Und die letzte Kerze ist (fast) erloschen

Sebastian Vettel musste in Japan den zweiten Ausfall in dieser Saison hinnehmen
© getty

Während Sebastian Vettel beim Großen Preis von Japan mit seinem Ausfall den nächsten bitteren Rückschlag verkraften musste, fuhr Lewis Hamilton zum Sieg. Die Formel-1-Weltmeisterschaft scheint damit vier Rennen vor Schluss so gut wie entschieden, auch wenn man das bei Mercedes etwas anders sieht. Vettel selbst hadert mit seinem Schicksal, will Ferrari aber keinen Vorwurf machen.

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Sebastian Vettel bezeichnete den Suzuka International Racing Course schon oft als seine Lieblingsstrecke. Die schnellen S-Kurven zu Beginn, die Löffel-Biegung, die berüchtigte 130R - der 1962 eröffnete Traditionskurs hat für die Fahrer viele Leckerbissen parat.

Wirklich oft umfahren durfte Vettel diese berühmten Passagen an diesem Sonntag allerdings nicht. Nach nur vier Runden war für den Heppenheimer Feierabend. Eine nicht funktionierende Zündkerze an seinem V6-Hybridmotor machte alle Träume zunichte.

Träume von seinem fünften Sieg in Japan. Und wohl auch die Träume vom Weltmeisterschaftsgewinn in diesem Jahr. Statt den 34-Punkte-Rückstand auf Lewis Hamilton zu verkürzen, hat Vettel nun ein Defizit von 59 Zählern. Bei vier verbleibenden Rennen ein Abstand, der kaum noch aufzuholen ist.

"Das schmerzt. Die Enttäuschung ist riesengroß", gab Vettel nach seinem Ausfall vor den TV-Mikrofonen zu: "Normalerweise haben wir immer alles im Griff, aber manchmal geht es eben schief. Da trifft es einen."

Es war der zweite technische Defekt in nur neun Tagen. Bereits im Qualifying zum Großen Preis von Malaysia machte Vettels Motor ihm einen Strich durch die Rechnung, als ihn ein kaputter Schlauch am Turbo einbremste.

Sebastian Vettel: "Das ist Quark"

Dass auch diesmal etwas nicht am Ferrari stimmte, offenbarte bereits das Bild in der Startaufstellung. Hektisch schraubten die Mechaniker plötzlich die Motorabdeckung am Auto mit der Nummer fünf ab, um die defekte Zündkerze eines Zulieferers auszuwechseln.

Zeit, um das hinter der gesamten Airbox versteckte Teil aber tatsächlich auszutauschen, war so kurz vor dem Start nicht mehr. "Schon gegen Ende der Formationsrunde war keine Leistung mehr da", beschrieb Vettel dann das böse Erwachen: "Wir haben versucht, das irgendwie zu retten und das Auto aufzuwecken, es ging aber nicht."

Während der vier Runden, die der 30-Jährige um die Strecke schlich, verlor er Position um Position. Erst ging Max Verstappen vorbei, dann folgten Daniel Ricciardo, Esteban Ocon und Valtteri Bottas. Im Vergleich zur Konkurrenz wirkte Vettel dabei so verloren wie ein Mofa auf der Autobahn.

Einen Vorwurf ans Team vermied der vierfache Weltmeister aber dennoch. "Ich muss sie jetzt schützen. Wir haben bisher einen unglaublichen Job gemacht und sind viel besser, als viele erwartet hätten", stellte er klar. In der Tat scheiterte Ferrari in diesem Jahr nicht an der Pace, die mit Mercedes mindestens auf Augenhöhe war, sondern vielmehr an der Standfestigkeit. Ob der erneute Ausfall daher Konsequenzen für die Verantwortlichen haben könnte? "Das ist Quark. Die Jungs sind alle voll motiviert", winkt Vettel ab.

Mercedes bemitleidet Sebastian Vettel und Ferrari

Auch wenn sich der Blondschopf an das Credo "in guten wie in schlechten Zeiten" hält, wird die aktuelle Misere an seinen Nerven nagen. Lediglich zwölf Zähler hat er auf der jüngsten Asien-Rundfahrt durch Singapur, Malaysia und Japan mitgenommen, sein Konkurrent Hamilton im selben Zeitraum 68 Punkte.

"Ferrari hat seit Singapur wirklich den Wurm drin. Ein Rennen schlechter als das andere", wundert sich Mercedes' Motorsportchef Toto Wolff: "Haltbarkeit ist natürlich ein Thema. Daran haben wir in den letzten Jahren immer gearbeitet - aber das ist schon schlimm."

Auch Aufsichtsratschef Niki Lauda zeigte sich nach dem erneuten Ferrari-Desaster mitfühlend. "Vettel tut mir langsam leid", sagte der Österreicher gegenüber Sky: "Auf der einen Seite denkt man sich, 'Gott sei Dank erwischt es ihn und nicht uns'. Auf der anderen Seite will man so kein Rennen gewinnen."

Nur ein letzter Strohhalm bleibt Sebastian Vettel

Hamilton kann nun bereits beim nächsten Grand Prix in den USA vorzeitig Weltmeister werden, wenn er mindestens 16 Punkte mehr als Vettel holt. Doch gänzlich abschreiben will man den Unglücksraben im Mercedes-Lager noch nicht.

"Ich rechne immer mit Vettel und Ferrari. Gewonnen ist erst, wenn man den Titel in der Hand hat", dämpft Lauda die Jubelstimmung trotz Mega-Polster. Ins gleiche Horn stößt Hamilton, der in Japan seinen achten Saisonsieg feierte: "Sebastian hat unglaubliches Pech. Ich würde aber nicht sagen, dass ich schon eine Hand am Titel habe. Es sind immer noch 100 Punkte zu holen, also werde ich weiter Vollgas geben."

Es sind die üblichen Parolen, die man in solchen Momenten als Sieger spricht. Doch auch Vettel klammert sich noch an den letzten Strohhalm, der ihm im WM-Kampf bleibt. "Wir haben immer noch eine Chance", merkt der 46-fache GP-Sieger an. Es liege zwar "nicht mehr viel in den eigenen Händen", trotzdem müsse man "in den letzten vier Rennen alles geben und sehen, was passiert".

Als Vettel diese Worte sprach, war das Geschehen auf der Strecke noch in vollem Gange. Hamiltons spätere Jubeleinlagen auf dem Siegerpodest bekam er hingegen nicht mehr mit. Da hatte Vettel das Gelände des eigentlich so heißgeliebten Suzuka International Racing Course nämlich schon längst verlassen.

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