SPOX: Herr Kuranyi, wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Würden Sie aus der heutigen Sicht irgendeine Entscheidung anders treffen?
Kevin Kuranyi: Das müssen Sie den Trainer fragen. Nicht mir. (lacht) Im Ernst: Über mein Ende in der Nationalmannschaft wurde ja schon alles gesagt und geschrieben. Die Situation im Dortmunder Stadion war damals sehr schwierig für mich. Ich war enttäuscht, weil ich nicht im Kader war - und wurde als Schalker Spieler auf der Tribüne nicht gerade freundlich behandelt. Trotzdem war mein Verhalten falsch. Aber dafür habe ich mich ja auch mehrfach entschuldigt, das Thema ist abgehakt.
SPOX: Sie haben viel erlebt und wurden mit Ihren Teams drei Mal Vizemeister und 2008 mit der Nationalmannschaft Vize-Europameister. Welchen Moment Ihrer Profi-Karriere möchten Sie nicht missen?
Kuranyi: Da gibt es zu viele, um sie alle aufzuzählen. Die Champions-League-Spiele mit dem VfB waren aber sicher besonders, vor allem unser 2:1 gegen Manchester United. Die Derbys mit Schalke gegen Dortmund. Und die starke Europa-League-Saison mit Dinamo Moskau. Was aber vielleicht noch wichtiger ist: Ich habe überall neue Freunde gefunden.
SPOX: Sie haben in Ihrer Mitteilung bereits klar gestellt, dass Sie dem Fußball treu bleiben wollen? In welcher Funktion wollen Sie dem Fußball im Optimalfall erhalten bleiben?
Kuranyi: Das weiß ich noch nicht genau, darüber werde ich mir jetzt in aller Ruhe Gedanken machen.
SPOX: Sie schreiben auf Ihrer Seite über Ihr legendäres Premiere-Interview: "Ein paar wertvolle Tipps hätte ich für junge Fußballer ja auf Lager. Zum Beispiel zum Reporter am Spielfeldrand nicht sagen: 'Auf so eine Scheißfrage antworte ich nicht.' Wobei: Mein Sohn hat mit dem Youtube-Video immer einen Riesenspaß." Hand aufs Herz: Wie viel Spaß haben Sie heute rückblickend daran?
Kuranyi: Wie gesagt: Vor allem meine Kinder lachen sich immer völlig kaputt - und ziehen mich damit auf. Als ich den Moderator Jan Henkel später mal getroffen habe, haben wir uns natürlich gegenseitig ein wenig hochgenommen.
SPOX: Haben Sie nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland zur TSG Hoffenheim gemerkt, dass sich der deutsche Fußball anders entwickelt hat als Sie selbst? Suchten Sie ein bisschen nach Ihrer Rolle in diesem dynamischen System?
Kuranyi: Ach, diese Diskussion ist ja nicht neu. Letztlich geht es doch um die Frage: Stirbt der klassische Mittelstürmer aus? Die Antwort, die ich seit Jahren darauf gebe: Nein, wird er nicht. Für Spieler, die Tore schießen, wird es immer einen Platz geben. Oder glauben Sie, dass ein Trainer zukünftig freiwillig auf Spieler wie Mario Gomez oder früher Miro Klose verzichten wird? Das kann ich mir nicht vorstellen.
SPOX: Wie konkret waren die Angebote in der letzten Zeit? Gab es aus dem deutschen Raum auch Angebote?
Kuranyi: Es gab viele sehr lukrative Angebote, überwiegend aus dem Ausland. Aber ich habe zusammen mit meiner Familie beschlossen, dass wir das nicht mehr machen wollen. Es wird Zeit, Wurzeln zu schlagen. Ich genieße es, meine Zeit jetzt frei einteilen und zum Beispiel mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen zu können. Das ist einfach klasse.
Kevin Kuranyi im Steckbrief