So hat es auch der Drittligist SV Wehen Wiesbaden getan, die türkische Agentur "Bluebird" mit Sitz in Antalya besorgte dann Schiedsrichter Ali Can Soudal für das Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach II in Side - auf recht undurchsichtigen Wegen.
"Wir sind hier nur die Reisegesellschaft", sagte der stellvertretende Bluebird-Geschäftsführer dem SID am Montag: "Die Schiedsrichter werden bei einer anderen Reisegesellschaft bestellt." Er nennt den Namen eines anderen Veranstalters. Die Recherche führt ins Leere.
Ali Can Soudal, registriert beim türkischen Fußball-Verband TFF, pfiff beim 3:1-Sieg der Wiesbadener Absurdes. Einen Handelfmeter für Wehen, der keiner war, "maximal hat einer UNSERER Spieler den Ball mit der Hand berührt", berichtet Pressesprecher Daniel Mucha.
Das ist auch auf verwackelten Videosequenzen zu sehen. Es gab einen weiteren Elfmeter, der keiner war. Wehens Trainer Sven Demandt sprach anschließend von einem "Elfmeter-Geschenk", Gladbachs Trainer Arie van Lent von einem "Slapstick-Elfmeter".
Weitere Spiele betroffen
Auf dem asiatischen Wettmarkt wurden derart hohe Beträge auf eine bestimmte Toranzahl gesetzt, dass das Überwachungssystem Sportradar anschlug. Die Firma, die für den DFB und die DFL Wettbewegungen beobachtet, beruft sich auf eine Verschwiegenheitsklausel den Verbänden gegenüber - es gibt keine weiteren Informationen.
Nach SID-Informationen allerdings stehen weitere Testspiele hochklassiger Klubs in der Türkei in den vergangenen Tagen unter Manipulationsverdacht. Spiele deutscher Vereine aus der ersten und 2. Liga befinden sich nicht darunter.
Eine Reisegesellschaft organisiert Testspiele für Profi-Vereine, Versorgung mit Wasser inklusive, und stellt die Schiedsrichter selbst? Einfacher kann man nicht manipulieren. Insider berichteten dem SID, dass sich über eigentümliche Schiedsrichter-Leistungen bei Testspielen in der Türkei ohnehin niemand wundert: Die seien schon lange an der Tagesordnung.
"Ich bin selbst schockiert", sagt der Mann von Bluebird am Telefon mit Bezug auf das manipulierte Spiel. Seine Agentur werde auch das Testspiel des SVWW gegen Rot-Weiss Essen am Dienstag organisieren - die Schiedsrichter allerdings bestelle wieder eine andere Gesellschaft.
Wiesbaden will Ermittlungen unterstützen
Im Internet wird dann wieder gezockt. Wie viele Eckbälle wird es geben? Wer bekommt den nächsten Einwurf? Wer wird den Anstoß zur zweiten Halbzeit ausführen? Es sind Wetten, deren Ausgang sehr leicht zu beeinflussen ist, zumal bei einem Testspiel zweier unterklassiger Vereine.
Der SV Wehen Wiesbaden will Ermittlungen zum Spiel gegen Borussia Mönchengladbach II unterstützen - wenn überhaupt jemand nachfragt. Bis zum Montagmittag war das nicht geschehen. Vertreter der beiden Klubs wollen sich nicht mehr äußern.
Bluebird, gegründet laut Homepage 2006 in Zusammenarbeit mit der Event-Agentur des früheren Torhüters Dieter Burdenski (444 Bundesliga-Spiele für Werder Bremen), schmückt sich im Internet offensiv mit der halben Bundesliga.
Schalke 04, Werder, Hamburger SV, VfL Wolfsburg, VfB Stuttgart, dazu eine Handvoll Zweit-, Dritt- und Viertliga-Vereine - sie alle seien zufriedene Kunden. Allein in Belek bezogen in dieser Winterpause sechs Erstliga-Klubs Quartier, Darmstadt 98 ist zudem in Antalya.
Der VfL Wolfsburg, der HSV und der VfB teilten am Montag jedoch auf SID-Anfrage mit, nicht mit Bluebird zusammenzuarbeiten. Die Testspiele der Schwaben organisiert die Agentur "MatchIQ", die auch eine Kooperation mit Hertha BSC, dem HSV, Werder und Hannover 96 pflegt.