Giovanni Trapattoni als Trainer des DFB-Teams? Laut dem italienischen Startrainer wäre es beinahe so gekommen. "Die Ersten, die auf mich zukamen, waren wieder die Deutschen - diesmal mit dem Angebot, ihre Nationalmannschaft zu trainieren", schreibt der 77-Jährige in seiner Biographie.
Der deutsche Fußballverband habe ihn kontaktiert, nachdem er beim AC Florenz am 30. Juni 2000 den Hut nehmen musste. Zehn Tage zuvor war Erich Ribbeck als Bundestrainer geschasst worden. Dass der DFB anschließend Paul Breitner und Christoph Daum als Kandidaten auserkoren hatte, war bekannt.
Dass aber Trapattoni ebenfalls zu den Kandidaten zählte, ist bisher im Verborgenen geblieben. Der bis heute einzige Vereinstrainer neben Jose Mourinho, der in vier verschiedenen Ländern Meister wurde, sagte jedoch ab. Der Grund war seine Ehefrau: "Als ich es Paola erzählte, warf sie mir nur einen verzweifelten Blick zu."
Trapattonis erste Bayern-Amtszeit: Frust durch Angeberei von Scholl
Ob das mit den Erfahrungen seiner Frau in Deutschland zusammenhing? Zweimal trainierte Trapattoni den FC Bayern München, erstmals in der Spielzeit 1994/95. "Der schlimmste Teil der Saison war der erste: Es gelang mir nicht, mich dem Team verständlich zu machen. Ich spreche eben, wie ich spreche - auch auf Italienisch ist manchmal nicht auf Anhieb verständlich, was ich ausdrücken möchte", berichtet Trapattoni.
Besonders das Verhalten einiger Spieler belastete ihn. "Wie erreicht man, dass ein Team junger deutscher Männer die eigene Vorstellung von Fußball akzeptiert, Spieler, die teilweise nicht einmal wissen, was Taktik ist?", so Trapattoni: "Mein Frust wuchs mit jedem Tor, das wir wegen irgendeiner Dummheit kassierten, mit jeder Angeberei von Mehmet Scholl, mit jedem oberflächlichen Fehler im Mittelfeld, mit jedem weiteren Ausfall von Papin."
Der FC Bayern ersetzte ihn nach nur einem Jahr und dem Abschluss mit Tabellenplatz sechs durch Werder Bremens Erfolgstrainer Otto Rehhagel. Nach nur einem Jahr und einem zweimonatigen Intermezzo von Franz Beckenbauer auf der Trainerbank kehrte Trapattoni wieder zurück. Und wieder hatte er mit dem Spielermaterial Probleme.
Zweiter Stopp in München: Basler und die Nachtclubs
"Ich bemerkte sofort, dass Basler und Klinsmann über das Feld schlichen, ohne viel zustande zu bringen. Klinsmann wegen seines Alters, Basler wegen zu vieler Besuche in Nachtclubs", schreibt der Italiener. Das habe zu einer Kontroverse innerhalb der Mannschaft geführt, die schließlich in der legendären Pressekonferenz gipfelte.
Trapattonis Wutrede war keineswegs spontan, er habe sich darauf vorbereitet, er wollte diese Resonanz erzeugen: "Ich rief sogar meinen Journalistenfreund Bruno Longhi an, um ihm zu sagen, er solle sich bereithalten, weil ich wahrlich ein Riesentohuwabohu veranstalten wollte."
Dem Italiener missfiel, dass sich eine Reihe von Spielern immer wieder gegenüber Journalisten beschwerte, besonders Thomas Strunz bekam sein Fett weg: "Die Wahrheit ist, dass er immer verletzt war, und seinetwegen hatten wir einige Spiele verloren."
Als Matthäus wie ein kleines Kind heulte
Keine bösen Worte fand Trapattoni damals für Lothar Matthäus. Der hatte schon in der gemeinsamen Zeit bei Inter Mailand tüchtig einstecken müssen, weil er sich nicht an die taktischen Vorgaben des Trainers hielt. Eine Szene seines Coaches in der Halbzeitpause hinterließ Spuren beim deutschen Rekordnationalspieler.
"Erst stotterte er irgendetwas, dann begann er zu weinen, zog sich das Trikot aus und sagte: 'Ich spiele nicht mehr.' Wie ein Kind!", berichtet Trapattoni. Er habe anschließend die restliche Mannschaft aus der Kabine geschickt und Matthäus getröstet: "Ich versuchte es im Guten, gab ihm einen zärtlichen Klaps und versuchte, ihn zu trösten: 'Es tut mir leid. Du weißt doch, dass du der Beste der Welt bist, verdammt! Ohne dich gewinnen wir gar nichts ...'" Anschließend habe der Deutsche zugestimmt, zur zweiten Halbzeit doch wieder auf den Platz zurückzukehren.
Giovanni Trapattoni im Steckbrief