Im Musikfernsehen gab und gibt es keinen Größeren als Markus Kavka - beim Fußball mutiert der Moderator aber liebend gern zum Fanboy. Auf RTLNitro begleitet Fußballfreak und Hardcore-Bayern-Fan Kavka die WM-Qualifikation als Moderator. Ein Gespräch über Champions-League-Finals im falschen Block, 80 Millionen gnadenlose Bundestrainer - und warum seine Eule nicht mehr Pep, sondern Carlo heißt.
SPOX: Herr Kavka, werden Sie eigentlich gerne selbst interviewt?
MarkusKavka: Sehr gerne sogar! Es ist angenehm, wenn man sich die Fragen nicht selbst überlegen muss, sondern einfach drauf antworten kann. Ich versuche auch immer, maximal freundlich zu sein und die Antworten gleich in der richtigen Länge zu geben. (lacht)
SPOX: Also freundlicherweise vom Profi gleich perfekt portioniert.
Kavka: So wie ich's mir wünschen würde, wenn ich selbst jemanden interviewe.
SPOX: Die reinen Musiknerds waren vielleicht etwas verwundert, als Sie vergangenes Jahr bei RTLNitro als Fußballmoderator anheuerten. Für Sie als Hardcore-Fußballfan, der ansonsten gefühlt schon alles gemacht hat, ein Kindheitstraum? Eine letzte Bastion, die Sie noch erobert haben?
Kavka: Das war schon lange ein großer Traum, den ich immer wieder versucht habe zart anzugehen. Wir hatten ja schon bei MTV zu den großen Turnieren immer ein EM- oder WM-Camp, die ich täglich moderiert habe. Ansonsten war ich hier und da in Sendungen zu Gast, dann aber eben als Musikmoderator, der gleichzeitig riesiger Fußballfan ist. In meinen zwanzig Jahren im Fernsehen war es aber immer mein Traum, auch eine Fußballsendung zu moderieren. Gerade im Fußball ist es jedoch wahnsinnig kompliziert, als Quereinsteiger reinzukommen.
SPOX: Schwer vorstellbar, dass Markus Kavka keinen Moderationsjob bekommt.
Kavka: Die meisten, die in der Branche vor der Kamera stehen, haben ihr ganzes Leben Sportjournalismus gemacht. Mit RTLNitro hat sich dann alles aber so glücklich gefügt, dass ich nicht nur eine Fußballsendung machen darf, sondern auch eine, die sehr gut zu mir passt und in der auch ein etwas anderer Ansatz verfolgt wird.
SPOX: Obwohl es schwer ist, das zu generalisieren: Welche Unterschiede fallen Ihnen am meisten auf zwischen der Arbeit als Musik- und der als Sportjournalist?
Kavka: Ein großer Unterschied besteht in der Rückmeldung der Zuschauer. In der Musik habe ich mir über die Jahre ein gewisses Ansehen erarbeitet: Wenn ich über Musik rede, dann ist das fundiert. Natürlich findet mal jemand eine Band schlecht, die ich gut finde, und andersherum - aber es war immer in gewisser Weise ein Dialog auf Augenhöhe. Was den Fußball angeht - das brauche ich Ihnen aber wohl nicht erzählen - heißt es nicht umsonst, dass es 80 Millionen Bundestrainer gibt.
SPOX: Unter Umständen ist das richtig...
Kavka: (lacht) Sobald du im Fußball deine Meinung kundtust, wird es immer jemanden geben, der anderer Meinung ist und das auch entsprechend kommuniziert. Man wird wesentlich mehr kritisiert, vor allem in den sozialen Medien kann's da ordentlich auf die Hölzer geben. Wobei ich es ja ganz gut habe, da ich Länderspiele ohne deutsche Beteiligung moderiere. Heißt: Die Spieler, über die ich rede, rufen bei Weitem nicht die Emotionen hervor, als würde ich Bundesliga kommentieren. Es ist ja auch bekannt, dass ich Hardcore-Bayern-Fan bin...
SPOX: ...was in dem Fall auch nicht unbedingt hilfreich ist.
