Rettig: Beim DFB fehlt "offene Streitkultur"

SID
Andreas Rettig kritisiert die fehlende "offene Streitkultur" beim DFB
© getty

Andreas Rettig hat mit Blick auf die Aufklärung fragwürdiger Vorgänge rund um die WM 2006 fehlende Konsequenz beim DFB beklagt. "Es gibt keine offene Streitkultur in der Sache. Alles steht unter dem eigenen sportpolitischen Blickwinkel und der Frage: Was bringt mir diese oder jene Entscheidung?", sagte Rettig der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Rettig selbst hatte sich nach eigenen Aussagen schon im März nach eventuellen Honorarzahlungen an OK-Chef Franz Beckenbauer erkundigt, als die Kanzlei Freshfields dem DFB-Vorstand die Ergebnisse ihres Gutachtens zu den Vorgängen rund um die WM präsentierte.

Beckenbauer habe für die Bewerbungs- und Organisationsphase kein Gehalt bekommen, hieß es daraufhin, ansonsten habe an dieser Frage aber wenig Interesse bestanden.

"Ich erinnere mich sehr gut", sagte Rettig: "Es hieß dann: 'Rettig, gib mal Ruhe!' Unbequeme Fragen stören nur, da ist man schnell persona non grata."

Insgesamt habe es in der Aufarbeitung des Sommermärchens an "Klarheit und Transparenz" gefehlt, und daher "haben wir diese Vertrauenskrise im Fußball", sagte Rettig, Geschäftsführer des Zweitligisten FC St. Pauli: "Deswegen glaubt niemand mehr den Funktionären. Deswegen vertraut niemand mehr den Verbänden. Wir haben im Fußball eine Black-Box-Mentalität, wo am Ende nur noch ein kleiner innerer Zirkel weiß, wie die Dinge laufen."

"Hätte mir ein präziseres Ergebnis gewüscht"

Auch das vom DFB in Auftrag gegebene Freshfields-Gutachten habe für Rettig eher den Anschein "einer öffentlichkeitswirksamen Beruhigungspille", sagte der 53-Jährige. Die Bemühungen hätten durch "irreführende Passagen" jedoch "einen erheblichen Dämpfer erhalten".

Dass das erst kürzlich bekanntgewordene Werbehonorar für Beckenbauer im Gutachten nicht eingehend thematisiert wurde, kann Rettig nicht nachvollziehen. "Hier hätte ich mir ein präziseres Ergebnis gewünscht", sagte er: "Wenn man sich jetzt darauf zurückzieht, dass gewisse Vorgänge nicht Auftragsgegenstand waren, hätte man dieses beim Auftraggeber hinterlegen und um ein zusätzliches Mandat bitten können. Wenn man wirklich Transparenz will, dann hätte man nur diesen Weg gehen können."

Dabei wäre es aus Rettigs Sicht völlig unproblematisch gewesen, wenn Beckenbauer das Geld als offizielles Gehalt bezogen hätte. "Es war eine gefragte Leistung, warum soll diese nicht zu marktüblichen Konditionen vergütet werden?", sagte Rettig: Beckenbauer habe als OK-Chef "jahrelang so viel Freizeit und Lebensqualität geopfert und wirklich anerkannt gute Leistung gebracht."

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