Fast genau 51 Jahre ist es her und die Voraussetzungen waren ganz andere, als Neunkirchen im Juni 1964 dem FC Bayern ordentlich die Suppe versalzte. Mit 0:1 und 2:0 setzte sich die Borussia in der Aufstiegsrunde durch und schnappte den Münchnern das Bundesliga-Ticket vor der Nase weg, ein Vorzeichen sollte die Begegnung aber nicht werden.
Die Borussia verabschiedete sich schnell und unrühmlich (93 Gegentore, nur ein Auswärtspunkt in der letzten von drei Bundesliga-Spielzeiten) von der großen Fußballbühne und der Weg führte langsam aber beständig in die Niederrungen des Fußballs. Bis plötzlich ein radikaler Abstieg drohte.
Wenn Fanliebe weiter geht
Anfang April mussten die Verantwortlichen aufgrund finanzieller Probleme Insolvenz anmelden, Verbindlichkeiten in Höhe von rund 450.000 Euro sollen den Fünftligisten belasten. Die Spieler konnten seit Monaten nicht mehr bezahlt werden und stimmten einem vorübergehenden Auszahlungsverzicht zu. Auch der bisherige Präsident und Mäzen Giuseppe Ferraro nahm seinen Hut. Kurzum: Der Traditionsklub steht am Abgrund.
Doch jeder, der dem Klub schnell den Absturz in die Bedeutungslosigkeit prophezeite, hat seine Rechnung ohne die treuen Fans der Borussia gemacht. Bundesweit haben Nicky Kassner und Jörg Eisenhuth mit ihrer Aktion inzwischen für Aufsehen gesorgt: Mit einem, passend zur Hochzeit des Klubs, über 50 Jahre alten VW-Käfer touren sie derzeit durch ganz Deutschland und sammeln Unterschriften der Fußball-Prominenz.
Einer der großen Förderer der Aktion ist Reiner Calmund. Der ehemalige Leverkusener Manager hat geholfen, Aufmerksamkeit auf das Projekt zu lenken, und brachte die Lage auf den Punkt: "Man sieht, dass Tradition keine Tore schießt. Aber Tradition muss als Fußball-Geschichte erhalten bleiben. Deswegen gilt für mich: Nicht quatschen, sondern machen. Ich werde Borussia Neunkirchen auf der Intensivstation behilflich sein."
Einer der Drahtzieher der Rettungsaktion ist dabei Medienprofi Klaus Hoffmann (TVSPORTS, Sky), der den Kontakt zu den Profiklubs herstellte und die Koordination übernahm.
"Zumindest eine kleine Chance"
Spieler und Verantwortliche von Hertha BSC, Union Berlin, dem VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach, Mainz 05 und des FC Bayern haben sich inzwischen auf dem Käfer verewigt.
"Für mich ist es nur ein Autogramm, für Borussia Neunkirchen, einen Traditionsklub, der gegen die Insolvenz ankämpft, aber zumindest eine kleine Chance. Ich hoffe, der Versteigerungserlös gibt dem Klub wieder eine Zukunft", sagte Nationaltorhüter Manuel Neuer.
Am letzten Spieltag macht der Käfer nochmals in Gladbach Halt, wo sich die Meistermannschaft von 1965 trifft. Günter Netzer, Jupp Heynckes und Co. sollen dem Wagen den letzten Schliff geben, das Mindestgebot für die Versteigerung wird bei 9.999 Euro liegen.
"Meine Wunschvorstellung wäre, gar nicht erst in eine Auktion gehen zu müssen, sondern die Chance zu haben, den Wagen an einen Liebhaber zu verkaufen", erklärte Insolvenzverwalter Marc Herbert, der parallel ununterbrochen Gespräche mit der Stadt führt. Gleichzeitig gab er aber zu: "Das Auto wird in nächster Zeit begutachtet. Und wenn wir danach zu einem Abschluss kommen könnten, sehe ich Licht am Horizont."
Als der Double-Sieger kam...
Die Revanche für den verspäteten Aufstieg hatte Bayern längst im Pokal: Auf einen 6:0-Sieg in der ersten Runde 1992 folgte ein Duell im August 2003. Über 23.000 Zuschauer sahen sich das Duell zwischen dem Double-Sieger und dem Regionalliga-Absteiger im erstmals seit der Bundesligazeit ausverkauften Ellenfeld-Stadion an.Mit 5:0 setzten sich die Münchner durch, Roque Santa Cruz erzielte einen Dreierpack und der 19-jährige Bastian Schweinsteiger kam zu einem Joker-Einsatz. Für den Traditionsklub steht jetzt deutlich mehr auf dem Spiel, als an jenem warmen Sommertag. Auf seine Fans und auf Fußball-Deutschland kann sich Neunkirchen verlassen.
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