte. Auch wenn er gegen Bottas chancenlos war und der Reifenschaden in der vorletzten Runde sein Rennen endgültig ruinierte.

Platz 8, Fernando Alonso:

Für das Highlight der Herzen sorgte der Spanier im ersten Quali-Segment. Bei noch leicht feuchter Strecke wechselte er kurz vor Ende der Session auf Slicks, kam mit Rotwerden der Ampellichter über die Ziellinie und knallte dann unter dem Jubel der britischen Fans mit Abstand die schnellste Zeit raus. Alonso auf Eins - ein Bild, das viele Zuschauer vermisst haben dürften.

In Q2 fuhr der einstige Schumacher-Konkurrent, der wegen Umbauten an der Power-Unit mal wieder 30 Startplätze zurückversetzt wurde, dann nicht mehr am Limit. Zum einen hätte er mit dem Einzug in die Top 10 auf gebrauchten Reifen starten müssen. Zum anderen hätte er Teamkollege Stoffel Vandoorne aus Q3 gekegelt.

Im Rennen arbeitete sich Alonso gut nach vorne. Umso bitterer, dass er seinen McLaren wegen technischer Probleme erneut nicht ins Ziel brachte. Wenn man sieht, dass Vandoorne Elfter wurde, wäre für Alonso vielleicht sogar der eine oder andere Punkt drin gewesen.

Platz 9, Esteban Ocon:

Mit einem Mega-Start quetschte sich der Franzose an Sergio Perez und Hülkenberg vorbei. Den Deutschen konnte er dann nicht lange hinter sich halten, dem Druck des Teamkollegen hielt er aber über die gesamte Renndauer stand. Eine gute Vorstellung von Ocon.

Platz 10, Marcus Ericsson:

Schwedische Wochen in der Formel 1! Na ja, nicht ganz. Aber immerhin verdient sich Ericsson seinen ersten Punkt im diesjährigen Driver-Ranking.

Im Qualifying war sein Rückstand auf Sauber-Kollege Pascal Wehrlein mit 0,040 Sekunden nur denkbar knapp. Im Rennen zeigte er dann fast durchgehend die bessere Pace und fuhr sogar vor Lance Stroll im Williams und Daniil Kvyat im Toro Rosso ins Ziel. An diese Leistung darf Ericsson gerne anknüpfen.

Untauglich, Daniil Kvyat:

In Spielberg mimte der Russe den Torpedo und zerstörte Verstappens und Alonsos Rennen direkt nach dem Start. Und diesmal? Da bretterte Kvyat in der ersten Runde wie ein Wilder durch die Kurvenkombination Maggotts-Becketts-Chapel. Er kam von der Linie ab, geriet ins Schlingern und traf Teamkollege Sainz so, dass dessen Bolide K.o. ging.

Kvyat machte mit seiner übertriebenen Fahrt also nicht nur sein eigenes Rennen, sondern gleich das des gesamten Teams kaputt. Da der einstige Red-Bull-Pilot nicht nur regelmäßig über das Limit schießt, sondern auch oft genug schlicht zu langsam ist, dürfte es so langsam aber sicher eng für ihn in der Formel 1 werden.

Oder wie es Jacques Villeneuve gewohnt diplomatisch gegenüber autosport ausdrückte: "Er verdient es, zuhause zu bleiben. Denn inzwischen ist es peinlich."