Kavka: Das findet ein gewisser Teil gut - und zwar die Bayern-Fans. Der Rest findet's scheiße. Aber so richtig halt! (lacht) Wenn ich dann eine Einschätzung abgebe, die nicht passt, heißt es ganz schnell: typisch Bayern-Fan, die haben keine Ahnung. Das ist ein ganz schmaler Grat. Aber bei RTLNitro ist es zum Glück einigermaßen entspannt. Schlimm wäre etwas zu machen, und da hinter dem Berg halten zu müssen, für welche Mannschaft man ist.
SPOX: Sie saßen schon unzähligen Rockstars gegenüber - kann Sie ein Fußballer aus der Fassung bringen?
Kavka: Das ist ein weiterer großer Unterschied. Was Musik-Interviews betrifft, habe ich eigentlich schon alle Großen getroffen. Egal, wer mir da hingesetzt wird, ich werde nicht wirklich nervös. Man könnte mir Madonna auf den Bauch binden, es würde nix passieren. (lacht) Als wir aber letztes Jahr in Amsterdam im Stadion waren, ein paar Meter neben dir steht Arjen Robben, hinter dir läuft Robin van Persie vorbei - da ging mir total die Düse! Da bin ich aufgeregt wie ein kleiner Junge, der tatsächlich unten im Stadion auf dem Rasen stehen darf. Ich bin total aus dem Häuschen, sobald ich einen halbwegs berühmten Spieler sehe. Es reicht auch manchmal schon zweite Liga und ich falle auf die Knie.
SPOX: Markus Kavka wird zum Fanboy?
Kavka: In dem Fall ist es zum Glück nicht schlimm, da ich und mein Co-Moderator Steffen Freund die Show sowieso nicht komplett distanziert und schon tausendmal gesehen wegmoderieren. Das ist eben dieser andere Ansatz: Wir dürfen ruhig zeigen, dass wir als Fans hingehen. Wir wollen, dass man diese Emotionalität auch merkt.
SPOX: Diese Verbundenheit geht bei Ihnen ja weit zurück. Sie haben einmal gesagt, die drei wichtigsten Dinge in ihrem Leben wären Musik, Frauen und Autos - haben die Liste dann aber im Nachhinein mit Fußball ergänzt.
Kavka: Ich komme aus Manching, einem kleinen Dorf bei Ingolstadt. Das Vernünftigste, was man da im Alter von sechs Jahren tun konnte, war, in einen Fußballverein zu gehen. Nachdem ich laufen konnte, war das Erste, was ich gelernt habe, gegen einen Ball zu treten. Spätestens als mich mein Papa das erste Mal mit ins Olympiastadion genommen hat - zu Bayern gegen Köln - war's endgültig passiert. Auch wenn ich davor schon ein Hardcore-Bayern-Fan war und alles an Merchandise besessen habe, was es damals schon gab.
SPOX: Als Aktiver war aber wegen einiger Verletzungen bald Schluss.
Kavka: Bis ich 18 war, habe ich in Ingolstadt gespielt, wollte aber damals schon Fußballmoderator werden. Das mit der Musik hat sich dann ergeben - gleichzeitig wurde das Fan-Sein immer noch krasser. Jetzt, wo ich das auch noch beruflich mache, habe ich endlich eine super Rechtfertigung, auch wirklich jedes Spiel im Fernsehen anzuschauen. (lacht) Ich muss jetzt alles sehen. Alle Spiele, alle Tore.
SPOX: Also schafft es ein Mann mit zahllosen Jobs und Projekten wie Sie tatsächlich, jeden Samstag vor dem TV zu sitzen?
Kavka: Das wird freigehalten! Gerne würde ich noch öfter in die Arena gehen, aber das ist mit meinem aktuellen Wohnsitz in Berlin etwas schwierig. Ansonsten sitze ich vor der Glotze.
SPOX: Sie sprachen einmal davon, eine Phase erlebt zu haben, in der Sie von der Musik übersättigt waren. Haben Sie Angst, dass das auch im Fußball passieren könnte?
Kavka: Dafür ist das Thema viel zu emotional. Dazu müsste ich ja meine Gefühle dem Sport gegenüber ausschalten können - und das ist nicht möglich. Und zwar nicht nur auf Bayern bezogen: Ein gutes Fußballspiel zu sehen, ist für mich dermaßen faszinierend und aufregend - völlig egal, ob das Premier League, Primera Division oder Serie A ist. Das wird auch nie vergehen.
