Darüber hinaus erklärt der Offensivspieler, warum ihn die Arbeit für einen Traditionsverein mehr erfüllt, aus welchem Grund sein Engagement in Australien ein Reinfall war und welche Fehler er in den letzten Jahren gemacht hat.
SPOX: Herr Beister, ist der durchschnittliche Fußball-Profi zu eindimensional?
Maximilian Beister: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass du einen Profi heute in der Schublade vorgefertigt bekommst. Der Ruf nach Typen stirbt gerade aus. Es gibt kaum noch Spieler, bei denen man aneckt, die nicht immer Ja und Amen sagen. Mir war immer wichtig, meine Meinung zu sagen und die Hand heben zu dürfen, wenn in der Gruppe etwas falsch lief. Aber das ist heutzutage im Fußball schwierig.
SPOX: Welche falschen Entwicklungen können das sein?
Beister: Letztlich arbeitest du in einer Gruppe zusammen und alle sitzen in einem Boot. Du bist als Nummer eins genauso verantwortlich für den Erfolg wie als Nummer 25. Dessen muss sich jeder bewusst sein. Ich habe mich immer daran gestoßen, wenn Leute sich in Situationen nur abducken und den Mund nicht aufbekommen, in denen es laut wird.
SPOX: Gibt es das nicht in jeder sozialen Gruppe?
Beister: Ich habe das Gefühl, dass viele Leute im Fußball lieber gar nichts sagen, bevor sie sich die Finger verbrennen. Aber so kommt man als Mannschaft nicht voran. Wenn niemand kritisiert, führt das zu Stillstand und Stillstand führt immer zu einer Verschlechterung.
SPOX: Im Herbst gab es eine Diskussion rund um Nils Petersens Aussagen, im Fußball zu verdummen. Wie stehen Sie als jemand, der neben seiner aktiven Karriere mit einem abgeschlossenen Studium und mehreren Startups sehr breit aufgestellt ist, zu solchen Aussagen?
Beister: Ich bin ganz ehrlich: Ich stimme ihm da zu 100 Prozent zu.
SPOX: Wieso?
Beister: Natürlich wird nach außen immer gesagt, dass sich die Spieler weiterbilden dürfen und sollen, aber ich habe vor meiner Zeit in Krefeld auch Vereine erlebt, die das nicht gerne gesehen haben. Ich verstehe, dass du als Fußballer die Verpflichtung hast, deine Leistung auf dem Platz zu bringen und die Knochen für den Verein hinzuhalten. Dennoch sollte ein Fußballer immer das Recht haben, sich auf die Karriere danach vorzubereiten, unabhängig davon, in welchem Alter man sich befindet, weil man nie weiß, wann es vorbei ist. Und wenn ich dann nicht schon vorgesorgt habe, kann es gefährlich werden.
SPOX: Wann hat sich diese Einstellung entwickelt?
Beister: Das kommt mit der Zeit. Während meiner langen Verletzung beim HSV habe ich gemerkt, dass es ganz schnell gehen kann. Du hast in so einer Phase zwar Reha, aber dennoch ist die Zeit da, andere Dinge zu machen. Unabhängig vom Kontostand bin ich der Meinung, dass du immer wissen solltest, was du machst, wenn du plötzlich aufhören musst. Deswegen habe ich damals für mich erkannt, dass ich nichts dem Zufall überlassen, sondern einen Plan B in der Hinterhand haben möchte.
SPOX: Neben Ihrer Karriere haben Sie sich mehrere Standbeine aufgebaut.
Beister: Das wird manchmal ein bisschen übertrieben dargestellt. Ich bin als Investor an Startups beteiligt, aber ich wirke da nicht im Daily Business mit. Mein Hauptberuf ist nach wie vor Fußballer und dem ordne ich alles unter. Aber trotzdem ist es für den Kopf gut, sich auch mit anderen Dingen auseinanderzusetzen und sein Wissen zu erweitern. Ich habe das Recht, mich als Gesellschafter an Firmen zu beteiligen und wenn ich dort Ideen unterstützen kann, tue ich das. Für mich ist es nicht erfüllend, wenn ich um 13 Uhr vom Training nach Hause komme, nur auf der Couch zu sitzen und Playstation zu spielen.
SPOX: Startups sind aber schon sehr zeitintensiv.
Beister: Deswegen gibt es festangestellte Geschäftsführer. Es war nie so, dass ich meinen Fokus komplett darauf gelegt hätte.
SPOX: Sie haben sich außerdem dazu entschieden, ein Sportmanagement-Studium zu absolvieren. Wie kam es dazu?
Beister: Es war ein Angebot, das über ein Jahr ging und sich perfekt mit den Trainingszeiten kombinieren ließ. Die Vorlesungen waren immer unter der Woche und erst abends um 18.30 Uhr. Insofern gab es da keine zeitlichen Überschneidungen. Jetzt kann ich in meinen jungen Jahren schon von mir sagen, dass ich zertifizierter Sportmanager bin. Ich habe im Studium auch Aspekte aus Vereinssicht gelernt, was heutzutage sehr wichtig für mich ist.
