Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 5 der Saison 2017: der Große Preis von Spanien. Pascal Wehrlein empfiehlt sich für höhere Aufgaben, während Fernando Alonsos Wunder von Barcelona nur kurz Bestand hat. Zwei Fahrer bekommen das Prädikat "Untauglich".
Platz 1, Pascal Wehrlein: Zum ersten Mal überhaupt steht der DTM-Champion von 2015 ganz oben im SPOX-Driver-Ranking. Und womit? Mit Recht! Wehrlein zeigte auf dem Circuit de Catalunya die beste Leistung seiner noch jungen Formel-1-Karriere.
Bereits im Qualifying gingen die Wehrlein-Festspiele los. Nachdem er noch nach den Freitagstrainings davon sprach, dass ein Einzug ins Q2 "nicht möglich" sei, belehrte er sich am Samstagnachmittag selbst eines Besseren: Mit fünf Tausendstel Vorsprung vor Teamkollege Marcus Ericsson gelang ihm der Sprung ins mittlere Quali-Segment und damit die faustdicke Überraschung.
Im Rennen kam es dann noch besser: Mit einer Ein-Stopp-Strategie düpierte Wehrlein die eigentlich schnellere Konkurrenz und hielt seinen Sauber bis zur Ziellinie auf Position sieben. Dabei profitierte er zwar vom Virtual Safety Car, das ihm einen zeitsparenden Boxenstopp ermöglichte. Doch zeigte er auch seine Qualitäten als Reifenflüsterer (33 Runden auf den Softs schaffte sonst niemand) und hielt gegen den Druck von Carlos Sainz Junior stand.
Dass der Spanier am Ende trotzdem vor dem Worndorfer gewertet wurde, lag an einer 5-Sekunden-Strafe, die sich Wehrlein bei der regelwidrigen Einfahrt in die Boxengasse einfing. Einen Vorwurf kann man ihm dabei aber nicht machen, der Call des Teams kam einen Tick zu spät.
Kann der Mercedes-Junior diese Form konservieren und im weiteren Saisonverlauf weiter auf sich aufmerksam machen, ist ein Cockpit bei den Silberpfeilen wieder im Bereich des Möglichen. Motorsportchef Toto Wolff dürfte Wehrleins Auftritt jedenfalls gefallen haben.
Platz 2, Lewis Hamilton: Nur noch Sechs Punkte Rückstand auf Vettel hat der Brite in der WM-Wertung. Mit seinem Sieg hat Hamilton in der wilden Achterbahnfahrt um den Titel wieder Meter nach oben gemacht - und das nach einem Rennen, das er durchaus hätte verlieren können.
Dass er es nicht tat, lag an mehreren Faktoren. Zum einen nutzte Mercedes das Virtual Safety Car für einen cleveren Reifenwechsel, um so eine Acht-Sekunden-Lücke auf den Ferrari-Kontrahenten zu schließen. Zum anderen half Teamkollege Valtteri Bottas, Vettel über mehrere Runden einzubremsen.
Entscheidend war aber auch Hamiltons Tempo im letzten Stint. Erst überholte er Vettel mit einem sauberen Manöver am Ende der Start-Ziel-Geraden. Dann hielt er seine alten Softreifen bis zum Schluss am Leben.
Platz 3, Sebastian Vettel: Der Heppenheimer hatte am Samstag die große Chance auf die Pole Position, vergab diese aber mit einem Verbremser vor der finalen Schikane leichtfertig. So ein Fehler gibt Abzüge, ist aber kein Weltuntergang.
Immerhin musste Vettel wegen eines kurzfristigen Motorenwechsels vor dem Qualifying eine ganze Menge Hektik und die Ungewissheit, ob er überhaupt fahren könne, wegstecken. Dennoch machte er seinen Patzer mit einem perfekten Start wieder wett.
Im ersten Stint war Vettel dann der schnellste Mann im Feld. Dass es am Ende nicht zum Sieg reichte, lag neben der starken Leistung eines Hamiltons an den beschriebenen Begleitumständen, die dem Ferrari-Piloten definitiv nicht in die Karten spielten. Stark waren darüber hinaus das aggressive Manöver gegen Bottas sowie der erste Verteidigungsversuch gegen Hamilton.
Platz 4, Fernando Alonso: Das Wunder von Barcelona erlebte die Formel-1-Gemeinde am Samstag. Da schaffte es Alonso tatsächlich, seinen McLaren-Honda auf Quali-Platz sieben zu parken. Zur Verdeutlichung: Platz s-i-e-b-e-n. In einem McLaren. Mit Honda-Antrieb. Eine Leistung, die man wohl gar nicht genug anerkennen kann.
Leider für Fans des Asturierers platzte der Traum von einem guten Rennergebnis dann aber schon nach der ersten Kurve: Felipe Massa drückte Alonso ins Kies, der dadurch zahlreiche Plätze verlor. Erholen konnte sich der Lokalmatador davon nicht mehr wirklich, zu langsam lief sein Bolide. Punkte waren außer Reichweite.
Doch immerhin: Alonso gelang es mit seinem "Bobby Car", die Williams von Massa und Lance Stroll auf der Geraden zu überholen. Und er schaffte es zum ersten Mal in diesem Jahr bis zur schwarz-weiß-karierten Flagge. Kleine Lichtblicke, die den Doppel-Weltmeister auf seiner Reise nach Amerika vielleicht etwas positiver stimmen. Dort wird er sich nun zwei Wochen lang auf das Indy 500 vorbereiten.
