Der Weltmeister geht leer aus

Dominik Geißler
31. Oktober 201718:31
Lewis Hamilton hat nun vier Weltmeistertitel auf seinem Kontogetty
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Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 18 der Saison 2017: der Große Preis von Mexiko. Lewis Hamilton krönte sich zwar zum Weltmeister, verpasst im Driver-Ranking aber die Top 10. Besser sieht's da schon für Fernando Alonso aus, der alle überflügelt - inklusive Rennsieger Max Verstappen. Sebastian Vettel schrammt am Podest vorbei.

Platz 10, Kimi Räikkönen:

0,750 Sekunden betrug der Rückstand auf Polesetter und Teamkollege Vettel am Ende des Qualifyings. 0,750 Sekunden, die beschreiben, wie weit der Finne vom Maximum entfernt war.

Und weil die Quali-Schmach nicht genug war, verlor Räikkönen nach dem Start weitere Positionen, sodass er sich nach nur wenigen Metern auf dem neunten Platz wiederfand. Der Grund: Der Finne ging bei der Anfahrt auf Kurve eins aus dem Windschatten seiner Vorderleute heraus und musste so die heranstürmende Konkurrenz ziehen lassen.

Danach präsentierte sich Räikkönen jedoch abgeklärt. Er schonte seine Reifen und wartete geduldig auf die Boxenstopps der vor ihn fahrenden Piloten. Max Verstappen und Valtteri Bottas vor ihm waren zu weit enteilt, als dass er hätte Druck nach vorne ausüben können. Somit fuhr er seine sechste Podiumsplatzierung der Saison sicher nach Hause. Gut, dass Ferrari auf eine unnötige Stallorder verzichtete und ihn nicht Vettel zuliebe einbremste.

Platz 9, Marcus Ericsson:

Noch immer ist offen, wer 2018 im Sauber fahren wird. Die besten Chancen hat neben einem Ferrari-Nachwuchsfahrer wohl aber Marcus Ericsson. Immerhin sind die Sponsoren des Schweden mittlerweile tief mit dem Schweizer Rennstall verankert.

Doch in den letzten Wochen zeigt Ericsson, dass er mehr zu bieten hat als gut betuchte Gönner im Rücken. So auch in Mexiko: Im Qualifying setzte er sich erneut gegen Pascal Wehrlein durch und ließ sogar die beiden Haas hinter sich. Im Rennen fuhr er zeitweise bis in die Top 10 vor.

Weil Ericsson seinen Boxenstopp ausgerechnet zwei Runden vor der Virtual-Safety-Car-Phase absolvierte, verlor er viel Zeit auf die Konkurrenz und es ging wieder nach hinten. Das war Pech, einen Vorwurf kann man ihm hier nicht machen. Dasselbe gilt selbstredend für seinen technisch bedingten Ausfall.

Platz 8, Sergio Perez:

Jedes Mal, wenn der Lokalmatador an den Rängen des vollbepackten Baseballstadions entlangfuhr, jubelten die euphorischen Mexiko-Fans ihrem Helden zu. Zu Wundertaten verhalf die Unterstützung aber nicht. Perez war an diesem Wochenende langsamer als sein Teamkollege und musste sich am Ende mit Rang sieben begnügen. Dass kein besseres Resultat heraussprang, lag allen voran an einem enttäuschenden Qualifying. Im Rennen machte ihm dann zusätzlich noch das Virtual Safety Car einen Strich durch die Rechnung, sodass Lance Stroll durchschlüpfen konnte. Hinter dem Kanadier hing er dann bis zur Zielflagge fest. Insgesamt aber trotzdem eine solide Leistung von Perez.

Platz 7, Valtteri Bottas:

Vier Rennen musste sich der Finne gedulden, bis er mal wieder am Champagner auf dem Siegerpodest nuckeln durfte. Bottas fuhr ein unspektakuläres, einsames Rennen, holte aber am Ende des Tages das Maximum heraus.

