Die Umstellung auf sein WM-System geschah in mehreren Schritten. Zunächst kümmerte sich Chapman mit einem dritten Verteidiger um die Defensive.
Nach wackligem Start fand sich Arsenal immer besser zurecht und belegte am Ende hinter Chapmans Ex-Klub Huddersfield Platz zwei in der Liga. Klingt heute unglaublich, aber: Platz zwei war in der Saison 1925/1926 die beste Endplatzierung, die je ein Klub aus London erreicht hatte (Abschlusstabelle 1925/26).
Mann gegen Mann
Klar, dass Chapmans Umstellungen auf dem Feld zu neuen Aufgaben für seine Spieler führten. Der in die Abwehr gezogene Mittelfeldmann kümmerte sich nun um den zentralen Stürmer, die beiden anderen Verteidiger um die Flügelspieler.Die beiden defensiveren Mittelfeldspieler (genannt Außenläufer) waren für den Spielaufbau zuständig und mussten sich zudem um gegnerische Stürmer kümmern.
Denn davon gab es schließlich bei den meisten Teams noch fünf. Und während vorher alle Mannschaften im Raum verteidigt hatten, so spielten Arsenals Verteidiger nun Mann gegen Mann.
Die ersten Titel
Doch zunächst war das WM-System vor allem defensiver als seine Vorläufer, was Chapman so rechtfertigte: "Man braucht den Ball, um anzugreifen. Was ist also falsch daran, zurückzukommen und ihn sich zu holen?"
Und nach Ballgewinn sollte es zügig nach vorne gehen. Nichts anderes predigt etwa Joachim Löw heute der deutschen Nationalmannschaft. Genau nach den prophezeiten fünf Jahren holte Chapmans Team dann Arsenals ersten Titel überhaupt: Den FA-Cup 1930 (siehe Grafik). 1931 und 1933 folgten die ersten beiden Meistertitel der Klubgeschichte.
Weiße Ärmel, weißer Ball
Doch taktische Innovationen waren Arsenals Coach nicht genug. Chapman dachte über den Spielfeldrand hinaus und sorgte dafür, dass die dem Highbury Stadion nächstgelegene U-Bahn-Station von "Gillespie Road" in "Arsenal" umbenannt wurde. Kostenlose Werbung, bitte sehr!
Das ursprünglich ganz rote Arsenaltrikot bekam unter Chapman weiße Ärmel verpasst, weil weiß für die Mitspieler aus den Augenwinkeln besser zu sehen war. Den Ball ließ Chapman ebenfalls weiß bemalen, um den Zuschauern das Verfolgen des Spiels zu erleichtern.Zudem wollte er Rückennummern einführen, damit die Zuschauer die Spieler besser erkennen konnten und schlug vor, Spiele unter Flutlicht zu veranstalten.
Das war der konservativen FA dann aber doch zu abenteuerlich. Außerdem erfand Arsenals Coach die Magnettafel, die ihm die Taktikbesprechungen mit seinem Team erleichterte. Ähnliche Sitzungen waren zuvor ebenfalls unbekannt gewesen.
Herberger mit Chapmans System
Und Chapman erkannte frühzeitig das Potential, das internationale Wettbewerbe haben könnten. Die Umsetzung dieser Idee erlebte Arsenals Coach allerdings nicht mehr. Im Jahr 1934 starb er im Alter von 61 Jahren überraschend an den Folgen einer Lungenentzündung.
Geholt hatte er sich die Krankheit auf dem Fußballplatz. Sein WM-System aber lebte weiter. Als Sepp Herberger 20 Jahre nach Chapmans Tod sein Team zum Weltmeisterschaftsfinale 1954 gegen Ungarn auf das Feld schickte, da spielte Deutschland mit dem WM-System.
Im dritten Teil der Themenwoche am Mittwoch geht es unter anderem darum, mit welchem Kniff Herberger die übermächtigen Ungarn bekämpfte. SPOX sprach dazu mit Herbergers taktischer Geheimwaffe...