Platz 5, Sergio Perez: Ob sich der einstige Sauber-Pilot in seiner Zeit beim Schweizer Rennstall mit der technischen Kultur des Alpenlandes vertraut gemacht hat? Offenbar, denn Perez fährt in dieser Saison so zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Platz vier war natürlich nur möglich, weil sowohl Bottas als auch Kimi Räikkönen und Max Verstappen ihre Rennen nicht beendeten. Trotzdem: Sobald es ums Eingemachte geht, ist der Mexikaner zur Stelle. Unauffällig, aber fehlerlos.
Platz 6, Esteban Ocon: Wo wir schon bei Konstanz sind: Die zeigt auch der junge Franzose. Zwar immer einen Tick langsamer als Perez, ist Ocon trotzdem mitverantwortlich dafür, dass Force India nun das einzige Team ist, das in dieser Saison in jedem Rennen beide Autos ins Ziel - und sogar in die Punkte - gebracht hat.
In der Quali hätte sogar noch ein besseres Ergebnis als Platz zehn herausspringen können. Allerdings drückte der Youngster den DRS-Knopf zu früh. Der Flügel öffnete sich nicht, ein Zeitverlust von rund drei Zehnteln war die Folge.
Übrigens: Auch Ocon ist Mercedes-Junior und hofft entsprechend auf ein (baldiges) Engagement im Werksteam. Mit seinen Leistungen macht er Wehrlein, Bottas und Co. ernsthafte Konkurrenz. Wolff und Niki Lauda werden am Saisonende also die Qual der Wahl haben - zumal Namen wie Vettel und Alonso auch immer wieder durch den Raum schwirren.
Platz 7, Nico Hülkenberg: Der Wind, der Wind, das höllische Kind - so ungefähr dürfte der Emmericher Gebrüder Grimms "Hänsel und Gretel" nach der Quali umgetextet haben. Schließlich waren die unruhigen Luftverhältnisse mitverantwortlich dafür, dass der Renault-Pilot Q3 verpasste. Diese Bedingungen liegen dem gelben Auto nämlich ganz und gar nicht.
Doch jubeln durfte Hülkenberg nach dem Rennen trotzdem. Warum? Weil der Spanien-GP mit umgekehrten Vorzeichen überraschte. War Hülk im bisherigen Saisonverlauf in der Quali stark und verlor sonntags an Boden, überzeugte er diesmal im Rennrhythmus. Dank der vielen Ausfälle durfte er sich über einen starken sechsten Platz freuen.
Platz 8, Daniel Ricciardo: Wirklich unterhaltend dürfte der Sonntagnachmittag für den Sunnyboy nicht gewesen sein. Von der ersten bis zur letzten Runde fuhr er ein ziemlich einsames Rennen, von hinten drohte keine Gefahr und vorne waren Hamilton und Vettel über eine Minute entfernt. Ricciardo holte also das Maximum heraus.
Abzüge gibt es für die Qualifikation. Eine halbe Sekunde Rückstand auf Teamkollege Verstappen ist zu viel. Der Grund für den gewaltigen Rückstand: die Schikane. Ähnlich wie Vettel kam Ricciardo mit dem Links-Rechts-Turn zumindest am Samstag auf keinen grünen Zweig.
Platz 9, Carlos Sainz Jr.: Dank Wehrleins Strafe bekam der Spanier eine Position geschenkt. Auf der Strecke gelang es ihm nämlich nicht, den Sauber-Piloten zu überholen. Trotzdem zeigte er eine gute Leistung bei seinem Heimspiel. Stallgefährte Daniil Kvyat hatte er klar im Griff und mit ein bisschen mehr Fortune hätte er auch den Sprung ins dritte Quali-Segment schaffen können. Lediglich ein Zehntel fehlte ihm hier auf Ocon.
Platz 10, Kevin Magnussen: Der Däne schwankt in dieser Saison gewaltig. An einem Rennwochenende fährt er komplett außer Form den eigenen Ansprüchen hinterher, beim nächsten Grand Prix zeigt er dann wieder eine anständige Leistung. Letzteres war in Spanien der Fall.
Im Qualifying setzte sich Magnussen (11.) deutlich gegen Teamkollege Romain Grosjean (14.) durch. Im Rennen hatte er die Pace für die Punkte, sogar Platz acht war in Reichweite. Die Chance auf Zählbares zerstörte er sich allerdings kurz vor Schluss in einem unnötigen Zweikampf mit Kvyat, bei dem er sich den Reifen aufschlitzte.
Untauglich, Lance Stroll und Jolyon Palmer: Was diese beiden Piloten bisher zeigen, genügt in keiner Weise dem Anspruch an einen Formel-1-Fahrer. Das klingt hart, doch ein anderes Urteil kann man bei den Leistungen von Stroll und Palmer nicht fällen.
Während Hülkenberg seinen Renault souverän in die Top 10 manövrierte, wurde Palmer Vorletzter. Natürlich war seine Drei-Stopp-Strategie auch nicht der Weisheit letzter Schluss, doch mit einem an diesem Tag gut funktionierenden Franzosen-Auto muss trotzdem mehr gelingen. Daran gibt es keinen Zweifel.
Und Stroll? Der fand sich am Ende des Feldes wieder und ließ sich sogar von Teamkollege Massa überholen, der fast die komplette erste Runde mit einem Plattfuß fahren musste. Und das alles auf einer Strecke, die nicht einmal neu für den 18-jährigen Rookie war. Blamabel.