2008 lag Lotfi El Bousidi mit Grippe und Fieber im Bett. Der Vereinsarzt legte ihm eine Infusion und so konnte er drei Tage später ohne Probleme ein komplettes Spiel bestreiten. Das machte ihn stutzig, deshalb nahm er sich im Rahmen seiner Diplomarbeit der Doping-Thematik im Fußball an. "Eine Analyse des Doping-Verhaltens im professionellen Fußball mit der Randomized Response Technik" heißt seine Abschlussarbeit an der Fernuniversität Hagen, welche der FAZ vorliegt.
124 Fußballer antworteten auf seinen Fragenkatalog, 14,0 bis 29,8 Prozent sollen laut dem Ergebnis im Jahr der Befragung gedopt gewesen sein. Laut der Studie dopen in Deutschland zwischen 9,8 und 35,1 Prozent, in Schweden im Schnitt 14,5 Prozent und in Spanien gar 31,3 Prozent.
Obwohl El Bousidi nur wenige Teilnehmer an der Befragung hatte, weisen die Ergebnisse einen hohen Wahrheitsgehalt auf, da das "Forced Respnose Modell" in der Wissenschaft als eine hoch abgesicherte Technik bei heiklen Fragestellungen gilt.
Fast die Hälfte nicht kontrolliert
Mit seiner Abschlussarbeit will El Bousidi für einen höhere Sensibilität im Fußball sorgen. Dass diese bislang nicht gegeben ist, zeigen folgende Zahlen: Im Jahr 2014 wurden laut der Studie 43,3 Prozent der befragten Fußballer kein einziges Mal getestet, weitere 50 Prozent mussten nur einmal zur Kontrolle. Damit wurden weniger als zehn Prozent mehrmals getestet.
Deshalb ist El Bousidi "eher skeptisch, ob das bestehende Testsystem mit seinen Stichproben wirklich funktioniert."
Welche Mittel auf der Anti-Doping-Liste stehen, ist dabei auch vielen unklar. In Spanien kennen demnach 62,5 Prozent nur wenige oder keine der von der WADA verbotenen Substanzen. In Deutschland seien 37,5 Prozent unwissend, in Schweden nur deren 11,4.
"Eine Art Doping-Unterricht"
Diese Unwissenheit sieht El Bousidi aber nicht als grundlegendes Problem. Vielmehr werde deshalb unbesorgt mit Medikamenten umgegangen und so müsste die Doping-Quote eigentlich steigen. Deshalb fordert der 33-Jährige "mehr Tests und mehr Aufklärung."
Deshalb macht er sich auch für eine "Art Doping-Unterricht" stark, "in dem die gesundheitlichen und moralischen Aspekte erläutert werden." Ein solcher ist in den Vereinen bislang nicht existent.
Die Schuld für die mögliche Vertuschung von Doping sieht er aber nicht bei den Sportlern und spricht dabei aus eigener Erfahrung: "Als Sportler bist du so auf den Erfolg fokussiert, dass es zur Sucht wird, alles für den Erfolg zu tun. Wirklich alles." Deshalb wird auch so gut wie nie nachgefragt, welche Mittel der Mannschaftsarzt verwendet.
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