Den folgenschweren Start-Dreikampf zwischen Verstappen, Vettel und Hamilton beobachtete er aus dem Hintergrund und zog clever seinen Nutzen aus dem Tohuwabohu. Anschließend war gegen den Red-Bull-Piloten kein Kraut gewachsen, Räikkönen ließ er aber immerhin mühelos hinter sich.

Im Qualifying am Samstag zeigte sich Bottas übrigens in verbesserter Form. Ohne den Zwischenfall mit Verstappen, der ihn zwar nicht blockierte, aber wohl zumindest aus der Ruhe brachte, wäre hier vielleicht mehr als Platz vier drin gewesen.

Platz 6, Kevin Magnussen:

Und der nächste Skandinavier im Bunde, diesmal ein Däne: Magnussen erwischte ein Wochenende, dass sich wohl gut mit "erst Flop, dann Top" zusammenfassen lässt. Im Qualifying kam er genauso wenig zurecht wie Teamkollege Romain Grosjean, selbst Sauber mussten die beiden Haas-Piloten den Vortritt lassen.

Ob der US-Bolide dann über Nacht in den Zaubertrank gefallen ist? Scheint so! Wie ausgewechselt ging es für Magnussen am Sonntag plötzlich Stück für Stück nach vorne. Am Ende stand Platz acht zu Buche. Und: Er ließ keinen Geringeren als den neuen Vierfach-Champion Lewis Hamilton hinter sich. Respekt. Und kein Wunder, dass Magnussen später von einem gefühlten Sieg sprach.

Platz 5, Lance Stroll:

Wie Magnussen erlebte auch Stroll ein Wochenende mit zwei Gesichtern. Zum einen war da dieses zweite Quali-Segment, das der Kanadier gänzlich versemmelte und ihn über eine Sekunde hinter Teamkollege Felipe Massa zurückwarf. Zum anderen war da aber eben auch noch dieses Rennen, das ihn schon in der ersten Runde auf Platz sieben brachte. Durch die glücklichere Strategie gewann Stroll, der an diesem Tag seinen 19. Geburtstag feierte, noch die Position von Perez, den er konsequent hinter sich ließ.

Platz 4, Sebastian Vettel:

Aus der Traum - und zwar endgültig! Vettel schaffte es nicht, Hamiltons zweiten Matchball abzuwehren, weil er das Mindestziel des zweiten Platzes verpasste. Dabei sah es vor dem Start so aus, als würde der Heppenheimer seine Hausaufgaben erledigen. Mit einer Zauberrunde aus dem Nichts katapultierte sich Vettel auf die Pole Position, die 50. seiner Formel-1-Karriere.

Doch ob die Pole auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez ein wirklicher Vorteil war? Immerhin geht der Sprint bis zu ersten Kurve 890 Meter weit. Zeit genug für Verstappen und Hamilton also, sich an den Ferrari-Piloten heranzupirschen und ihn zu attackieren.

Vettel musste sich dem Niederländer geschlagen geben und fuhr sich im zweiten Turn etwas unaufmerksam das erste Stück seines Frontflügels beim Hinterrad des Red Bulls auf. Dass es dann zu einer weiteren Kollision kam, diesmal mit Hamiltons Reifen, kann man Vettel hingegen nicht vorwerfen. Er beschleunigte, während Hamilton von Verstappen blockiert wurde. Mit zusätzlichem Untersteuern war da wenig zu machen.

Durch den erzwungenen Boxenstopp in der ersten Runde war klar, dass Vettel nur bei einem Safety Car eine Chance aufs Comeback gehabt hätte. Doch Bernd Mayländer kam nicht zum Einsatz, die Sache war somit gelaufen. Trotzdem kämpfte Vettel bis zum Ende und zeigte bei seiner Aufholjagd das eine oder andere schöne Überholmanöver.

Platz 3, Max Verstappen:

Es sah alles danach aus, dass der 20-Jährige den nächsten Altersrekord in der Formel 1 brechen sollte. Schließlich war er auf dem besten Weg, seine erste Pole Position einzufahren und sich damit zum jüngsten Polesitter aller Zeiten zu machen. Doch im entscheidenden Moment bekam Verstappen seine Vorderreifen nicht auf Temperatur und er musste Vettel den Vortritt lassen.