SPOX: Thema "Große Gefühle": Sie haben Bayerns Champions-League-Niederlagen gegen Manchester 1999 und das Finale Dahoam im Stadion miterlebt. Jeweils im Block der Engländer.
Kavka: Für die beiden Spiele konnte ich mir in letzter Sekunde über tausend Umwege noch Tickets ersteigern, aber mit der Platzwahl wird's dann natürlich schwierig. In beiden Spielen war die Situation so beschissen, weil Bayern ja geführt hat. Man wollte eigentlich schon ausrasten, weil man sich sicher war, dass die das Ding holen. Aber so musste man sich beim 1:0 zurückhalten und aufpassen, dass man nicht total ausflippt. Und vor allem in München gegen Chelsea waren die Anfeindungen extrem groß. Da wurden wir von den Chelsea-Fans mit vollen Bierbechern beworfen. Das war schon mehr als unangenehm. Danach mussten wir auch noch im Block warten - weil zuerst die Bayern-Fans aus dem Stadion gelassen wurden - und mit den Chelsea- Fans in die U-Bahn. Da wurden sie dann richtig eklig: gehässig, schadenfroh, überhaupt keine fairen Sportsmänner mehr. Über englische Fans sage ich normalerweise nur das Beste, aber diese Chelsea-Fans...
SPOX: Wie lange hat die Horror-Fahrt gedauert?
Kavka: Ich bin nach zwei Stationen ausgestiegen und zu Fuß nach Hause in die Innenstadt gelaufen. Ich war so am Boden zerstört, dass ich erst einmal hinter einer Hecke verschwunden bin und mich ausgeheult habe. Nach der Niederlage 1999 gegen United war es ähnlich. Da war ich mit ein paar Leuten unterwegs. Auf dem Rückweg vom Stadion wurden wir immer wieder kollektiv von Weinkrämpfen geschüttelt, so dass wir komplett verheult und verpeilt unser Hotel nicht mehr gefunden haben und erst einmal eine Stunde lang in die völlig falsche Richtung gelaufen sind. Und der Erste, den wir getroffen haben, um nach dem Weg zu fragen, war ein schottischer United-Fan. Da dachte ich mir auch: "Super!" Diese Niederlagen waren für mich tatsächlich zwei der schlimmsten Erlebnisse überhaupt.
SPOX: Vielleicht hätte ja Pep geholfen - Ihr persönliches Bayern-Maskottchen. Eine Eule aus Stoff.
Kavka: Die ist schon umgetauft. Bei der offiziellen Amtseinführung und vor dem ersten Training von Ancelotti musste das noch passieren. Jetzt heißt sie Carlo. (lacht) Sie konnte ja nicht weiter Pep heißen. Stellen Sie sich mal vor, Bayern spielt gegen Manchester City in der Champions League, da gäbe es einen riesigen Interessenskonflikt.
SPOX: Sie gelten als Guardiola-Fan. Haben Sie seinen Abgang bedauert?
Kavka: Mir war schon klar, dass Guardiola kein Trainer ist, der zwanzig Jahre bei Bayern bleiben wird. Ich hätte es aber gut gefunden, wenn er zum Abschluss noch ein Jahr drangehängt hätte - auch weil ich das Gefühl hatte, dass sein "Projekt" erst zu 80 Prozent fertig war, dass er seine Vision noch nicht ganz zu Ende gebracht hatte. Ich finde es Wahnsinn, was er in diesem Klub bewegt hat. Und in den letzten drei Jahren habe ich einige der besten Bayernspiele aller Zeiten gesehen. So kauzig, unnahbar und für Journalisten und Fans schwer zu greifen er auch war: Für mich ist er einer der herausragenden Bayern-Trainer der Geschichte. Auf der anderen Seite war es einfach perfekt, so jemanden wie Ancelotti als direkten Nachfolger bekommen zu haben. Man darf natürlich noch keines der ersten Spiele gegen Dortmund, Jena oder Bremen überbewerten - aber vom Gefühl her könnte das eine schöne Saison werden.