SPOX: War ein Ergebnis dessen auch Ihr Wunsch im letzten Sommer, den Vertrag in Mainz aufzulösen?
Beister: Ich wollte diese Fremdbestimmung nicht mehr haben. Ich war dort total abhängig. Ich wollte einen neuen Weg gehen und selbst bestimmen, wie ich meine fußballerische Karriere plane. Würde es mir nur um das Geld gehen, hätte ich meinen Vertrag auch aussitzen können, aber das war es mir nicht wert. Ich habe mich gefragt, was ich machen möchte und es hat sich erst jetzt im Januar etwas ergeben, was das Richtige für mich war.
SPOX: Warum ist der KFC Uerdingen "das Richtige"?
Beister: Es ist eine spannende Aufgabe, bei der man etwas von Null aufbauen kann. Einen Traditionsverein, der für Jahre von der Bildfläche verschwunden war. Das hat mich mehr gereizt als irgendwo ins Ausland zu gehen, wo man einfach nur seinen Stiefel runterspielt, weil die Vereine an ihrem sportlichen Maximum angekommen sind.
SPOX: Sind Ihre Erfahrungen der Vereinssicht hilfreich dabei, diese Potenziale zu erkennen?
Beister: Nein, denn man muss hier nicht zweimal hinschauen, um zu sehen, wie viel hier möglich ist. Durch das Studium habe ich eher gelernt, wie man diese Ziele erreicht. Es gibt die wirtschaftliche und die sportliche Komponente, aber auch einen ideellen Wert, wofür jeder Verein stehen will. Aber als erstes müssen wir sportlich überzeugen, dann kommen die Infrastruktur und das Ziel, unabhängig von Geldgebern wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen. Ich glaube, dass in den letzten Jahren einige unglückliche Entscheidungen getroffen wurden, weshalb auch die Stadt einen gewissen Zweifel hat. Dieses Vertrauen muss man sich zurückerarbeiten.
SPOX: In Ihrer Erklärung fiel das Wort Traditionsverein. Wie wichtig ist es Ihnen tatsächlich, dass es sich um einen solchen handelt?
Beister: Ich habe ja fast nur bei Traditionsvereinen gespielt. Das hat Vor- und Nachteile. Du hast immer ein großes Fanpotenzial. Wir hatten bei 1860, beim HSV, bei Fortuna Düsseldorf und jetzt auch hier in Uerdingen diese treue Fanbase, die seit Ewigkeiten zum Verein steht. Es macht Spaß, wenn man auswärts fährt und lautstark angefeuert wird. Gleichzeitig ist es aber auch eine große Herausforderung. Die Stimmungsschwankungen sind riesig, weil das Medienaufkommen und die Erwartungshaltung des Umfelds viel höher sind. Aber im Großen und Ganzen haben mir die Traditionsvereine mehr gegeben als kleinere Klubs wie Melbourne oder Mainz.
SPOX: Wie viel hat bei Ihrer Entscheidung für den KFC die geografische Komponente mit der Nähe zu Düsseldorf eine Rolle gespielt? Sie kommen zwar aus Lüneburg, aber Ihre sportlich beste Zeit hatten Sie bei der Fortuna.
Beister: Ich habe mich damals hier im Westen sehr wohl gefühlt und es sind ja auch nur 20 Minuten nach Düsseldorf. Aber ich habe mich bewusst dafür entschieden, mir eine Wohnung in Krefeld zu suchen, weil ich gar nicht den Eindruck erwecken will, dass ich das nur ein bisschen runterspiele und nur das schöne Leben genießen will. Für mich war wichtig: Wenn ich hierher komme, mache ich das nur mit 100-prozentiger Überzeugung. Natürlich hatte ich eine meiner besten Zeiten in Düsseldorf. Ich hatte bis zu meiner Verletzung auch eine sehr gute Phase beim HSV. Aber das hat keine große Rolle gespielt.
SPOX: Ihnen ist wichtig zu betonen, dass Uerdingen keine Alibi-Station ist.
Beister: Auf jeden Fall. Ich bin hier nicht hergekommen, um mich für etwas anderes zu empfehlen. Natürlich kann ich nicht wissen, was in zwei Jahren ist. Aber ich will alles dafür geben, hier etwas aufzubauen. Letztlich war für mich entscheidend, dass die Ziele, die sich der Verein setzt, realistisch sind. Die Voraussetzungen sind absolut gegeben, hier 2. Liga zu spielen. Das ist ja keine Fata Morgana. Krefeld ist kein 700-Mann-Dorf. Es ist schwierig und ambitioniert, aber auch sehr reizvoll.