Macht aber nichts, wenn man Super Max heißt und sich die verlorene Spitzenposition ganz einfach mit einem konsequenten Manöver direkt nach dem Start zurückholt. Weil sich Hamilton und Vettel danach gegenseitig ausschalteten und Ricciardo mit einem Motorschaden ausschied, stand Verstappen plötzlich ohne echten Gegner da. Locker erzählte er deswegen später vom "Cruisen" und "einem der einfachsten Rennen" seiner Karriere.

Während Ricciardo momentan das Verstappen'sche Pech aus der ersten Saisonhälfte an seinem Rennanzug kleben hat, läuft es für den Niederländer wie am Schnürchen. Dass er nebenbei Weltmeister Hamilton überrunden durfte, wird ihm besonders geschmeckt haben - auch wenn er im nächsten Jahr sicher selbst um den Titel mitreden möchte.

Platz 2, Esteban Ocon:

Mister Zuverlässig hat wieder zugeschlagen! Mit Platz fünf gab es im 18. Rennen zum 17. Mal Punkte - auf einen besseren Schnitt kommt da in dieser Saison nur ein gewisser Lewis Hamilton. Klasse war bereits das Qualifying, in dem er Perez nicht nur dreieinhalb Zehntel abnahm, sondern sich sogar vor Ricciardo im Red Bull positionierte. Im Rennen verweilte er bedingt durch den besagten Start-Zwischenfall zeitweise auf dem dritten Rang, nur die beiden Ferraris musste er im Laufe des Geschehens noch ziehen lassen. Ein rundum starker Auftritt!

Platz 1, Fernando Alonso:

Seit dem Großen Preis von China im April stand der Spanier nicht mehr ganz oben im Driver-Ranking. Nun ist es wieder so weit - dank einer tadellosen Leistung über das ganze Wochenende hinweg.

Um mal kurz die Highlights aufzuzählen: In Q1 hievte Alonso seinen McLaren-Honda mit nur 0,2 Sekunden Rückstand auf Hamilton auf den fünften Rang. Auf einer Strecke, die aufgrund ihrer Höhe und der langen Startziel-Geraden kein Kindergeburtstag für die Motoren darstellt. Famos!

Im Rennen kämpfte sich der einstige Schumacher-Rivale nach vorne, hing aber wegen seines Speed-Nachteils Ewigkeiten hinter Ericsson und später Magnussen fest. Dem neutralen Zuschauer wird das recht gewesen sein, schließlich kam es so überhaupt zum Battle zwischen ihm und Hamilton kurz vor Rennende. Über mehrere Runden lieferten sich die beiden Alphatiere ein atemberaubendes Rad-an-Rad-Duell, bis sich Alonso nach einem über fünf Kurven andauernden Zweikampf geschlagen geben musste. Mit stumpfen Waffen so dagegenzuhalten, verdient besondere Anerkennung.

Härtefall, Lewis Hamilton:

Der frischgebackene Weltmeister nicht im Driver-Ranking? Wie kommt's? Nun, Hamilton erwischte schlicht alles andere als ein ideales Wochenende. Schon am Samstag war der Engländer von seiner Topform entfernt, machte immer wieder kleinere Fehler und hatte lediglich 24 Tausendstel Vorsprung auf Bottas.

In der Startphase setzte Hamilton seinen Mercedes dann eigentlich in die perfekte Position. Pech, dass er daraus kein Kapital schlagen konnte, weil Vettel ihm den Reifen aufschlitzte.

Nach dem Zwischenfall setzte sich der nun viermalige Weltmeister kaum noch in Szene. Wegen eines kaputten Diffusors fehlte es an Pace, dass er über ein Drittel der Renndistanz hinter Carlos Sainz Junior festhing, sagt eigentlich alles.

Wie viel der Defekt tatsächlich gekostet hat, ist bislang Mercedes' Geheimnis. Fakt ist aber, dass Hamilton sein Können in Mexiko nicht wie gewohnt zur Schau stellte. Mit dem Titelgewinn im Rücken wird er das jedoch verschmerzen können.